Baukosten der Kinderkliniken Heidelberg und Leipzig im Vergleich [Beitrag Nr. 22]

Der Neubau für die Kinderklinik in Heidelberg wurde deutlich anspruchsvoller gebaut als das vergleichbare Klinikum in Leipzig. Der Vergleich zeigt, dass die Anforderungen auch mit einem weniger aufwendigen Gebäude erreicht werden können.
Die Kostenplanungsinstrumente der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung sind kritisch zu hinterfragen. Bauten, die wesentlich durch Spenden mitfinanziert wurden, sollten grundsätzlich nicht in das Rechenwerk der Richtlinien für die Baukostenplanung einfließen.

1 Ausgangslage

2008 ist die Kinderklinik Heidelberg in Betrieb gegangen. Auf der Grundlage eines Architektenwettbewerbs entstand ein architektonisch hochwertiges Gebäude. Es soll den kranken Kindern und ihren Angehörigen eine angenehme Umgebung schaffen.

An den Gesamtbaukosten von 47,5 Mio. Euro (ohne Erstausstattung) beteiligten sich der Bund über den Rahmenplan nach dem Hochschulbauförderungsgesetz mit 23,6 Mio. Euro, das Land mit 4,75 Mio. Euro sowie die Universitätsklinik mit einem erheblichen Anteil an Spendenbeiträgen Dritter mit 19,15 Mio. Euro.

Etwa gleichzeitig mit dem Heidelberger Projekt errichtete das Universitätsklinikum Leipzig ein Zentrum für Frauen- und Kindermedizin mit abgerechneten Kosten (ohne Erstausstattung) von 54 Mio. Euro. Dabei ist es dem Klinikum gelungen, den zulässigen Richtwert für Bauwerkskosten von Kinderkliniken nach dem Hochschulbauförderungsgesetz um 25 Prozent zu unterschreiten.

Der Rechnungshof hat die reinen Bauwerkskosten beider Projekte verglichen. Sie liegen, bezogen auf die Nutzfläche, in Leipzig bei 2.800 Euro je Quadratmeter, in Heidelberg hingegen bei 3.900 Euro je Quadratmeter. Werden die Gebäudeteile hinzugerechnet, die der allgemeinen Erschließung und Anbindung an die bauliche Umgebung dienen, ergeben sich in Heidelberg 4.600 Euro je Quadratmeter.

Der Rechnungshof ist der Ursache dieses deutlichen Unterschieds nachgegangen. Ergebnisse einer Prüfung des Sächsischen Rechnungshofs von 2007 wurden mit verwertet (siehe Jahresbericht des Sächsischen Rechnungshofs 2007, Beitrag Nr. 32, Neubau Zentrum für Frauen- und Kindermedizin).

2 Kostenentwicklung

Beide Projekte sind zunächst im Rahmen der zulässigen Richtwerte geplant worden. In Leipzig stiegen in der Planungsphase die ursprünglich veranschlagten Kosten von 44 Mio. Euro auf 54 Mio. Euro. Hinzu kamen 7 Mio. Euro für die Erstausstattung. Die Mehrkosten resultierten aus einer Vergrößerung der Nutzfläche auf 15.400 Quadratmeter, weil die zunächst nicht vorgesehene Frauenklinik integriert wurde.

Für das Heidelberger Projekt errechnete das Universitätsbauamt für die ursprünglich geplante Nutzfläche von 6.000 Quadratmeter nach den „Richtlinien für die Baukostenplanung“ und den Richtwerten des Rahmenplans für den Hochschulbau Gesamtbaukosten von 37 Mio. Euro. Im Laufe der Planung wurde das Gebäude vergrößert. Zur eigentlichen Kinderklinik kamen Flächen für drittmittelfinanzierte Bereiche, eine gemeinsame Eingangshalle für einen später anzuschließenden Klinikbereich und weitere Anforderungen der Klinik hinzu. Die Nutzfläche erhöhte sich auf 7.660 Quadratmeter und der Bruttorauminhalt von ursprünglich geplanten 51.600 auf 85.900 Kubikmeter. Mit der Vergrößerung des Gebäudes stiegen die Baukosten auf 47,5 Mio. Euro (ohne Erstausstattung).

3 Anreize zum wirtschaftlichen und sparsamen Bauen

In Leipzig war dem Universitätsklinikum die Bauherrenfunktion übertragen. Das Klinikum ist somit sowohl für Planung und Bau als auch für den späteren wirtschaftlichen Betrieb der Gebäude und Anlagen verantwortlich. Einsparungen gegenüber dem bewilligten Budget sollten beim Klinikum verbleiben. Mit diesem Anreiz ist es dem Klinikum gelungen, eine wirtschaftliche Planung umzusetzen. Im Planungsstadium wurden zusammen mit den beauftragten Architekten und Ingenieuren alle im Krankenhausbau üblichen Standards untersucht und bei unverändert hohen funktionalen Anforderungen optimiert. So wurde die ursprünglich geplante vorgehängte Natursteinfassade durch eine aus Putz- und Glaselementen bestehende Fassade ersetzt. Auf der Seite des Klinikums koordinierte ein einziger Ansprechpartner alle Anforderungen der medizinischen Abteilungen. Diese Vorgehensweise förderte es entscheidend, nachträgliche teure Änderungen zu vermeiden. Das Sächsische Finanzministerium hat allerdings geltend gemacht, dass die reduzierten Standards zu höheren Folgekosten führen können.

Die Kinderklinik Heidelberg wurde unter Regie der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung errichtet. Planung und Baudurchführung waren wie in Leipzig freiberuflich tätigen Architekten und Ingenieuren übertragen. Schon in der Planungsphase war das Projekt mit zahlreichen Planungsänderungen, unter anderem der Änderung des Standorts, belastet. Die Architekten sahen keinen Anlass, Mehrkosten durch Einsparungen an anderer Stelle auszugleichen. Die baulichen und technischen Details sind entsprechend aufwendig ausgefallen. Die Verantwortung für das Raumprogramm und die Verantwortung für die Baukosten lagen nicht in einer Hand. Die finanziellen Zuwendungen von dritter Seite trugen dazu bei, dass wenig Anreize zu einer sparsamen Ausführung gegeben waren.

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Die Bilder lassen den höheren architektonischen Anspruch in Heidelberg erkennen, der sich in den Baukosten niederschlägt.

Auch dürfte das Klinikum Heidelberg stärker mit den Folgekosten belastet werden. Kurz nach Fertigstellung beider Gebäude können Energie-Verbrauchswerte zwar noch nicht miteinander verglichen werden. Die Merkmale der Heidelberger Klinik deuten aber auf höhere Betriebskosten hin:

  • höherer Anteil an umbautem Raum im Verhältnis zur Nutzfläche,
  • Glasfassade,
  • Einbau von zusätzlichen Umluft-Klimageräten, um eine Überhitzung im Sommer zu vermeiden.

4 Bewertung und Empfehlung

Der Rechnungshof verkennt nicht, dass die Spendengelder für den Bau der Kinderklinik auch den Zweck hatten, mit einer entsprechenden architektonischen Ausgestaltung eine hohe Aufenthaltsqualität für die Patienten und ihre Angehörigen zu schaffen. Dennoch darf bei der Beurteilung nicht vergessen werden, dass die Baukosten weit überwiegend, nämlich zu 70 Prozent, aus öffentlichen Mitteln finanziert wurden.

Der Vergleich mit dem bescheideneren Leipziger Neubau soll aufzeigen, mit welch unterschiedlichen Konzepten eine im Grunde gleiche Bauaufgabe angegangen werden kann. In Leipzig standen die Kosten im Vordergrund. Der Bauherr hatte den besonderen Anreiz zur Kostenoptimierung, weil eingesparte Baukosten in seinem Budget verblieben. Das günstige Ergebnis wurde durch ein striktes Controlling und Hinterfragen von baulichen Standards erreicht. Es entstanden augenscheinlich dennoch Qualitäten, die weder erhöhte Energieverbräuche noch überhöhte Unterhaltskosten erwarten lassen.

In Heidelberg gab es durch einen von vorneherein großzügig berechneten Kostenrahmen ausreichend Mittel, um Planungsänderungen und auch hohe bauliche Standards umsetzen zu können. Zwänge zur Kostenoptimierung bestanden nicht. Die Mitfinanzierung von dritter Seite führte nicht zu besserer Kostendisziplin, sondern eher zu mehr Großzügigkeit.

Der Vergleich zeigt, dass die Kostenplanungsinstrumente im staatlichen Hochbau zu große finanzielle Spielräume eröffnen. Die dadurch ermöglichten Baustandards sind kritisch zu hinterfragen. In das Rechenwerk der Richtlinien für die Baukostenplanung sollten besonders aufwendige Projekte, wie die Kinderklinik Heidelberg, nicht einfließen. Sie führen sonst tendenziell zu einem immer höheren Niveau der Programm- und Objektkosten künftiger Planungen. Bauten, die durch Spenden wesentlich mitfinanziert werden, sollten grundsätzlich nicht in das Rechenwerk der Richtlinien für die Baukostenplanung einfließen.

5 Stellungnahme des Ministeriums

Das Finanzministerium wies in seiner Stellungnahme auf mehrere Sonderfaktoren hin, die zu den gegenüber dem Leipziger Projekt höheren Kosten beitrugen. Erhebliche Auswirkungen auf die Kosten habe die unterschiedliche Einbindung in den Gesamtkontext des jeweiligen Klinikums. Grundlegende strukturelle Vorgaben des Heidelberger Klinikrings, wie offene Bauweise, unterirdische Infrastrukturanbindung und die Bindung durch Geschosshöhen der Nachbargebäude, bewirkten Kosten, die bei einem Vergleich der Bauwerkskosten berücksichtigt werden müssten.

Kritisch wertete das Finanzministerium die Kosteneinsparungen in Leipzig durch Absenkung baulicher Standards. Es sieht hierdurch das Nachhaltigkeitsprinzip gefährdet zugunsten kurzfristiger, aus betriebswirtschaftlichen Gründen präferierter Nutzerinteressen. Das Heidelberger Projekt habe hingegen bauliche und technische Details qualitätvoll, aber nicht aufwendig umgesetzt. Für die Architekten und Ingenieure habe kein Anlass für

Planänderungen bestanden, da die veranschlagten Kosten nicht überschritten und die Wirtschaftlichkeitskriterien eingehalten seien.

In das Rechenwerk der Richtlinien für die Baukostenplanung flößen neben teuren Objekten auch kostengünstige Objekte ein, sodass sich durch die Aufnahme eines Objektes wie der Kinderklinik Heidelberg keine Auswirkungen im Sinne eines immer höheren Kostenniveaus im staatlichen Hochbau ergäben.

6 Schlussbemerkung

Der Rechnungshof bleibt bei seiner Bewertung und Empfehlung.