Informations- und Kommunikationstechnik bei der Universität Hohenheim [Beitrag Nr. 28]

Die Informations- und Kommunikationstechnik der Universität Hohenheim ist unwirtschaftlich. Der Rechnungshof empfiehlt, deren Strukturen stärker zu bündeln und zu optimieren.

1 Ausgangslage

Bei den Universitäten des Landes ist die Informations- und Kommunikationstechnik (IuK) wie in vielen anderen Bereichen in den letzten Jahren personell, organisatorisch und inhaltlich wesentlich bedeutender geworden. Die Finanzkontrolle hat exemplarisch die IuK der Universität Hohenheim untersucht.

2 Prüfungsergebnisse

Die IuK-Strukturen der Universität Hohenheim sind stark dezentral organisiert und streben weiter auseinander. Damit werden Abstimmungsprozesse bezüglich der komplexen System- und Netztechnik und zur wirtschaftlichen Standardisierung der Geräte immer schwieriger und damit auch zeit- und kostenaufwendiger. Bei einer Bündelung von Aufgaben und in allen Bereichen gestrafften Strukturen können nach Schätzung der Finanzkontrolle 10 bis 15 Prozent der Personal- und Sachkosten im IuK-Bereich eingespart werden.

2.1 Aufgabenverteilung

Die Universität Hohenheim hat den Regeltypus eines Informationszentrums gemäß § 28 Landeshochschulgesetz noch nicht eingerichtet. Es gibt neben der Universitätsbibliothek noch zwei getrennte IuK-Organisationseinheiten: eine Abteilung für die Verwaltungs-IuK und das wissenschaftliche Rechenzentrum. Außerdem hat sich in den wissenschaftlichen Fachinstituten ein IuK-Eigenleben entwickelt. Das IuK-Personal ist damit über die ganze Universität verteilt (Tabelle 1).

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Sowohl die beiden IuK-Organisationseinheiten als auch die meisten wissenschaftlichen Institute nehmen parallel Querschnittsaufgaben wahr, die weitgehend zentralisiert werden könnten. Hierzu gehören der Netz- und Serverbetrieb, die Bürokommunikation, die Beschaffung von Hard- und Software sowie die Aus- und Fortbildung. IuK-Kompetenzen müssen deshalb an vielen Stellen vorgehalten werden. In den Fachinstituten ist hierfür häufig wissenschaftliches Personal gebunden.

Wie Querschnitts- und Fachaufgaben in den einzelnen Bereichen wahrgenommen werden, ergibt sich aus Tabelle 2.

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Bei 37 Vollzeitäquivalenten sind damit fast zwei Drittel des gesamten IuK-Personals in der Universität mit Querschnittsaufgaben befasst. Diese bündelbaren Aufgaben werden in der IuK-Verwaltung von drei Vollzeitäquivalenten und in den Fachinstituten von 13 Vollzeitäquivalenten wahrgenommen und damit in der Summe zu 43 Prozent an dezentralen Stellen erledigt.

Die dezentralen IuK-Strukturen haben bislang ein übergreifendes Datenschutz- und Sicherheitskonzept für die gesamte Universität verhindert. Das Rechenzentrum gibt nur unverbindliche Hinweise, überwacht deren Einhaltung aber nicht. Beispielsweise versorgen sich die Fachinstitute mit eigenen Viren-Schutzprogrammen.

IuK-Aufgaben, die wirtschaftlich gebündelt wahrgenommen werden könnten, werden an zu vielen Stellen erledigt. Die kleinteilige Aufgabenverteilung bindet in der Summe mehr Personalkapazitäten als bei Zusammenführung an zentraler Stelle. Wissenschaftliches Personal ist durch sachfremde IuK-Aufgaben gebunden und steht nicht mehr für Forschung und Lehre zur Verfügung.

2.2 IuK-Beschaffungen

Die Universität hat 2008 für zwei Millionen Euro IuK-Gegenstände beschafft oder IuK-Dienstleistungen vergeben. Sie hat für den IuK-Bedarf die zentrale Beschaffung angeordnet, jedoch die Zuständigkeiten nicht einer Stelle zugewiesen, sondern auf die Zentrale Beschaffungsstelle und das Rechenzentrum aufgeteilt. Diese Zuordnung wurde nicht stringent eingehalten. So hat das Rechenzentrum Aufträge vergeben, für die die Zentrale Beschaffungsstelle zuständig gewesen wäre (20 Prozent des entsprechenden Auftragsvolumens).

Außerdem haben die Fachinstitute für 472.000 Euro viele Einzelaufträge an zahlreiche Lieferanten eigenständig vergeben und dabei oft zu teuer eingekauft. Beim IuK-Zubehör wurden Mehrkosten bis zu 40 Prozent festgestellt. Verbrauchsmaterial haben die Institute teilweise um 30 bis 100 Prozent über den Preisen der Zentralen Beschaffungsstelle eingekauft.

Diese Beschaffungspraxis hat zu einer heterogenen Geräte- und Softwarelandschaft mit den unterschiedlichsten Typen zahlreicher Hersteller geführt. Der dadurch entstandene Gerätewildwuchs verursacht Bedarf an unterschiedlichen Verbrauchsmaterialien, z. B. Tinten und Toner für 94 unterschiedliche Typen eines Druckerherstellers.

Die Bestellungen der Institute waren oft nicht ausreichend begründet und wurden von der Zentralen Beschaffungsstelle unter Hinweis auf § 7 Landeshaushalts¬ordnung zurückgewiesen. In einem Fall hat der Rektor schließlich aus Dringlichkeitsgründen den Kauf von Arbeitsplatzdruckern angeordnet, ohne dass die Nachweise der Wirtschaftlichkeit der Maßnahme vorlagen.

Die Zentrale Beschaffungsstelle ist nicht der Empfehlung zur Teilnahme an der gemeinsamen Beschaffung des Landes über das Logistikzentrum gefolgt (Nr. 4.5 Beschaffungsanordnung). Sie hat sich aber auch nicht aus sonstigen IuK-Rahmenverträgen des Landes bedient, z. B. aus der gemeinsamen Ausschreibung der Universität Freiburg. Vielmehr wurden zahlreiche eigene Rahmenverträge mit verschiedenen Lieferanten geschlossen, oft über dieselben Gerätetypen. Die Vergabevorschriften wurden nicht immer beachtet. Die vergaberechtlich notwendigen Begründungen zum Verzicht auf öffentliche Ausschreibungen waren regelmäßig nicht belegt oder nachvollziehbar. Selbst Standardgeräte wurden unter Hinweis auf die außergewöhnliche Fachkunde eines Lieferanten nicht öffentlich ausgeschrieben, beispielsweise zwei Rahmenverträge über 200 Personal Computer bzw. 125 Notebooks mit Auftragsvolumina von 100.000 Euro bzw. 75.000 Euro. Die Universität begründet dies damit, dass die öffentliche Ausschreibung zu aufwendig und unwirtschaftlich sei.

Bei Beschaffungen von IuK-Gegenständen wurden die internen Regeln nicht beachtet. Der Universitätsleitung tat auch zu wenig dafür, diese Regeln durchzusetzen. Damit kam es zu eigenmächtigem Handeln oder zu gegenseitiger Blockade, welcher der Rektor in einem Fall nur durch Inkaufnahme eines Wirtschaftlichkeitsverstoßes begegnen konnte. Es gab zu viele und teilweise zu teure Einzelbeschaffungen mit entsprechend hohem Verwaltungsaufwand in den Instituten. Die heterogene System- und Gerätelandschaft erzeugte unnötige Ausgaben für ihre Betreuung und Verbrauchsmittel. Im Übrigen zieht ein dezentrales Bestellwesen erhöhte Verfahrens- und Personalkosten nach sich. Diesem Umstand kann mit der Einrichtung von zentralen Beschaffungen begegnet werden.

Die Argumente, mit denen die Universität die Teilnahme an der gemeinsamen Beschaffung des Landes oder Bestellungen aus sonstigen Rahmenverträgen des Landes ablehnt, überzeugen nicht. Die mit eigenen Rahmenverträgen oder freihändigen Vergaben erzielten Konditionen waren häufig sogar ungünstiger und überdies nicht auf der Basis von rechtlich einwandfreien Vergabeverfahren abgesichert.

2.3 IuK-Ausstattung

In der Universität hat niemand einen zentralen Überblick, wo und von wem Server betrieben werden und für welche Geräte wann Ersatzbedarf ansteht. Die Institute haben zahlreiche eigene Server, welche aber nur teilweise im Maschinensaal des Rechenzentrums untergebracht sind. Ein zentraler Betrieb der Server findet nicht statt. Mit Konsolidierungsmaßnahmen, auch unter Berücksichtigung neuer Techniken wie Virtualisierung, wurde bislang nur in Ansätzen begonnen.

Ausweislich der Anlagenbuchhaltung verfügt die Universität über Personal Computer und Notebooks für 5.188 Bildschirmarbeitsplätze. Bei 2.055 Bediensteten sowie 120 studentischen IuK-Arbeitsplätzen ist der Buchbestand viel zu hoch. Eine gegenständliche Inventur, welche Geräte von wem auch tatsächlich noch verwendet werden, wurde nie durchgeführt. Die Institute haben 2006 bis 2008 lediglich zwischen neun und fünfzehn Aussonderungen gemeldet. Damit hat die Universität in jedem dieser Jahre weit über tausend Geräte mehr eingekauft als zumindest buchmäßig ausgesondert.

Die Anlagenbuchhaltung weist fast 1.300 Arbeitsplatzdrucker mit einer sehr großen Typenvielfalt in den Verwaltungsbereichen der Universitätseinrichtungen aus. Auch dieser Bestand ist nicht durch Inventuren verifiziert. Außerdem gibt es kein übergreifendes, nach Wirtschaftlichkeitsgrundsätzen erstelltes Konzept über die Standards, nach denen Drucker beschafft und aufgestellt werden. So werden teilweise teure Garantieerweiterungen eingekauft, die in einigen Fällen bis zu 46 Prozent des Gerätepreises kosten.

Ein vergleichbares Bild ergibt sich auch bei der Ausstattung mit Standard-Software. Das Rechenzentrum bestellt die Programme auf Anforderung der Institute, ohne den universitätsweiten Software-Einsatz zu steuern. Ein Überblick über die eingesetzten Programme fehlt ebenso wie über noch verfügbare, aber ungenutzte Lizenzen.

Es fehlt ein Bestandsmanagement, bei dem die einzelnen Einrichtungen der Universität verantwortungsvoll ihre Bestände nachweisen müssen. Der ausgewiesene Bestand an IuK-Geräten übersteigt den Ausstattungsbedarf deutlich. Neuer oder zu ersetzender Bedarf an IuK-Geräten muss bisher nicht damit begründet werden, dass Geräte nachweislich veraltet oder unbrauchbar geworden sind. Dadurch kommt es zu vorzeitigen Ersatzbeschaffungen, unnötigen Mehrfachausstattungen oder überhöhten Reservebeständen.

2.4 Haushaltsvollzug

Die Universität Hohenheim hat 2008 zusammen sechs Millionen Euro für ihre IuK ausgegeben, davon neben den Personalkosten zwei Millionen Euro Sachmittel. Eine Satzung über die Wirtschaftsführung und das Rechnungswesen gemäß § 13 Abs. 4 Landeshochschulgesetz liegt nicht vor. Die Universität hat eine dezentrale Budgetverantwortung eingeführt.

Sowohl die IuK-Abteilung der Verwaltung als auch das Rechenzentrum verfügten am Ende der Jahre 2006 bis 2008 jeweils noch über größere Beträge an nicht verwendeten Haushaltsmitteln. Diese summierten sich bis Ende 2008 auf die in Tabelle 3 dargestellten Beträge.

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Die IuK-Budgets der IuK-Verwaltung und des Rechenzentrums überstiegen damit die notwendigen Ausgaben in den einzelnen Jahren deutlich. Im Zuge einer pauschalen Kürzung der Budgets für alle Einrichtungen um 28 Prozent 2009 waren jedoch auch diese beiden Einrichtungen betroffen.

Bei internen Weiterverkäufen von IuK-Gegenständen an die Institute kam es durch Sammelbuchungen zu zahlreichen falschen Kontenbelastungen und damit zu verfälschten Ergebnissen in der Kostenrechnung. Auch fehlte es teilweise an einer klaren Trennung zwischen IuK-bezogenen und anderen Kosten, zum Teil auch durch unklar bezeichnete Belege. Die Kostenrechnung war daher für eine Steuerung der IuK-Ausgaben nicht geeignet.

Die Übertragung von Mitteln auf die Einrichtungen setzt geeignete Informations- und Steuerungsinstrumente sowie eine einheitliche Kosten- und Leistungsrechnung voraus. Bei der Bewirtschaftung der IuK-Haushaltsmittel mangelte es jedoch an bedarfsorientierter jährlicher Budgetplanung sowie an einer aussagekräftigen Kostenrechnung. Es zeigt sich, dass die dezentrale Bewirtschaftung der Haushaltsmittel in den einzelnen Einrichtungen nicht nur Vorteile hat, wie beispielsweise Planungssicherheit für die Einrichtungen. Sie scheint auch dazu anzuregen, möglichst viele Mittel aus dem globalen Universitätshaushalt abzugreifen und als Vorsorge für spätere Ausgaben sicherzustellen. Eine zielorientierte Projekt- und Investitionsplanung war nicht zu erkennen.

Im Übrigen ist fraglich, ob das Ansparen von Studiengebühren für spätere IuK-Beschaffungen den Intentionen des Gesetzgebers zu § 4 Landeshochschulgebührengesetz entspricht.

3 Empfehlungen

Die IuK-Strukturen der Universität Hohenheim sind neu und verbindlicher als bislang zu organisieren. Der Rechnungshof empfiehlt, die Organisationseinheiten IuK-Verwaltung und Rechenzentrum unter einem Dach zu einem schlagkräftigen und in IuK-Fachfragen weisungsbefugten IuK-Zentrum zusammenzuführen. Die Position dieses Zentrums als verantwortlicher Dienstleister ist gegenüber den wissenschaftlichen Instituten zu stärken. Hierzu gehört die alleinige Zuständigkeit für die Standardisierung der Geräte und für die Basisdienstleistungen, wie den Netz- und Serverbetrieb, die Bürokommunikation sowie für die IuK-Aus- und Fortbildung. Hierfür sollte das IuK-Zentrum die notwendigen Haushaltsmittel erhalten, welche nach der Zentralisierung in den wissenschaftlichen Instituten nicht mehr gebraucht werden.

Zur wirtschaftlichen Beschaffung von IuK-Geräten sollte das IuK-Zentrum weitgehend von Vergabeaufgaben entlastet werden. Die Zentrale Beschaffungsstelle muss verstärkt gemeinsame Ausschreibungen von Landesdienststellen nutzen oder zumindest bei Vergabeentscheidungen mit berücksichtigen. Beim IuK-Zentrum verbliebe die fachliche Beurteilung der gemeldeten Bedarfe sowie ggf. die Bündelung standardisierter Anforderungen aus den wissenschaftlichen Einrichtungen. Die dementsprechend zu treffenden Regelungen müssen von der Universitätsleitung transparent gemacht und konsequent durchgesetzt werden.

Die Universität hat auf ein wirtschaftliches Bestandsmanagement hinzuarbeiten und von den Instituten eine sachgerechte und kennzahlengestützte Investitionsplanung für ihren IuK-Bedarf einzufordern. Sie muss außerdem dringend Maßnahmen ergreifen, um die Neu- und Ersatzbeschaffungen von IuK-Geräten auf das unabweisbar notwendige Maß zu beschränken. Hierzu ist es vordringlich, mittels einer gegenständlichen Inventur die eingesetzten Geräte im Einzelnen zu erfassen und ihren Einsatzort zu dokumentieren. Soweit unnötige Mehrfachausstattungen oder überhöhte Reservebestände festgestellt werden, sind diese zulasten neuer Beschaffungen abzubauen. Fehlbestände sind aufzuklären.

Die dezentrale Mittelbewirtschaftung ist verstärkt davon abhängig zu machen, ob die Einrichtungen auch ihren IuK-Bedarf konkret und verbindlich auf der Basis von Kennzahlen gemäß § 13 Abs. 3 Landeshochschulgesetz geplant und mit dem IuK-Zentrum abgestimmt haben. Die Kostenrechnung muss überarbeitet und zielorientiert weiterentwickelt werden, damit sie steuerungsrelevante Kennzahlen liefern kann. Das IuK-Zentrum wird hierdurch in die Lage versetzt, mittel- und langfristige Finanzplanungen für IuK-Ausgaben durchzuführen.

4 Stellungnahme der Universität Hohenheim und des Wissenschaftsministeriums

Den Empfehlungen zur organisatorischen Zusammenführung der Verwaltungs-IuK mit dem wissenschaftlichen Rechenzentrum und zur Neuordnung des Beschaffungswesens wird nicht widersprochen. Die Universität Hohenheim und das Wissenschaftsministerium sind jedoch der Auffassung, dass nicht alle Empfehlungen zur Bündelung der IuK-Aufgaben auf den wissenschaftlichen Forschungsbetrieb einer Universität umgesetzt werden können. Dies gelte beispielweise für die IuK-Ausstattung innovativer Forschungsvorhaben, bei denen andere Maßstäbe als die strengen Wirtschaftlichkeitsgrundsätze des Haushaltsrechts gelten würden. Auch lasse die Hochschulautonomie den Landeshochschulen gewisse Freiheiten bei der Mittelbewirtschaftung.

5 Schlussbemerkung

Die Freiheit von Forschung und Lehre stellt keinen Freibrief für die Universitäten dar. Deshalb ist die IuK nicht nur in der Verwaltung, sondern auch im Forschungsbetrieb wirtschaftlich zu gestalten. Die Einrichtungen einer Universität müssen prüfen, wie auch die IuK für innovative wissenschaftliche Projekte möglichst wirtschaftlich eingesetzt werden kann. Dies gilt auch für den Drittmittelbereich. Dabei sind Dienstleistungsangebote von internen IuK-Zentren ebenso zu berücksichtigen wie Kennzahlen zur Bedarfs- und Finanzplanung auf der Grundlage einer sachgerechten Kosten- und Leistungsrechnung. Hierfür muss die Universität Hohenheim ihre IuK-Strukturen wirtschaftlicher gestalten und die Kostenrechnung optimieren.