Das Statistische Landesamt hat eine zeitgemäße DV-Arbeitsplatzausstattung, aber teilweise veraltete DV-Verfahren, welche die Möglichkeiten der medienbruchfreien Dialogverarbeitung nur unzulänglich nutzen. Darüber hinaus spielt das Internet als Medium zur Datenerhebung und zum Datentransfer noch eine zu geringe Rolle. Die Integration des Rechners des Landesamtes in das Zentrum für Informationsverarbeitung ist noch nicht vollständig vollzogen. Die Zusammenarbeit mit anderen Ländern im Rahmen der föderalen Softwareentwicklung sollte effizienter gestaltet werden.
1 Überblick
Die IuK des Statistischen Landesamtes (StaLa) ist von bundesweiten Rahmenbedingungen abhängig, die der Wirtschaftlichkeit nicht immer förderlich sind. Eine Folge davon ist z.B., dass es zwei vollständig ausgebaute IuK-Systeme betreiben muss: Ein Großrechnersystem, das z.T. beim Zentrum für Information und Kommunikation bei der OFD Stuttgart (ZfI) und z.T. beim StaLa installiert ist, sowie ein Client-/Server-System im StaLa mit 46 Servern und 767 PC-Clients.
Der Hauptteil der Anwendungsentwicklung, der Rechnerbetrieb und weitere IuK-Aufgaben werden in zwei IuK-Referaten wahrgenommen. Darüber hinaus führen auch die Fachabteilungen IuK-Aufgaben aus, z.B. Benutzerbetreuung und in geringem Umfang Anwendungsentwicklung. Zusammen mit den Statistischen Ämtern der anderen Bundesländer und mit dem Statistischen Bundesamt wird die Software arbeitsteilig entwickelt (Verbund).
Die IuK-Sachausgaben im Jahr 2000 betrugen insgesamt rd. 2,5 Mio. €. Sie sind im Haushalt des StaLa (1,06 Mio. €), des ZfI (1,41 Mio. €) und des Zentrums für Kommunikation und Datenverarbeitung (ZKD - 0,04 Mio. €) angefallen. Das StaLa verwendet in den IuK-Referaten 95 Personalstellen für IuK-Aufgaben; hierfür fallen Personalausgaben von rd. 6,6 Mio. € an. Der jährliche IuK-Gesamtaufwand liegt somit bei knapp 9,2 Mio. €. Von den Gesamtausgaben des StaLa in Höhe von 32,7 Mio. € entfielen im Jahr 2000 rd. 28 % auf die IuK.
2 Feststellungen und Anregungen
2.1 Rechenzentrum
2.1.1 Rechnerverlegung
Das Land hat vor längerer Zeit eine „Flurbereinigung“ seiner Rechenzentren (RZ) begonnen. Das ZfI wurde mit der Wahrnehmung aller IBM-bezogenen Rechneraufgaben, das RZ beim Landeskriminalamt mit der Wahrnehmung der Siemens-bezogenen Rechneraufgaben betraut. Dem ZKD wurde insbesondere der Betrieb des LVN übertragen. In Ausführung dieser Grundsatzbeschlüsse hat der Ministerrat bereits 1997 das FM beauftragt, den IBM-Rechner des StaLa in das ZfI zu integrieren.
Alle Beteiligten haben diesen Auftrag nicht sehr zügig betrieben. Sowohl ZfI als auch StaLa hatten kein erkennbares Interesse an einem raschen Projektfortschritt. Das StaLa sah wohl in der Preisgabe seines RZ seinen Stellenwert beeinträchtigt, das ZfI war andererseits nicht bereit, weitere Aufgaben ohne nennenswerte Personalvermehrung zu übernehmen. Zwar wurde der Rechner vom StaLa in den Maschinenraum des ZfI verlagert. Dort wird er aber nicht integriert mit den anderen ZfI-Rechnern betrieben, sondern als separate Einheit. Da die im StaLa zurückgebliebenen Peripheriegeräte, wie z.B. Massendrucker und Kassettenstationen, über eine teure Datenleitung angeschlossen werden mussten, sind an Stelle der erhofften Einsparungen infolge von Synergieeffekten Mehrausgaben angefallen. Die überschlägig ermittelte Differenz zwischen den Kosten des Rechnerbetriebes im StaLa und denen im ZfI betragen rd. 0,5 Mio. € jährlich, wobei das FM die Mehrkosten allerdings auch auf eine Kapazitätserweiterung des Rechners anlässlich dessen Verlagerung zurückführt. Die neu geschaltete Datenleitung kostete 491.000 €.
Insgesamt gesehen ist der Projektverlauf ein Beispiel dafür, dass die Realisierung eines prinzipiell richtigen Ansatzes wegen Fehlens einer präzisen Zielformulierung und detaillierter Analysen einerseits und des Desinteresses und Beharrungsvermögens der Beteiligten andererseits sowie infolge mangelndem Projekt-Controlling verzögert wird.
Zu kritisieren ist in diesem Zusammenhang auch, dass vom FM ein Berater für 58.000 € ohne öffentliche Ausschreibung mit der Projektleitung (Schwerpunkt Moderation) beauftragt wurde, ohne dass dies dem Projektfortschritt und -ergebnis besonders förderlich gewesen wäre. Inzwischen hat das Ministerium einen Projektverantwortlichen aus seinem Hause benannt und neue Aufträge an StaLa und ZfI zur vollständigen Integration erteilt.
2.1.2 Datensicherung
Statistikdaten werden in großem Umfang und für lange Zeit gespeichert. Dafür hat das StaLa noch kein durchgängiges Speicher- und Löschkonzept.
Duplikate der auf dem Großrechner anfallenden Daten sollten grundsätzlich im Ausweichrechenzentrum des Landes in einem ehemaligen Regierungsbunker gesichert werden.
Für die auf dem Client-Server-System anfallenden Daten betreibt das StaLa ein eigenes Speichersystem, während das FM Überlegungen für ein zentrales Datenhaltungskonzept mit zentraler Ansiedelung von Applikationsservern anstellt („Serverfarm“).
Der RH fordert ein durchgängiges Konzept, das Mehrfacharbeit vermeidet und redundante Datenhaltung minimiert. Grundsätzlich sollte das ZfI die Großrechner-Daten ab sofort und mittelfristig alle Daten nach Weisung des StaLa archivieren.
2.1.3 Druckoutput
Einschneidende Änderungen hält der RH auch beim Druckoutput für nötig. Viele DV-Anwendungen und die dazu gehörenden Druck-Programme wurden zu einer Zeit konzipiert, als die Bearbeiter Ergebnisse noch nicht online am Bildschirm anschauen konnten. Statistiken und Tabellen werden seit damals in umfangreichen Listen nachgewiesen und für Auskunftszwecke aufbewahrt, häufig ohne dass dies heutzutage noch notwendig wäre. Erforderlich ist eine Output-Analyse mit dem Ziel, den großen Umfang an Papierausdrucken weitgehend zu reduzieren (ABC-Analyse). Die Verantwortung für das restliche Druckgeschäft sollte ungeachtet des räumlichen Standortes der Drucker dem bereits existierenden Druck- und Versandzentrum des FM übertragen werden. Das Druckzentrum hat bereits jetzt mehrere Betriebsstätten.
Generell sollte das StaLa den Rechnerbetrieb, die Datensicherung und das Druckgeschäft insgesamt an das ZfI auslagern. Für andere Lösungen hätte es jeweils einen Wirtschaftlichkeitsnachweis zu führen.
2.2 DV-Ausstattung und DV-Verfahren
Am 31.12.2000 hatte das StaLa in seinen Räumen für die Großrechner-orientierte DV 95 Bildschirmterminals, 11 Druckerterminals und 27 weitere Geräte wie Bandkassetteneinheiten und steuereinheiten, Drucker sowie Terminalsteuereinheiten betrieben. Der IBM-Rechner selbst war zu diesem Zeitpunkt bereits ins ZfI verlagert worden. Das Client/Server-System bestand aus 46 Servern, 810 PC (651 PC an Arbeitsplätzen und 159 weitere PC, z.B. in Schulungsräumen und Reservegeräte), Belegleser und 200 Druckern. Alle dafür in Frage kommenden Arbeitsplätze sind mit zeitgemäßen Bildschirmen und PC ausgestattet. Angesichts der Gebäudestruktur mit Großraumbüros sollte allerdings die Zahl der Arbeitsplatzdrucker reduziert werden, was das StaLa inzwischen zugesagt hat.
Die IuK im StaLa ist noch Großrechner-geprägt. Etwa 70 % der Statistiken werden teilweise oder vollständig nach wie vor im RZ produziert.
Die DV-Verfahrenslandschaft des StaLa ist heterogen. Zu bearbeiten sind 292 DV-Verfahren der amtlichen Statistik, 226 davon sind bzw. nutzen Großrechneranwendungen. 235 Verfahren (80 %) werden im Verbund entwickelt und gepflegt, für 33 von ihnen ist Baden-Württemberg federführend zuständig.
Zu monieren sind ein unvollständiger und nicht ausreichend für Steuerungszwecke ausgelegter Bestandsnachweis und das Fehlen eines umfassenden Störfallverzeichnisses für alle Geräte. Auch hat der RH gefordert, das Ausschreibungsgebot künftig vermehrt zu beachten, ein Großteil der Aufträge wurde bisher ohne ausreichende Begründung im Wege der freihändigen Vergabe erteilt.
2.3 IuK-Organisation
IuK-Aufgaben wurden bisher vorwiegend in drei Referaten der Abteilung 6 bearbeitet. Diese wurden inzwischen zu zwei Referaten zusammengefasst, neu strukturiert und in die Abteilung 1 (Verwaltung) eingegliedert. Durch die Neuorganisation wird das Ausscheiden eines Referatsleiters kompensiert und es werden im Wesentlichen aufbauorganisatorische Unzulänglichkeiten wie die organisatorische Trennung fachlich verwandter Aufgaben beseitigt. Die Stelle eines Referatsleiters soll nach Auskunft des FM gestrichen werden.
Die Gesamtverantwortung für die IuK sollte eindeutig bei den IuK-Referaten liegen; soweit Fachabteilungen weiterhin auch IuK-Aufgaben wie Softwareentwicklung wahrnehmen, darf dies nur in enger Abstimmung bzw. im Auftrag der IuK-Referate geschehen. Anzustreben ist eine stärker ausgeprägte Auftraggeber-Auftragnehmerbeziehung zwischen diesen und den Fachabteilungen.
2.4 Personal
Zu den 95 Personalstellen in den IuK-Referaten kommen noch Anteile im Gesamtumfang von 14 Personalstellen für IuK-Aufgaben hinzu, die in der Verwaltung und in den Fachabteilungen wahrgenommen wurden (z.B. Benutzerbetreuung, Anwendungsentwicklung, Datenarchivierung). Das IuK-Personal verteilt sich zu 28,5 % auf den mittleren, zu 60 % auf den gehobenen und zu 11,5 % auf den höheren Dienst. Die Fluktuation war gering. Von 77 Personen mit IuK-Aufgaben im engeren Sinne hatten lediglich 6 Personen eine abgeschlossene Informatik- bzw. DV-Ausbildung. Das StaLa stellt fest, dass der nicht mehr zeitgemäße DV-Tarifvertrag für die öffentliche Verwaltung die Quantität und auch die Qualität des IuK-Personals zunehmend negativ beeinflusse. Hilfreich wäre eine größere Flexibilität, die es erlaube, bessere Leistungen adäquat zu vergüten.
2.5 IuK-Kosten
Die Zusammensetzung der monatlichen IuK-Kosten (z.B. Abschreibungen) bzw. IuK-Ausgaben je Bildschirmarbeitsplatz zeigt Übersicht 1:

Diese überschlägig ermittelten Kennzahlen enthalten auch anteilige Beträge für Aufgaben, die das StaLa über seinen Auftrag im engeren Sinne hinaus erbringt, wie z.B. den Firewallbetrieb für den Geschäftsbereich des FM. Andererseits sind Kosten des Datennetzes, der Softwareentwicklung, der zentralen Datenerfassung und Zinsen auf Investitionen hierin nicht enthalten. Trotz dieser Unschärfen liegen die Kosten relativ hoch; eine wesentliche Ursache dürfte der parallele Betrieb zweier DV-Systeme sein.
2.6 Benutzerbetreuung
In der Benutzerbetreuung ist sowohl Personal der Fachabteilungen als Referatsnutzerbetreuer und Vorortbetreuer auf Abteilungsebene als auch Personal der IuK-Referate tätig. Mit einem Betreuungsschlüssel von 1 Betreuer zu 80 Arbeitsplätzen erscheint die Benutzerbetreuung personell angemessen besetzt. Trotzdem lässt sich die Effizienz der IuK-Betreuung erhöhen.
Den Referatsnutzerbetreuern und den Vorortbetreuern sind auch die wichtigen Aufgaben „Ermittlung Bedarf und Verbesserungsmöglichkeiten in den Anwendungsbereichen“ und „Artikulieren von Anforderungen an die IuK-Abteilung“ zugewiesen, ohne dass diese ausreichend wahrgenommen werden. Das Vorort-Personal beschäftigt sich statt dessen weit überwiegend mit Installations- und Einrichtungsarbeiten sowie mit Fragen aus dem Umfeld der Bürokommunikation.
Im Blick auf die Aufsplitterung der Betreuungsverantwortung sollten in konsequenter Anwendung des Grundsatzes „Verantwortung in eine Hand“ alle Betreuungsfunktionen in den IuK-Referaten konzentriert und dort alle Anfragen nach den Regeln eines User-Help-Desk bearbeitet werden. Im Gegenzug sollte in den Fachabteilungen mehr Sachverstand zur Wahrnehmung der Auftraggeberfunktion gegenüber der IuK-Abteilung aufgebaut werden (z.B. Formulierung von Anforderungen an Fachanwendungen, Abnahme der Ergebnisse).
2.7 Softwareentwicklung
2.7.1 Entwicklungswerkzeuge
Wie die Verfahrenslandschaft so ist auch die Entwicklungsumgebung sehr heterogen. Im Einsatz sind zwei Entwicklungsbetriebssysteme, drei weitere Betriebssysteme, fünf Datenbanken, 12 Programmiersprachen und drei Auswertungsgeneratoren. Diese Heterogenität stellt hohe Anforderungen an das IuK-Personal, erfordert hohen Schulungsbedarf und ist einer wirtschaftlichen Anwendungsentwicklung nicht förderlich. Das FM sollte auf stringentere bundeseinheitliche Rahmenbedingungen hinwirken, die mittelfristig zu einer Reduzierung der Softwarevielfalt führen.
2.7.2 Ablauforganisation
Für Projektmanagement und Softwareentwicklung gibt es umfangreiche Regelwerke, in denen allerdings Anweisungen zur Durchführung von Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen und Erfolgskontrollen zu kurz kommen. Folglich wurden bisher keine vollständigen Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen durchgeführt. Unterlagen über Erfolgskontrollen konnte das StaLa nicht vorlegen. Eine methodische Aufwandsschätzung findet meist nicht statt, ein dokumentierter Vergleich des geschätzten zum tatsächlich erbrachten Aufwand wird nicht regelmäßig durchgeführt. Auch werden Aufträge nicht systematisch priorisiert. Weder der Abteilungsleiter noch die zuständigen Referatsleiter können z.B. ohne besondere Erhebungen darlegen, welcher Programmierer an welchen Aufträgen arbeitet und wie viele Tage er damit beschäftigt sein wird.
Die Ordnungsmäßigkeit der Softwareentwicklung und damit auch die Sicherheit der DV ist nicht vollständig gewährleistet (z.B. keine von der Produktionsumgebung getrennte Testumgebung, Mängel beim Freigabeverfahren und teilweise unvollständige Programmdokumentation).
Das StaLa hat die aufgezeigten Defizite erkannt und bemüht sich um mehr Professionalität beim Software-Engineering; so hat z.B. inzwischen ein neu formiertes Sachgebiet für Verfahrenseinführung und Qualitätssicherung seine Arbeit aufgenommen.
Außerdem arbeitet das StaLa an der Entwicklung einer Software für das Auftrags- und Ressourcenmanagement, mit der auch eine Projektverfolgung und bewertung möglich werden soll. Hierfür werden bis zur Einsatzreife mindestens 250.000 € für Personal und Sachkosten anfallen. Für derartige Software zur Projektsteuerung besteht generell auch Bedarf in anderen Landesdienststellen; das FM sollte daher für Portabilität sorgen.
2.7.3 Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern
Die Statistischen Ämter entwickeln die Software zur Statistikerstellung arbeitsteilig nach ihrer Leistungsfähigkeit, definiert in Anlehnung an den Königsteiner Schlüssel (Verbund). Mit diesen Programmen produziert dann jedes Land seine Statistiken in seinen landeseigenen Rechenzentren.
Ausgehend von einem angenommenen bundesweiten jährlichen Bedarf an Software-Entwicklungskapazität von 800 Personenmonaten hat Baden-Württemberg 60 Personenmonate zu erbringen.
In der Praxis erreichen die Statistischen Ämter jedoch nicht immer genau die vorgegebenen Arbeitsanteile bzw. erfüllen diese über. Vor allem die Länder Baden-Württemberg und Brandenburg haben zwischen 1997 und 1999 46 % bzw. 74 % Mehrleistungen erbracht. Im Fall Baden-Württembergs beträgt der Mehraufwand für die angegebenen drei Jahre 83,5 Personenmonate, d.h. rd. 7 Personalstellen insgesamt.
Das StaLa weist darauf hin, dass der betrachtete Zeitraum wegen spezieller Neuentwicklungen nicht repräsentativ sei, gesteht aber zu, dass Baden-Württemberg auch über einen Zehnjahreszeitraum betrachtet über die Verpflichtung hinausgehende Leistungen erbracht und somit andere Länder quasi subventioniert hat. Letztendlich zeigt die Diskussion eine Problematik des Softwareverbundes auf: Kleinere Länder sind infolge zunehmender Komplexität und Vielfalt der Anwendungssysteme teilweise nur begrenzt in der Lage, ihren Entwicklungsanteil zu erbringen. Größere Länder übernehmen im Interesse der Sache zusätzliche Lasten, so auch Baden-Württemberg.
Neben der Vielzahl sowie unterschiedlichen Größe und Leistungsfähigkeit der Bundesländer zwingen tatsächliche oder hausgemachte Landesspezifika zu einem hohen Abstimmungsaufwand und bergen systembedingt ein hohes Konfliktpotenzial in sich. Hinzu kommen unterschiedliche Landesvorgaben wie die Richtlinien und Standards des Landessystemkonzepts in Baden-Württemberg oder Vorgaben des FM. Der Software-Verbund arbeitet insgesamt nach dem Geleitzugprinzip, der Letzte bestimmt das Tempo. Hierin liegen die Ursachen für technisch veraltete und nicht medienbruchfreie DV-Verfahren.
Die Arbeitsteilung ist zwar generell ein vernünftiger Ansatz, ihre praktische Umsetzung wirft aber eine Reihe von Problemen auf, die im Ergebnis zu einer teilweise nicht immer zeitgemäßen und auch teuren DV geführt haben. 16 Softwareentwicklungsstellen in den Ländern und zusätzlich im Statistischen Bundesamt sowie 16 Rechenzentren für die amtliche Statistik sind nicht notwendig.
Die Rechnungshöfe des Bundes und der Länder diskutieren z.Z. verschiedene Bündelungsmodelle für Software-Entwicklung und RZ-Betrieb und wollen einen abgestimmten Vorschlag erarbeiten. Die Überlegungen könnten auf ein „Outsourcing“ an ein oder wenige staatliche Kompetenzzentren hinauslaufen. Dabei wird der Föderalismus nicht in Frage gestellt. Softwareentwicklung und RZ-Betrieb sind Dienstleistungen ohne sachentscheidenden Charakter, die unter Berücksichtung von Datenschutz und sicherheit auch andere Stellen erbringen dürfen. Im Übrigen findet eine so gestaltete Zusammenarbeit bereits statt, wenn auch in zu geringem Umfang: Die Statistik zur Finanzgerichtsbarkeit lässt Baden-Württemberg von Nordrhein-Westfalen produzieren. Die Computerprogramme für die Statistiken nach dem Finanz und Personalstatistikgesetz hat Brandenburg auf neuer Softwaretechnologie für alle Länder entwickelt. Dieses Land ist insoweit auch bereit, die Produktion und die Datenhaltung für alle Länder zu übernehmen. Als Träger- und Verbindungsmedium verwendet es hierzu das moderne Testa-Daten-Netz des Bundes.
2.8 Statistische Informationssysteme
Das StaLa betreibt das Landesinformationssystem (LIS) als Online-Informationssystem und entwickelt zusammen mit anderen Bundesländern ein weiteres:
- Das LIS wurde bereits 1980 als Online-Datenbank eingerichtet und später auch über das LVN zugänglich gemacht. Es erlaubt über Tabellen eine Vielzahl vordefinierter Abfragen. Seine Einrichtung war damals fortschrittlich, seine Umsetzung technisch zeitgemäß. Die technische Entwicklung ist allerdings über dieses System hinweggegangen, ohne dass es angepasst wurde. Als sog. Expertensystem ist es für einen breiten Einsatz weniger geeignet.
- Deshalb bietet das StaLa einen Teil der Informationen aus dem LIS auch über das Internet für jedermann an. Im Jahr 2001 wurden monatlich 60.000 Recherchen registriert.
- Außerdem wird schon seit über zehn Jahren mit sehr hohem Aufwand an einem weiteren Informationssystem mit dem Namen Genesis gearbeitet; allein in Baden-Württemberg sind bis Juni 2001 1,64 Mio. € Projektkosten aufgelaufen. Die Anschubfinanzierung für eine Machbarkeitsstudie hat Baden-Württemberg übernommen. Weitere Fremdleistungen wurden teilweise durch die EU finanziert. Die statistischen Ämter sahen nach der Wiedervereinigung die - wie sie schreiben - einmalige Chance ein gemeinsames neues Informationssystem zu schaffen. Dieses ist aber immer noch nicht einsatzfähig. Der enorme technische Fortschritt in den vergangenen zehn Jahren hat das Konzept längst überholt. Von Internetzugang und browserbasierten Zugriffen war damals noch nicht die Rede. Technisch gesehen ist das System ein Data-Ware-House, für dessen Funktionen es zwischenzeitlich längst Software am Markt zu kaufen gibt. Das Produkt ist also schon vor Fertigstellung technisch überholt, kein Projektziel ist bisher erreicht, kein Termin und kein Kostenrahmen sind eingehalten worden. Für dieses unbefriedigende Ergebnis muss letztlich niemand die Verantwortung übernehmen. Es erscheint nicht mehr zeitgemäß, Software zur Datenhaltung und -auswertung selbst zu entwickeln. Auch insoweit hat sich der Markt geändert. Deshalb sollte an Hand einer aktuellen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung über den Fortbestand dieses Vorhabens entschieden werden.
2.9 E-Statistik
Trotz verschiedener Aktivitäten hat das Internet bisher als Medium zur Datenerhebung und -übertragung nur geringe Bedeutung erlangt. Nur wenige Prozent der Daten werden über das Internet bzw. mit Hilfe von Browsertechnologien über das LVN angeliefert. Das StaLa teilte hierzu mit, dass „.. die Datenlieferung über Internet (jetzt) auf breiter Front vorbereitet und der Aufbau der hierfür erforderlichen Infrastruktur im Jahre 2002 angegangen werde“.
Fraglich scheint, ob das von den statistischen Ämtern als Einstieg definierte Ziel, Daten direkt aus den betrieblichen Systemen der Unternehmen zu gewinnen, in überschaubarer Zeit umsetzbar sein wird. Abgesehen davon, dass die Wirtschaft wohl kaum Interesse an einem unmittelbaren Zugriff des Staates auf ihre operativen DV-Systeme haben wird, weichen die statistische und die unternehmensinterne Begriffswelt deutlich voneinander ab.
Erfolgversprechender scheint zunächst schwerpunktmäßig die Datenerhebung über das LVN oder das Internet bei Einrichtungen des öffentlichen Dienstes zu sein. Durch medienbruchfreien Zugriff der Statistik auf qualitativ hochwertige statistiktaugliche Verwaltungsdaten können Rationalisierungspotentiale erschlossen werden, vor allem wenn in der Gestaltung neuer Verwaltungsverfahren die Interessen der Statistik eingebracht und die Daten automatisch weitergeleitet werden.
2.10 Nichtstatistische Aufgaben, Firewallbetrieb
Dem StaLa ist neben seinen eigentlichen Aufgaben auch der Firewallbetrieb zur Abschottung der Datennetze aller Dienststellen der Finanzverwaltung übertragen. Dessen ungeachtet betreibt auch das ZfI bei der OFD Stuttgart eine Firewall. Daneben bietet diese Dienstleistungen aber auch das ZKD landesweit an.
Da es sich hier um typische zentralisierbare Aufgaben handelt, hat der RH gefordert, die wirtschaftlichste Lösung durch eine Untersuchung zu ermitteln.
2.11 Zentrale Datenerfassungsstelle
Das StaLa vergibt Datenerfassungsarbeiten an private Auftragnehmer und unterhält auch noch eine zentrale Datenerfassungsstelle (DEST), in der zum Jahresende 2000 zwölf Personen im Umfang von 10,85 Personalstellen eingesetzt waren.
Ein Kostenvergleich zeigt, dass die privaten Servicebüros bezogen auf 1.000 Tastenanschläge erheblich günstiger arbeiten als das eigene Personal. Deshalb, und weil das zu erfassende Datenaufkommen mit Zunahme der Dialogsachbearbeitung und des elektronischen Datenaustausches weiter zurück geht, hat der RH die Auflösung der DEST empfohlen. Das Personal sollte sozialverträglich abgebaut werden, die Stellen sind zu streichen.
3 Zusammenfassung
Die DV ist insgesamt gekennzeichnet durch noch nicht vollständige Nutzung der heutigen technischen Möglichkeiten insbesondere bei der Datenerhebung (Online) und der Bearbeitung (medienbruchfreie Prozessketten). Daten werden von den Berichtsstellen immer noch mehr als nötig per Papier angeliefert. Aktivitäten des StaLa, diesen Zustand zu ändern, sind zwar feststellbar, sie müssen aber intensiviert werden. Sogar bei Statistiken, bei denen die Daten von Behörden kommen, die öffentliche Hand also vollständig Herr des Verfahrens ist, kommt ein elektronischer Datenaustausch nur langsam in Gang.
Der Ausschuss „Organisationsfragen“ der Statistischen Ämter hat in einer Analyse vom März 2001 die IuK-Situation zutreffend beschrieben: „Die nicht den qualitativen Anforderungen der Statistik entsprechenden Datenlieferungen haben u.a. ihre Ursache in der unzureichenden Integration von Statistikdaten in operative Systeme der Datenlieferanten. Die Verarbeitung der regelmäßig in die Statistischen Ämter einfließenden großen Datenmengen erfolgt heute noch überwiegend in nicht ganzheitlichen und medienbruchfreien Prozessketten. Die Verbreitung statistischer Informationen erfolgt noch überwiegend auf Print-Medien und auf Standard-Datenträgern. Die DV-Systeme bieten wenig Hilfe bei der Suche und Ablage von Dokumenten, Dokumenten- und Workflowmanagementsysteme sind wenig verbreitet.“
Dieser noch nicht befriedigenden Situation ist durch gemeinsame Anstrengungen des Bundes und der Länder entgegenzuwirken. Die Rechnungshöfe bieten dabei Unterstützung im Rahmen ihrer Möglichkeiten an.
In der Verbesserung der DV-technischen Möglichkeiten sehen die Rechnungshöfe generell einen Schlüssel zur Erhöhung der Wirtschaftlichkeit der staatlichen Statistik insgesamt und zur Verringerung des Aufwandes bei den Datenlieferanten. Um diesem Ziel bald näher zu kommen, ist die Projektarbeit noch methodischer anzugehen und muss einen höheren Stellenwert bekommen („Chefsache“).
4 Stellungnahmen
Das FM und das StaLa verstehen die Anregungen und Vorschläge des RH zur Verbesserung der DV-technischen Möglichkeiten vor allem als Unterstützung für die eigenen Vorhaben und Vorstellungen. Sie begrüßen das Angebot der Rechnungshöfe, die Statistischen Ämter bei den künftigen schwierigen Modernisierungsprozessen zu unterstützen. Denn der zügige Ausbau der IuK sei in der Tat ein wesentlicher Schlüssel zur weiteren Rationalisierung und Verbesserung der Wirtschaftlichkeit sowie der Steigerung der Dienstleistungsqualität gegenüber den Datenlieferanten und Kunden der Amtlichen Statistik.
Den Vorwurf, die Rechnerverlegung sei nur mit wenig Nachdruck betrieben worden und bisher unwirtschaftlich, versucht das Ministerium zu widerlegen. Ein stufenweises Vorgehen sei von Anfang an geplant und ein anderes Vorgehen wäre „ablauftechnisch fahrlässig“ gewesen. Auch seien die Kosten für die Datenleitung „durch die Umsetzung von etwa fünf Mitarbeitern in im StaLa neuhinzugekommene Aufgabengebiete kompensiert worden“.
Das StaLa sagt zu, die Datenleitung bis Ende des Jahres 2002 wieder abzubauen und eine Personalstelle einzusparen.
Sein Datenspeicher- und Löschkonzept will das StaLa wie vom RH verlangt überarbeiten. Auch strebe die Finanzverwaltung mittelfristig an, die Datenhaltung und die Anwendungen zu zentralisieren. Der „Verlagerung des Großdruckerbereiches in das ZfI steht das Ministerium positiv gegenüber“ und stimmt der Meinung zu, dass die Papierausdrucke weiter reduziert werden können.
Die organisatorischen Voraussetzungen zur Bündelung von Beschaffungsmaßnahmen und zur Schaffung einer stärker ausgeprägten Auftraggeber-Auftragnehmerbeziehung zwischen der IuK und den Fachabteilungen seien zwischenzeitlich geschaffen worden.
Die Auffassung des RH, wonach eine zentrale Ansiedelung der Betreuungsfunktionalität in einem sog. User-Help-Desk wirtschaftlicher ist, teilt das FM, sagt aber nicht, bis wann es die dazu nötigen Umsetzungsmaßnahmen anordnen wird.
Auch das StaLa beklage die Heterogenität der Softwarelandschaft. Es sei allerdings nicht möglich, mit der vorhandenen Personalkapazität alle Anwendungen zeitnah auf den aktuellen Stand der Technik zu bringen, zumal die Zuständigkeiten für die Weiterentwicklung auf 16 Landesämter und das Bundesamt verteilt seien. Durch die dem Amt vorgegebenen Rahmenbedingungen (z.B. Vorgaben aus dem Statistikverbund bzw. des Landessystemkonzepts) und die Notwendigkeit zur Pflege älterer Anwendungen seien die Chancen einer kurzfristigen Reduzierung der Softwarevielfalt gering. Das StaLa baue aber mit der Neuorganisation des IuK-Bereichs und dem Projekt „Auftrags- und Ressourcenmanagement“ verschiedene Defizite ab.
Die Ausführungen des RH zur Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern bezeichnet das FM als insgesamt zutreffend. Überlegungen zur Bildung von Kompetenzzentren würden derzeit im Statistischen Verbund verstärkt diskutiert.
Das Genesis-Projekt teile das Schicksal vieler Großprojekte mit zu langer Entwicklungszeit, sei aber im Gegensatz zu anderen nunmehr kurz vor dem Ziel. Die vom RH verlangte Wirtschaftlichkeitsuntersuchung kurz vor dem betrieblichen Einsatz von Genesis sei unrealistisch und unwirtschaftlich. Allerdings werde sich das Amt an der Weiterentwicklung nicht mehr beteiligen, sodass bis auf Restarbeiten für Baden-Württemberg keine weiteren Entwicklungskosten mehr entstünden.
Zwar habe das Internet als Erhebungsweg für statistische Daten bisher in Deutschland tatsächlich nur geringe Bedeutung erlangt, jedoch sei hier mit starken Wachstumsraten zu rechnen, sobald die Statistischen Ämter diese Meldemöglichkeit auf breiter Basis eingeführt haben. Schließlich handele es sich hier um einen auch politisch gewollten Prozess (e-Government im Bund, e-Bürgerdienste in BW).
Die Datenübermittlung durch Einrichtungen des öffentlichen Dienstes über das LVN erfolge bereits „auf breiter Front“, z.B. über die regionalen Rechenzentren. Die Qualität der Verwaltungsdaten lasse aber häufig zu wünschen übrig, da diese nicht primär für statistische Zwecke gedacht seien. Das StaLa werde sich weiterhin aktiv bemühen, die medienbruchfreie Datenübermittlung voranzubringen und die Berücksichtigung statistischer Belange bei Verwaltungsverfahren zu verstärken.
Seine zentrale Datenerfassungsstelle habe das StaLa von 23 Personen im Jahr 1993 auf inzwischen nur noch acht Personen abgebaut. Diesen Abbau wolle es durch Ausnutzung der natürlichen Fluktuation sozialverträglich fortführen.
Im Übrigen seien die Ursachen bekannt, dass Behörden generell große Probleme haben, mit den programmtechnischen Möglichkeiten Schritt zu halten: Entsprechend qualifiziertes Personal sei mit den Gehältern des öffentlichen Dienstes praktisch nicht zu gewinnen, und ein relativ hoher Anteil älterer IuK-Mitarbeiter könne aus bekannten Gründen für neue Techniken nur begrenzt eingesetzt werden.
5 Schlussbemerkung
Die Stellungnahme zeigt, dass das Ministerium und das Landesamt die IuK-Defizite richtig einschätzen und Anstrengungen zur Verbesserung der Situation unternehmen. Gegen die Lösungsansätze hat der RH keine grundsätzlichen Einwände. Allerdings ist die Umsetzung zu zähflüssig, wie hier an dem Landesprojekt RZ-Integration mit über fünf Jahren Laufzeit und dem Bundesprojekt Genesis mit sogar über 10 Jahren Laufzeit sichtbar gemacht wurde.
Eine Projektdauer von fünf Jahren für die Aufgabe „Rechnerintegration“ ist trotz aller verständlicher Sachzwänge unangemessen lang. Sie hat im Ergebnis nicht nur Mehraufwand verursacht, sondern auch - weil es sich um eine Teilintegration handelt - den Betriebsablauf in der IuK-Abteilung des StaLa erschwert. Mehrkosten wurden keineswegs kompensiert. Da kein Personal abgebaut wurde, hat der Mehrbetrag den Landeshaushalt zusätzlich belastet. Auch überrascht es, dass das Großrechenzentrum Zfl anlässlich der Verlagerung auch eine Rechnererweiterung für nötig hielt, es aber andererseits auch fünf Jahre später noch nicht geschafft hat, Softwarelizenzen durch Zusammenführung von Betriebssystemen und systemnaher Software zurückzuführen.
Das StaLa muss trotz mühsamer und langwieriger Abstimmprozesse mit den Datenlieferanten und trotz des komplexen föderativen Systems der Amtlichen Statistik in Deutschland seine Anstrengungen zur Effizienzsteigerung seiner IuK weiter erhöhen. Nicht nur die Statistikgenauigkeit darf als Führungsaufgabe verstanden werden, sondern auch die Wirtschaftlichkeit.
Eine Bündelung (zumindest der bundeseinheitlichen) Softwareentwicklung in einem oder wenigen Kompetenzzentren wäre ein Weg, die Abstimm- und Schnittstellenproblematik zu reduzieren und die Effizienz der IuK und damit der amtlichen Statistik insgesamt zu erhöhen. Das FM ist aufgerufen, die notwendigen Schritte in den entsprechenden Gremien auf Länder- und Bundesebene einzuleiten.