Eingestürzte und sanierungsbedürftige Teile der denkmalgeschützten Klostermauer wurden mit hohem Aufwand wieder hergestellt. Kostengünstigere Alternativen wären möglich gewesen. Ein Konzept für die Sanierung der gesamten Klostermauer liegt bislang nicht vor. Denkmalbehörden und staatliche Bauverwaltung müssen sich besser abstimmen.
1 Ausgangslage
Das ehemalige Zisterzienserkloster in Bebenhausen steht als Gesamtanlage unter Denkmalschutz. 2003 sind durch ein Erdbeben Teile der östlichen Ringmauer beschädigt worden. 2007 musste ein einsturzgefährdeter Abschnitt des Wehrgangs abgetragen werden. 2008 stürzte ein weiterer Abschnitt an der nördlichen Mauer ein.
Diese Ereignisse führten dazu, ein Gutachten über den baulichen Zustand der insgesamt 1.200 m langen Natursteinmauern des Klosters einzuholen. Die Gutachter stellten erhebliche Schäden wie Ausbeulungen, Überhänge und fehlende Fugenfestigkeit durch Witterungseinflüsse und Pflanzenbewuchs fest.
Der Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg, vertreten durch sein Amt Tübingen (Bauamt), schätzte 2004 die Kosten für die Wiederherstellung eines zunächst 30 m langen Abschnitts der östlichen Ringmauer mit hölzernem Wehrgang auf 150.000 Euro.
Für die detaillierte Ausführungsplanung schaltete das Bauamt ein auf Tiefbau und Tunnelbau spezialisiertes Ingenieurbüro ein, das 2008 die Gesamtbaukosten für den Wiederaufbau und Sanierung der beiden eingestürzten beziehungsweise beschädigten Mauerabschnitte mit einer Länge von insgesamt rund 180 m auf 1,5 Mio. Euro (einschließlich Honorare) berechnete. Die Mittel wurden im Staatshaushaltsplan 2009 veranschlagt und bewilligt.
Die Unterschiede zwischen der Kostenschätzung von 2004 und der Kostenberechnung von 2008 sind auf den größeren Sanierungsumfang und auf das aufwendige Bauverfahren zurückzuführen.
Wegen des Eingriffs in die denkmalgeschützte Bausubstanz benötigte die Bauverwaltung von der unteren Denkmalschutzbehörde (Stadt Tübingen) eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung - jeweils für den östlichen und den nördlichen Mauerabschnitt. Das Referat Denkmalpflege des Regierungspräsidiums Tübingen war als Fachbehörde beteiligt.

2 Sanierungskonzeption und bauliche Umsetzung
Im östlichen Abschnitt mussten 80 m² Mauerfläche neu errichtet werden. Der hölzerne Wehrgang wurde in diesem Bereich abgetragen, eingelagert und später wieder neu aufgerichtet. Insgesamt rund 400 m² Mauerfläche wurden zur Sicherung und Stabilisierung saniert und neu verfugt. Für den Wiederaufbau waren die noch intakten Steine zu selektieren und wieder zu verwenden. Das beauftragte Ingenieurbüro plante die Konstruktion nach ingenieurtechnischen Normen und wendete die damals neu gefassten Vorschriften zur Erdbebensicherheit an. Die Erdbebensicherung erfolgte durch Injektionsverfahren und Verankerungen mittels Druck- und Zugstäben. Mit der Bauausführung wurde 2009 begonnen.
Auch die 2008 eingestürzten Teile der nördlichen, äußeren Ringmauer sollten nach den Planungen desselben Ingenieurbüros abgetragen und mit modernen Bautechniken als Stützmauer erdbebensicher wieder hergestellt werden. Die Arbeiten für diesen Mauerabschnitt mit 150 m Länge wurde Ende 2009 vergeben.
In der Planungsphase kam es zu Konflikten zwischen Denkmalschutz und Bauverwaltung. Während die Denkmalbehörde den möglichst historischen Wiederaufbau forderte und für Zurückhaltung beim Einsatz modernster Bautechniken plädierte, setzte das Ingenieurbüro eine aufwendige ingenieurtechnische Planung um. Diese Planung erfüllt nun zwar für 15 Prozent der Klostermauer höchste Standards der Tragwerksplanung und der Erdbebensicherheit. Sie ist aber eine Lösung, die wegen ihrer hohen Kosten kaum für die restlichen 85 Prozent der noch nicht sanierten Mauer in Betracht kommen kann. Für den Rechnungshof ist es nicht nachvollziehbar, weshalb alternative, kostengünstigere Ausführungen zwar in die Überlegungen einbezogen wurden, letztlich aber nicht zum Zuge kamen. Denkmalschutz und Bauverwaltung äußerten sich hierzu gegensätzlich.
Die Aufwendungen für den Erdbebenschutz hält der Rechnungshof nicht für zwingend.


3 Wertung und Empfehlungen
Die kulturhistorische Bedeutung der Klostermauer steht außer Zweifel. Gleichwohl muss die Frage gestellt werden, in welcher Weise, mit welchen Kosten und mit welchem Aufwand die Mauersanierung insgesamt durchgeführt wird. Das bisherige Vorgehen, den schlechten Gesamtzustand notdürftig aufrecht zu erhalten und auf Einsturzbereiche mit jeweils kleinen Sanierungsmaßnahmen zu reagieren, kann nicht zufriedenstellen und führt letztlich zu den vorgefundenen teuren Lösungen.
Der Rechnungshof schätzt, dass insbesondere der unkritische Umgang mit den Vorschriften zum Erdbebenschutz zu vermeidbaren Mehrkosten von 500.000 Euro geführt hat. Würde die bisherige Vorgehensweise bei der gesamten anstehenden Sanierung fortgesetzt, führte dies zu Baukosten in zweistelliger Millionenhöhe.
Das Bauamt muss daher im Einvernehmen mit der Denkmalschutzbehörde zunächst ein Schadensbild der gesamten Klostermauer erstellen und auf dieser Basis einen Masterplan für eine bedarfsgerechte und wirtschaftliche Sanierung der Gesamtanlage entwickeln.
Das Denkmalschutzgesetz sieht ein im Prinzip vernünftiges Verfahren vor, um bei landeseigenen denkmalgeschützten Gebäuden die Interessen von Bauverwaltung und Denkmalschutz zu koordinieren und zusammenzuführen (§ 3 Abs. 5 Denkmalschutzgesetz, Herstellung des Einvernehmens).
Der Rechnungshof hält nach Betrachtung dieser Einzelmaßnahme das Zusammenwirken von Denkmalschutzbehörde und Bauverwaltung für verbesserungsbedürftig. Zwischen den beiden Seiten fehlte es an eindeutigen Absprachen und der rechtzeitigen Herstellung des erforderlichen Einvernehmens.
Der Denkmalschutz muss schon in einer frühen Planungsphase an der Konzeption des Umbaus oder der Sanierung eines Baudenkmals beteiligt werden und die Gelegenheit erhalten, seinen Sachverstand in die Aufgabe einzubringen. Die Kosten und die verfügbaren Mittel sind dabei angemessen in Betracht zu ziehen. Planungs- und Kostensicherheit kann es nur dann geben, wenn vor der Ausschreibung und Baudurchführung die denkmalrechtlichen Auflagen im Einvernehmen mit der Bauverwaltung klar definiert wurden.
4 Stellungnahme der Ministerien
Das Finanzministerium hat in Abstimmung mit dem Wirtschaftsministerium Stellung genommen. Die Ministerien bezeichnen die gewählte Ausführungsvariante im Hinblick auf die Erdbebensicherheit als wirtschaftliche Lösung. Die Denkmalpflege habe ihre Anliegen in den Planungsprozess eingebracht. Bei dem „dynamischen Planungsprozess“ sei es aber nicht angezeigt gewesen, schon zu einem frühen Zeitpunkt abschließende Auflagen zu formulieren. Ein Masterplan solle erstellt werden. Als Grundlage hierzu sei inzwischen der Schädigungsgrad der gesamten Ring- und Klostermauer erhoben und in Bestandsplänen dokumentiert worden.
Die Anregungen des Rechnungshofs würden aufgegriffen. Die Ministerien werden auf eine bessere Zusammenarbeit von Denkmalschutzbehörde und Bauverwaltung hinwirken. Das Kostenbewusstsein bei denkmalpflegerischen Maßnahmen soll weiter gestärkt werden.