Die Mehrzahl der vom Rechnungshof geprüften Grundstücksverkäufe durch die Vermögens- und Bauämter entsprach den rechtlichen Vorgaben und brachte gute wirtschaftliche Ergebnisse. In einigen Einzelfällen wurden Grundstücke unter dem Verkehrswert veräußert, ohne dass dies gerechtfertigt war.
1 Ausgangslage
Der Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg (Landesbetrieb) hat 2005 bis 2007 insgesamt 1.280 im Eigentum des Landes stehende Liegenschaften verkauft und dafür rund 380 Mio. Euro erlöst.
Als Folge der zum 01.01.2005 in Kraft getretenen Verwaltungsreform konnten zahlreiche Büro-, Verwaltungs- und Wohngebäude zum Verkauf angeboten werden, die das Land zur Erfüllung der auf die Landratsämter übergegangenen Aufgaben nicht mehr benötigte. Die Landkreise haben die frei werdenden Gebäude nur teilweise übernommen, vielmehr im Interesse der von ihnen zu erbringenden Effizienzrendite häufig auf vorhandene oder neue Büroflächen zurückgegriffen, die eine Konzentration der Behörden an einem Ort möglich machten.
Die Finanzkontrolle hat 58 Immobilienverkäufe, die durch die Verwaltungsreform möglich wurden, geprüft. Die Verkäufe wurden von 12 Vermögens- und Bauämtern (Ämter) betreut und erbrachten einen Erlös von insgesamt 43 Mio. Euro. Damit wurden die nach dem verwaltungsinternen Verkaufsprogramm in diesen Fällen zu erwartenden Erlöse um 6 Mio. Euro übertroffen.
Ziel der Prüfung war es, festzustellen, ob die haushaltsrechtlichen Vorschriften eingehalten wurden, ob sich das dabei praktizierte Verfahren bewährt hat und ob Optimierungspotenziale bestehen.
2 Ergebnis der Prüfung
Die Mehrzahl der geprüften Verkaufsfälle erfüllte die rechtlichen und wirtschaftlichen Anforderungen, die an den Verkauf von Landesimmobilien zu stellen sind.
2.1 Zügige Abwicklung
Die Verkaufsverfahren nahmen im landesweiten Durchschnitt sechs Monate in Anspruch und wurden mithin zügig abgewickelt, obwohl die Arbeitsbelastung der zuständigen Referate durch verschiedene Verkaufsprogramme 2005 bis 2007 höher war als in den Vorjahren.
In der Regel genügte eine Ausschreibung, um die Immobilie zu veräußern. Im strukturschwächeren ländlichen Raum waren in einigen Fällen weitere Ausschreibungen erforderlich, um Interessenten für die Grundstücke zu finden. Dort waren dann auch Abschläge auf die ermittelten Verkehrswerte notwendig.
Solche Abschläge waren möglicherweise auch der Preis für die haushaltspolitische Vorgabe, innerhalb eines fixen Zeitraumes eine angestrebte Summe zu erreichen.
2.2 Verfahren
Der Landesbetrieb veräußert die landeseigenen Grundstücke grundsätzlich freibleibend gegen Höchstgebot nach einer öffentlichen Ausschreibung. In 14 der untersuchten Fälle wurden die Grundstücke ohne Ausschreibung direkt an Gemeinden, Landkreise oder den jeweiligen Mieter veräußert.
Bewährt hat sich in einigen Ämtern ein formalisiertes Nachgebotsverfahren, bei dem die Kaufinteressenten, denen das bisherige Höchstgebot mitgeteilt wurde, nach Art einer Submission im verschlossenen Umschlag Nachgebote abgeben können. Dieses Verfahren zeichnet sich durch ein hohes Maß an Transparenz aus, beugt Manipulationen vor und erbringt, wie die untersuchten Fälle zeigen, regelmäßig deutliche Mehrerlöse gegenüber einem Zuschlag unmittelbar nach der Ausschreibung.
2.3 Veröffentlichung der Verkaufsangebote
Die Betriebsleitung des Landesbetriebs hat ihren Internetauftritt 2008 grundlegend überarbeitet. Die Verkaufsangebote des Landes werden dort übersichtlich präsentiert und sind mit einem abrufbaren Kurzexposé versehen. Auf Anfrage erhalten die Interessenten ein ausführliches gedrucktes Exposé.
Eine Verknüpfung mit kommerziellen Immobilienangeboten ist bislang nicht erfolgt, weil die einschlägigen Anbieter regelmäßig auf Exklusivität bestanden haben, die der Landesbetrieb nicht zusagen konnte und wollte.
Darüber hinaus wurden die verkaufsreifen Immobilien in regionalen Zeitungen und amtlichen Mitteilungsblättern angeboten. Die Kosten für die Veröffentlichung der Ausschreibung bewegen sich bei 0,2 % der später erzielten Verkaufserlöse und sind nicht zu beanstanden.
Grundstücksmakler werden vom Landesbetrieb regelmäßig nicht beauftragt.
3 Angemessenheit der Verkaufspreise
In der Regel erfolgten die Grundstücksverkäufe zum vollen Wert (Marktwert), wie es die Landeshaushaltsordnung vorschreibt.
In einigen Einzelfällen wurde der Marktwert jedoch in einer nicht vertretbaren Größenordnung unterschritten.
3.1 Verkauf des Forstamts Karlsruhe
Das ehemalige Forstamt Karlsruhe ist eine 1905 errichtete und 1988 umfassend sanierte denkmalgeschützte Stadtvilla in zentraler Lage. Das Grundstück grenzt unmittelbar an den Karlsruher Schlossgarten. Das Gebäude wurde nach der Verwaltungsreform für landeseigene Zwecke nicht mehr benötigt.
Villa und Grundstück wurden im Juli 2005 zum Preis von 600.000 Euro an den Landkreis Karlsruhe verkauft. Der Landkreis hat in das Gebäude 240.000 Euro an Umbau- und Renovierungskosten investiert und es nach kurzer Nutzungszeit im Dezember 2007 zum Preis von 1,525 Mio. Euro an einen privaten Dritten weiterveräußert.
Schon diese Weiterveräußerung beweist, dass das Land das Gebäude im Juli 2005 unter dem Verkehrswert verkauft hat. Das zuständige Amt hatte sich damals auf ein Gutachten gestützt, das die Grundstücksbewertungsstelle der Stadt Karlsruhe (die selbst an einem Erwerb des Grundstücks interessiert war) erstellt hatte. Das Gebäude hätte nicht ohne neutrales Gutachten und ohne Ausschreibung veräußert werden dürfen.
Außerdem hätte das Amt bei Abschluss des Kaufvertrags darauf bestehen sollen, eine Nachzahlungs- bzw. Abschöpfungsklausel in den Kaufvertrag aufzunehmen. In diesem Falle wäre der bei der Weiterveräußerung erzielte Mehrerlös ganz oder teilweise dem Land zugutegekommen.
Bei einem professionelleren Vorgehen des Amtes wäre für das Land eine Mehreinnahme in einer Größenordnung von 700.000 Euro möglich gewesen.
3.2 Verkauf des ehemaligen Vermessungs- und Forstamts Schramberg
Bei dem ehemaligen Vermessungs- und Forstamt Schramberg handelt es sich um eine denkmalgeschützte Jugendstilvilla (Baujahr 1909), die von 1993 bis 1996 vom Land für 640.000 Euro saniert wurde.

Bevor es zum Verkauf angeboten wurde, wurde der Verkehrswert vom zuständigen Vermögens- und Bauamt nach der Ertragswertmethode mit 620.000 Euro ermittelt.
Nachdem zwei Ausschreibungen im Jahr 2005 kein Gebot erbracht hatten, das dem Verkehrswert nahe gekommen wäre, wurde der geschätzte Verkehrswert vom Amt auf 50 % reduziert. Der Zuschlag wurde schließlich im April 2006 zum Preis von 209.000 Euro - und damit um 35 % unter dem bereits reduzierten Verkehrswert - erteilt.
Nachdem das Angebot über 209.000 Euro vorlag, hat es das Amt versäumt, der Stadt Schramberg noch einmal den Erwerb zum reduzierten Verkehrswert von 320.000 Euro anzubieten. Außerdem ergibt sich aus den vom Rechnungshof ausgewerteten Akten, dass zwei weitere Kaufinteressenten vom Amt mit dem Argument, dass bereits eine Zusage erteilt sei, zurückgewiesen wurden.
Auch hier hätte der Verkauf, der deutlich unter dem vom Amt selbst geschätzten Verkehrswert lag, so nicht erfolgen dürfen. Dem Land ist dadurch eine mögliche Mehreinnahme in einer Größenordnung von 100.000 Euro entgangen.
3.3 Verkauf des Forstamts Steinheim am Albuch
Der Verkehrswert des ehemaligen Forstamtsgebäudes in Steinheim am Albuch (Landkreis Heidenheim) wurde von einem Sachverständigen nach der Sachwertmethode mit 300.000 Euro ermittelt. Auf dem Grundstück ist eine weitere Baumöglichkeit vorhanden, deren Wert mit mindestens 60.000 Euro anzusetzen ist. Außerdem hatte das Land 2001 und 2002 insgesamt 210.000 Euro für Sanierungs- und Umbaumaßnahmen investiert.
Bei der Ausschreibung des Grundstücks (einschließlich des Bauplatzes) gingen nur zwei Gebote ein, darunter das Gebot der im Hause wohnenden Mieterin in Höhe von 240.000 Euro. Ohne eine weitere Ausschreibung in Erwägung zu ziehen, wurde das Grundstück zu diesem Preis (also 20 % unter dem Verkehrswert) an die Bewerberin veräußert.
In diesem Fall bestand kein Zeitdruck. Eine zweite Ausschreibung hätte wahrscheinlich ein günstigeres Ergebnis erbracht.
4 Weitere Defizite und Verbesserungspotenziale
Die Prüfung des Rechnungshofs hat weitere Verbesserungspotenziale für künftige Verkaufsfälle ergeben.
4.1 Unterschiedliche Qualität der Wertermittlung
Die Wertermittlung der angebotenen Grundstücke war von unterschiedlicher Qualität. Während die Immobilienabteilungen der Ämter die Ertragswerte der Grundstücke in der Regel sachgerecht und kompetent bestimmten, wiesen die Sachwertermittlungen in einigen Fällen Fehler und Unsicherheiten auf. Nicht alle Ämter verfügen über die zur Ermittlung von Sachwerten erforderliche Kompetenz.
Es bietet sich daher an, die Sachwertermittlung bei Grundstücken innerhalb der Vermögens- und Bauverwaltung zu konzentrieren.
4.2 Wertermittlung durch Dritte
Es spricht nichts dagegen, die fehlende Kompetenz des jeweiligen Vermögens- und Bauamtes bei der Wertermittlung dadurch zu kompensieren, dass Dritte (z. B. Sachverständige oder die örtlichen Gutachterausschüsse) mit der Wertermittlung beauftragt werden.
Allerdings sollten diese Wertgutachten vom Amt stets auf Plausibilität überprüft werden. Gutachten, die von Erwerbsinteressenten stammen oder von diesen in Auftrag gegeben wurden, eignen sich als Grundlage eines Verkaufs grundsätzlich nicht.
4.3 Kaufpreisfälligkeit
Nach der Verwaltungsvorschrift zu § 64 Landeshaushaltsordnung ist der Landesbetrieb gehalten, die Kaufverträge so abzuschließen, dass der Kaufpreis bei Vertragsabschluss in einer Summe zu entrichten ist.
In zwei Drittel der geprüften Verkaufsfälle ist die Verwaltung von dieser Vorschrift abgewichen und hat den Käufern Zahlungsziele eingeräumt. Gründe für diese Abweichungen waren in den Akten nicht dokumentiert.
Die Vereinbarung von Zahlungszielen führte zu einem Zinsverlust von insgesamt 32.000 Euro.
4.4 Aktenführung und Dokumentation
Die Aktenführung dreier Ämter und die Dokumentation der Verkaufsfälle waren in einigen Fällen unzureichend. Dies erschwert es, die einzelnen Entscheidungen und die ihnen zugrunde liegenden Motive nachzuvollziehen. Es begünstigt mögliche Manipulationen und erschwert bei schädigendem Verhalten die Möglichkeit des Rückgriffs auf die handelnden Mitarbeiter.
Die Betriebsleitung des Landesbetriebs sollte daher auf eine vollständige Aktenführung bei den Ämtern hinwirken.
5 Empfehlungen
Aufgrund der bei der Prüfung gewonnenen Erkenntnisse empfiehlt der Rechnungshof der Vermögens- und Bauverwaltung,
- die Entscheidung über die Entbehrlichkeit des zum Verkauf anstehenden Grundstücks in jedem Einzelfall zu dokumentieren,
- bei erstmaliger Ausschreibung von der Angabe von Mindestgeboten oder Schätzpreisen abzusehen, um so Raum für den am Markt höchst erzielbaren Preis zu geben,
- nach erfolgter Ausschreibung die Bieter zur Abgabe eines schriftlichen Nachgebots aufzufordern (dabei hat sich das in den meisten Ämtern praktizierte Umschlagverfahren und die Gebotsöffnung nach dem Vier-Augen-Prinzip bewährt),
- alle Möglichkeiten der Veröffentlichung der Verkaufsangebote offensiv zu nutzen,
- die Fälligkeit des Kaufpreises entsprechend den geltenden Vorschriften auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses festzusetzen und
- in der Regel eigene Wertermittlungen durchzuführen und die dafür erforderliche Kompetenz innerhalb des Landesbetriebs zu schaffen und an ein bis zwei Stellen zu konzentrieren. Wertermittlungen Dritter sollten stets auf ihre Plausibilität geprüft werden.
6 Stellungnahmen des Landesbetriebs und des Ministeriums
Der Landesbetrieb weist darauf hin, dass die vom Rechnungshof ausgewählten 58 Verkaufsfälle weniger als 5 % der im geprüften Zeitraum abgeschlossenen Grundstücksgeschäfte betreffen und die dabei gewonnenen Erkenntnisse deshalb nicht verallgemeinert werden dürften. Gleichwohl werde die Prüfung des Rechnungshofs zum Anlass genommen, einige ohnehin beabsichtigte Verbesserungen in der Aufbau- und Ablauforganisation zu realisieren.
Das Finanzministerium hält die Aussage des Rechnungshofs für nicht zutreffend, in den genannten Einzelfällen sei der Marktwert in nicht vertretbarer Größenordnung unterschritten worden.
Die beiden Objekte in Steinheim und in Schramberg seien öffentlich ausgeschrieben worden. Der Verkauf sei dann jeweils zu dem am Markt erzielbaren Höchstgebot erfolgt.
Der Verkauf des ehemaligen Forstamts in Karlsruhe sei auf der Grundlage eines Verkehrswertgutachtens der Grundstücksbewertungsstelle der Stadt Karlsruhe erfolgt. Mit 600.000 Euro habe der Verkaufspreis sogar um 100.000 Euro über dem im Wertgutachten genannten Preis von 500.000 Euro gelegen. Eine öffentliche Ausschreibung sei nicht geboten gewesen, da Grundstücksverkäufe unter Gebietskörperschaften regelmäßig ohne vorherige Ausschreibung erfolgen. Auch ein Grund für die Vereinbarung einer Abschöpfungsklausel sei nicht ersichtlich gewesen. Der Rechnungshof habe nicht ausreichend gewürdigt, dass sich die planungsrechtliche Situation des Grundstücks zwischen den beiden Verkaufsfällen grundlegend verändert habe.
Im Übrigen wendet sich das Finanzministerium gegen die Empfehlung des Rechnungshofs, bei erstmaliger Ausschreibung von Grundstücken von der Angabe eines Mindestgebots abzusehen. Bei Objekten, die zur Eigennutzung durch private Erwerber in Betracht kommen, habe sich die Nennung eines Mindestgebots als hilfreich für die potenziellen Interessenten erwiesen und zu einer Stärkung der Nachfrage geführt.
7 Schlussbemerkung
Der Rechnungshof bleibt bei seiner Bewertung der drei genannten Einzelfälle. Bei den Objekten in Steinheim und Schramberg hätte durch weitere Verkaufsbemühungen mit hoher Wahrscheinlichkeit ein besserer Preis erzielt werden können. Beim Verkauf des Karlsruher Forstamtsgebäudes reichen die Argumente des Ministeriums keinesfalls aus, um die enorme Differenz zwischen den beiden Verkaufsfällen zu erklären. Der Verzicht auf die Vereinbarung einer Abschöpfungsklausel ist nicht plausibel erklärt.
Auch im Übrigen bleibt der Rechnungshof bei seinen Empfehlungen, die sich auf die Auswertung der Akten der an den Verkaufsfällen beteiligten Vermögens- und Bauämter stützen.
Abschließend weist der Rechnungshof auf Folgendes hin: Die zügige Abwicklung von Immobiliengeschäften ist anzuerkennen. Sie sollte jedoch nicht zulasten möglicher Erlöse gehen.