Zuwendungen für Erhaltung und Pflege von Kulturdenkmalen [Beitrag Nr. 16]

Das Förderverfahren dauert zu lange, ist zu kompliziert und verursacht zu hohe Kosten. Der Rechnungshof schlägt konkrete Verbesserungen vor.

1 Vorbemerkung

Das Denkmalschutzgesetz Baden-Württemberg verpflichtet Eigentümer und Besitzer, ihre Kulturdenkmale zu erhalten und pfleglich zu behandeln. 2007 bewilligte das Land für denkmalbedingte Mehrkosten Zuwendungen von 13,5 Mio. Euro. Bis Mitte der Neunzigerjahre waren dies jährlich bis zu 30,9 Mio. Euro.

Antragsteller müssen ihre Zuwendungsanträge vor Beginn der Maßnahme beim zuständigen Regierungspräsidium einreichen. Die Anträge werden dort konservatorisch geprüft, die denkmalpflegerische Priorität der Maßnahme wird nach Punkten bewertet. Das Wirtschaftsministerium stellt auf der Grundlage der Programmvorschläge der Regierungspräsidien das jährliche Förderprogramm auf. Danach bewilligen die Regierungspräsidien die Zuwendungen.

Die Finanzkontrolle untersuchte landesweit die Förderung zur Erhaltung und Pflege von Kulturdenkmalen.

2 Unwirtschaftliches Förderverfahren

Die Verteilung der Fördermittel ist zeitintensiv und verursacht hohe Kosten.

Wesentliche Gründe dafür sind, dass

  • für Anträge nur ein Stichtag im Jahr eingerichtet ist und die Bewilligung dann in nur zwei Tranchen je Jahr erfolgt,
  • Förderanträge, die den Regelsatz überschreiten, sowohl von den Regierungspräsidien als auch vom Landesamt für Denkmalpflege geprüft werden sowie
  • die denkmalbedingten Mehrkosten aufwendig ermittelt werden.

Landesweit sind bei den vier Regierungspräsidien 12 Mitarbeiter mit dem Förderverfahren befasst. Jährlich könnten Personalkosten von mindestens 230.000 Euro vermieden werden. In einem der Regierungspräsidien werden etwa doppelt so viele Anträge wie jeweils bei den anderen bewilligt, bei nahezu gleicher Personalausstattung. Obwohl sich die Zuwendungen seit Mitte der Neunzigerjahre von 30,9 Mio. Euro auf 13,5 Mio. Euro verringert haben, blieb die personelle Besetzung in den Regierungspräsidien unverändert.

Die Regierungspräsidien arbeiten mit veralteten und unterschiedlichen DV-Programmen. Lediglich ein Regierungspräsidium kann mit seiner Software Auswertungen vornehmen. Derzeit entwickelt ein Regierungspräsidium eine einheitliche und zeitgemäße Förderdatenbank.

3 Unzulängliche Fördervorgaben

3.1 Bagatellgrenzen

Die festgelegten Bagatellgrenzen sind zu niedrig. Kommunen und Kirchen erhalten Zuwendungen, wenn die denkmalbedingten Mehraufwendungen 15.000 Euro übersteigen. Bei Privaten beträgt diese Grenze 1.500 Euro. Die Zahl der jährlichen Bescheide ließe sich deutlich verringern, wenn die Bagatellgrenzen angehoben würden.

Kleine Maßnahmen mit geringen denkmalbedingten Mehrausgaben, wie beispielsweise Wegkreuzen und Bildstöcken, verursachten den gleichen Verwaltungsaufwand wie Fördermaßnahmen mit hohen denkmalbedingten Mehrausgaben.

3.2 Eigenleistungen der Kirchen

Das Wirtschaftsministerium versäumte es, in den Fördervorgaben die Eigenleistungen der Kirchen zu regeln. Nach den Vorstellungen des Ministeriums sollen für Kirchen die Vorgaben für die Gemeinden analog gelten. Leistungen der Kirchenbauämter für Planung und Bauleitung sollen als zuwendungsfähige Ausgaben in Höhe des Tariflohns abzüglich 25 % anerkannt werden.

3.3 Vorbewilligungen

Ohne Rücksicht auf den Stichtag werden auch Maßnahmen im Jahr des Antrageingangs ins Förderprogramm aufgenommen und Zuwendungen bewilligt - Vorbewilligungen -. Sie sollen in der Regel für besonders kostenintensive Kulturdenkmale mit einer hohen Punktebewertung erteilt werden.

Das Wirtschaftsministerium nahm 2007, in Absprache mit dem Finanzministerium, fast ausschließlich kommunale Maßnahmen als Vorbewilligungen in das Förderprogramm auf. Der Grund für diese Auswahl war, dass die Mittel des kommunalen Finanzausgleichs um 1,2 Mio. Euro zulasten der Kommunen gekürzt wurden. Deshalb sollten 2007 die erhöhten Denkmalfördermittel von 1,2 Mio. Euro den Kommunen zugutekommen.

Diese kommunalen Maßnahmen waren geringer bewertet, als andere Maßnahmen von Privaten und Kirchen, welche trotz entscheidungsreifer Unterlagen nicht berücksichtigt wurden.

3.4 Münsterbauhütten

Die Aufwendungen der Münsterbauhütten Freiburg, Schwäbisch Gmünd und Ulm werden nach speziellen Grundsätzen und nicht nach den Förderrichtlinien gefördert. Die Förderungen sind teilweise nicht plausibel und uneinheitlich. Seit 2009 liegen die speziellen Fördervoraussetzungen für die Münsterbauhütte Schwäbisch Gmünd nicht mehr vor, da die Arbeiten am Münster 2008 beendet worden sind.

4 Fehlerhafte Umsetzung der Fördervorgaben

4.1 Denkmalpflegerische Priorität

In Einzelfällen bewerten die Regierungspräsidien die beantragten Fördermaßnahmen nicht objektiv nach dem denkmalpflegerischen Interesse und der Dringlichkeit der Maßnahme. In einem Fall beurteilte ein Regierungspräsidium die Maßnahme zunächst als nicht besonders dringlich. Zwei Wochen danach wurde die gleiche Maßnahme als „unaufschiebbar wegen drohenden Verlusts an historischer Substanz“ beurteilt.

4.2 Unbedenklichkeitsbescheinigungen

Die Regierungspräsidien stimmten in den meisten Fällen dem Beginn der Maßnahmen vor Bewilligung der Zuwendung zu und erteilten eine Unbedenklichkeitsbescheinigung. Damit ist die Ausnahme zur Regel geworden. Bereits 2001 und 2004 hat der Rechnungshof diese Praxis beanstandet.

4.3 Vorzeitiger Beginn einer Maßnahme

Einige Antragsteller bzw. Zuwendungsempfänger begannen mit der Maßnahme vor Bewilligung der Zuwendung oder vor Erteilung der Unbedenklichkeitsbescheinigung.

Erkannten die Regierungspräsidien solche Regelverstöße, lehnten sie weder die Anträge ab noch forderten sie die Zuwendungen in voller Höhe zurück. Stattdessen verminderten sie die zuwendungsfähigen Ausgaben lediglich um die Rechnungsbeträge, die vor dem Bewilligungsbescheid oder der Unbedenklichkeitsbescheinigung entstanden waren.

In einem Fall stellte ein Regierungspräsidium fest, dass eine Zuwendung von 43.100 Euro für die Restaurierung einer Orgel zu Unrecht bewilligt worden war. Der Zuwendungsempfänger hatte bereits vor der Unbedenklichkeitsbescheinigung einen Orgelbauvertrag abgeschlossen und eine erste Teilzahlung geleistet. Das Regierungspräsidium zahlte die restliche Zuwendung dennoch aus. Das ehemalige Landesdenkmalamt hatte hierzu Weisung gegeben.

4.4 Verminderung der zuwendungsfähigen Ausgaben

Verminderten sich nachträglich die zuwendungsfähigen Ausgaben, entschieden die Regierungspräsidien über Rückforderungen irrtümlich nach den Nebenbestimmungen der Landeshaushaltsordnung statt nach den besonderen Nebenbestimmungen der Förderung der Denkmalpflege. Deshalb verzichteten sie auf eine Rückforderung, wenn sich die Zuwendungen bei Privaten bis zu 1.000 Euro und bei Kommunen bis zu 2.500 Euro verminderten.

In einem der geprüften Fälle wurde mehr Fördergeld ausgezahlt, als zuwendungsfähige Kosten entstanden waren.

4.5 Eigenleistungen der Kommunen und Kirchen

Einige Kommunen und die Kirchen rechneten ihre Eigenleistungen nicht richtig ab. Die Regierungspräsidien beanstandeten die Verwendungsnachweise nicht. Entgegen den Fördervorgaben berechneten sie anstelle des Tariflohns die (höheren) ortsüblichen Entgelte oder das entsprechende Honorar für freiberuflich Tätige. Überdies wurde der Abzug von 25 % des Tariflohns dabei teilweise unterlassen.

5 Parallelität von Landesförderung und Steuerbegünstigung

Die Einkommens- und Vermögenssituation der Zuwendungsempfänger ist für die Entscheidung über die Förderanträge unerheblich. Der Regelfördersatz beträgt bei Zuwendungen an Private die Hälfte und bei Kirchen sowie bei Kommunen ein Drittel der denkmalbedingten Mehrkosten.

Neben der Landesförderung gibt es die - vor allem für Gutverdienende interessante - Förderung nach dem Einkommensteuergesetz. Danach werden nicht nur die denkmalbedingten Mehrkosten, sondern die Herstellungskosten für Baumaßnahmen insgesamt steuerlich besonders begünstigt, wenn sie nach Art und Umfang erforderlich sind, um das Gebäude als Baudenkmal zu erhalten oder sinnvoll zu nutzen. Auch Erhaltungsaufwendungen können steuerlich geltend gemacht werden. Zuschüsse aus öffentlichen Kassen vermindern die nach dem Einkommensteuergesetz geltend gemachten Kosten.

6 Empfehlungen

Die Untersuchungsergebnisse zeigen Handlungsbedarf. Der Rechnungshof hält es für notwendig,

  • das Förderverfahren zu vereinfachen, zu beschleunigen und mit weniger Personal durchzuführen,
  • die vorhandenen Landesmittel zielgerichteter einzusetzen sowie
  • die Fördervorgaben klar zu definieren und deren Einhaltung sicherzustellen.

Der Rechnungshof empfiehlt im Einzelnen,

  • mehrere Stichtage im Jahr festzulegen und Bewilligungen in mehr als zwei Tranchen je Jahr vorzunehmen,
  • auf Doppelprüfungen zu verzichten,
  • Kleindenkmale mit einem pauschalen Festbetrag und einem vereinfachten Verfahren zu fördern,
  • das Förderprogramm verwaltungsmäßig zentral abzuwickeln und so ein Viertel des Personals einzusparen,
  • die Bagatellgrenzen für Private auf 5.000 Euro sowie für Kirchen und Kommunen auf 50.000 Euro anzuheben,
  • die denkmalbedingten Mehrkosten auf der Grundlage der einschlägigen DIN 276 zu ermitteln und pauschal festzusetzen,
  • zu prüfen, inwieweit die Parallelität von Landesförderung und steuerlicher Förderung vermieden werden kann (z. B. Ausschluss der Landesförderung bei Inanspruchnahme der steuerlichen Möglichkeiten),
  • die Münsterbauhütten nach gleichen Grundsätzen zu fördern und die Zuwendungen für die Münsterbauhütte Schwäbisch Gmünd ab 2009 einzustellen.

7 Stellungnahme des Ministeriums

Das Wirtschaftsministerium beabsichtigt, bei der Neufassung der Verwaltungsvorschrift Denkmalförderung, die Anregungen des Rechnungshofs für ein schnelleres und effizienteres Verfahren umzusetzen.

Das Ministerium will alle Anstrengungen unternehmen, um die Personalintensität des Förderverfahrens zu verringern, um so auch möglichst Kapazitäten für die seit Jahren unterbesetzte Inventarisation und Datenerfassung umzuschichten. Zusammen mit einer vereinfachten Verwaltungsvorschrift Denkmalförderung könne die Fehlerhäufigkeit minimiert werden.

Das Förderverfahren für die Münsterbauhütten werde vorbehaltlich bestehender vertraglicher Abreden vereinheitlicht.

Das Ministerium werde den Vorschlag prüfen, inwieweit die Parallelität von Landesförderung und steuerlicher Förderung vermieden werden könne.