Einsatz der Lehrerdeputate an Gymnasien [Beitrag Nr. 12]

Für die Unterrichtsversorgung an den Gymnasien können personelle Reserven verfügbar gemacht werden. Der Rechnungshof zeigt Möglichkeiten auf, einen effizienteren Personaleinsatz für den Unterricht zu erreichen.

1 Vorbemerkung

Der RH hat im Bereich der allgemein bildenden Gymnasien untersucht, ob zwischen dem von den Lehrkräften stundenplanmäßig zu erteilenden Unterricht (Unterrichts-Soll) und dem während des gesamten Schuljahres tatsächlich gehaltenen Unterricht (Unterrichts-Ist) eine relevante Differenz besteht und ggf. auf welchen Umständen diese beruht. Denn die von der einzelnen Lehrkraft tatsächlich gehaltenen Unterrichtsstunden werden bisher weder umfassend noch systematisch dokumentiert. Daher gibt es keine zuverlässige Information darüber, in welchem Umfang sowie aus welchen Gründen der tatsächlich erbrachte Unterricht von den Sollwerten abweicht. Mit der Untersuchung sollten also Erkenntnisse darüber gewonnen werden, inwieweit die verfügbaren Deputate erfüllt und somit die Personalressourcen für die Unterrichtserteilung tatsächlich genutzt werden; es ging nicht um Feststellungen zum Umfang des Unterrichtsausfalls aus Sicht der Schüler.

2 Ausgangslage

2.1 Soll und Ist der Unterrichtserteilung

Den Schulen werden für den Unterricht schuljahresweise Lehrerwochenstunden als Personalressource zugewiesen. Grundlage hierfür sind die Stundentafel sowie die Anzahl der zu bildenden Klassen und Kurse.

Ausgehend von dieser auf Basis einer Soll-Berechnung zugewiesenen Personalressource werden die für die Erteilung des stundenplanmäßig vorgesehenen Unterrichts erforderlichen Lehrerwochenstunden auf die einzelnen verfügbaren Lehrkräfte verteilt (Lehrauftragsverteilung). Die Verteilung richtet sich nach der individuellen Unterrichtsverpflichtung jeder Lehrerkraft, die sich nach dem Regelstundenmaß - ggf. vermindert um Ermäßigungen, Anrechnungen, Arbeitsbefreiungen und Freistellungen und ggf. nach dem Umfang einer Teilzeitbeschäftigung - bestimmt. Inwieweit der so festgelegte Lehrauftrag von der einzelnen Lehrkraft im Laufe des Schuljahres tatsächlich erfüllt wird, ist bisher grundsätzlich nicht von Bedeutung. Für die Beurteilung der Effizienz des Personaleinsatzes an Schulen ist jedoch nicht von dieser Soll-Größe des Lehrauftrags, sondern vom tatsächlich erteilten Unterricht auszugehen.

In Baden-Württemberg gibt es rd. 4.170 öffentliche Schulen, verteilt auf elf Schularten. Um in einem überschaubaren Zeitraum erste Ergebnisse zu erlangen, wurde die Untersuchung von vornherein auf eine hinreichend aussagekräftige Stichprobe im Bereich der allgemein bildenden Gymnasien und auf ein Schuljahr - das Schuljahr 1999/2000 - beschränkt. In die Erhebung wurden 18 Gymnasien einbezogen; dies entspricht etwa 5 % der insgesamt 370 Gymnasien.

Wesentliche Grundlage der Feststellungen waren die Klassen- und Kurstagebücher sowie Informationsgespräche mit den Schulleitungen, einem Oberschulamt und dem KM. Insgesamt hat der RH 1.314 Tagebücher mit rd. 600.000 Eintragungen ausgewertet.

Die Feststellungen sollten dazu dienen, Überlegungen für einen effizienteren Lehrkräfteeinsatz anzustoßen und Hinweise für mögliche Änderungen, insbesondere für eine bessere Steuerung zu geben. Es war keinesfalls angestrebt, einen Nachweis darüber zu führen, dass Lehrer „zu wenig arbeiten“; es ging auch nicht darum, etwa eine Erhöhung der Pflichtstunden zu fordern und hierfür die Begründung zu suchen. Ebenso wenig dient die Untersuchung der Ermittlung, Bewertung und Bemessung der gesamten Arbeitszeit von Lehrkräften an Schulen.

2.2 Rechtliche Aspekte der Lehrerarbeitszeit

Die Regelung der Arbeitszeit der beamteten Lehrkräfte an den staatlichen Schulen ist eingebettet in die allgemeine Regelung der Arbeitszeit der Beamten des Landes. Nach § 19 AZVO wird die Arbeitszeit der Lehrkräfte wegen der Besonderheiten ihrer Aufgabenstellung in Form einer Unterrichtsverpflichtung „im Rahmen der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit“ (von 40 Stunden oder rd. 1.750 Stunden im Jahr) konkretisiert.

Der Normgeber ist bisher davon ausgegangen, dass die Konkretisierung der Arbeitszeit bei Lehrkräften durch Festlegung in Unterrichtsstunden als Pflichtstundendeputat allein sachgerecht sei. Denn die mit dem Unterricht zusammenhängenden Arbeiten, wie Vor- und Nachbereitung, Korrekturen usw., sowie die sonstigen Aufgaben einer Lehrkraft, wie Dienstbesprechungen, Elternabende, Schulfestvorbereitungen würden je nach der subjektiven Leistungsfähigkeit und Bereitschaft der Lehrkraft einen völlig unterschiedlichen Zeitaufwand mit sich bringen. Dieser könne nicht einheitlich und verbindlich für alle standardisiert festgelegt werden. Da nur der Unterricht zeitlich wie inhaltlich hinreichend bestimmt ist, muss davon ausgegangen werden, dass die übrige zur Verfügung stehende Arbeitszeit eine variable Größe ist, die sich bis zur Höhe der regelmäßigen Arbeitszeit für Landesbeamte entsprechend dem Unterrichtsvolumen anpasst.

Ebenso wie auch sonst von den übrigen Beamten verlangt wird, dass sie das ihnen zugewiesene Arbeitspensum in der vorgegebenen Arbeitszeit erledigen, ist es grundsätzlich Sache der Lehrkraft, sich ihre nicht exakt messbare Arbeit außerhalb des Unterrichts so einzuteilen, dass die durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 40 Stunden nicht überschritten wird.

Einen Ausgleich für konkrete Mehrbelastungen der Lehrkräfte sehen die Arbeitszeitregelungen für Lehrkräfte in einer Vielzahl von Fällen durch Minderungen des Unterrichtdeputats vor, die auf Grund objektiver Erfahrungswerte in pauschalierter Form festgelegt sind. Dabei geht es zum einen um die Wahrnehmung von Funktionen in der Schulleitung, in der Koordinierung von Fächern, in der Schulaufsicht, als Vertrauenslehrer usw. und zum anderen um bestimmte, einen besonderen Arbeitsaufwand mit sich bringende Sonderfaktoren (Stundenpool).

3 Feststellungen

3.1 Allgemeines

3.1.1 Vorlage der Tagebücher

Die 18 in die Untersuchung einbezogenen Gymnasien legten dem RH insgesamt 450 Klassen- und Sondertagebücher sowie 864 Kurstagebücher vor. Dies waren allerdings nicht alle im Schuljahr 1999/2000 von den Schulen geführten Tagebücher. So fehlten häufig Sondertagebücher für die Fächer Sport, Religion und Fremdsprachen. Auch wurden Kurstagebücher deshalb nicht vorgelegt, weil sie schuljahrübergreifend geführt wurden und deshalb nicht entbehrlich waren. Allerdings wurden Lücken beispielsweise auch damit begründet, dass die Tagebücher nicht auffindbar seien oder sich noch im Besitz der Kurslehrer befänden.

3.1.2 Führung der Klassen- und Kurstagebücher

Bei der Auswertung der Tagebücher zeigte sich, dass diese von Schule zu Schule, aber auch innerhalb derselben Schule auf sehr unterschiedliche Weise geführt werden. So wurde in den ausgewerteten Klassen- und Kurstagebüchern nicht gehaltener Unterricht in den folgenden Alternativformen dargestellt:

  • Kein Eintrag, obwohl planmäßiger Unterricht hätte stattfinden müssen.
  • Unspezifische Hinweise, wie „unterrichtsfrei, fehl, Ausfall“, dass planmäßiger Unterricht nicht erteilt wurde.
  • Eintrag mit Angabe des Grundes, weshalb Unterricht nicht stattgefunden hat.

Im Übrigen war in Einzelfällen nicht immer eindeutig das Unterrichtsfach, die unterrichtende Lehrkraft oder der Unterrichtsgegenstand zu erkennen, oder es ergaben sich Unsicherheiten, ob der gültige Klassenstundenplan - ggf. mit Änderungen - korrekt eingetragen war (Klassenunterrichts-Soll).

Außerunterrichtliche dienstliche Tätigkeiten als Grund für nicht gehaltenen Unterricht sind - wenn überhaupt - nur z.T. den Tagebucheintragungen zu entnehmen. Insbesondere bei außerunterrichtlichen Veranstaltungen ließ sich nicht erkennen, welche Lehrkräfte dort aktiv eingebunden waren.

Hierzu ist anzumerken, dass nach der VwV über die Führung der Klassen- und Kurstagebücher zwar das unterrichtliche Geschehen zu dokumentieren ist, allerdings ist nicht ausdrücklich vorgeschrieben, auch die Unterrichtsausfälle unter Angabe der Gründe einschließlich außerunterrichtlicher dienstlicher Tätigkeiten der Lehrkräfte festzuhalten.

3.1.3 Validität der Daten

Die Schulleitungen führen verschiedene Listen und Dateien über den Lehrereinsatz (z.B. Abwesenheitsblätter, Aufzeichnungen über den Vertretungseinsatz, die außerunterrichtlichen Aktivitäten und die sonstigen schulischen Veranstaltungen). Diese Datensammlungen sind indes nicht integriert und ermöglichen so nur eine punktuelle Informationsgewinnung. Außerdem werden sie - soweit überhaupt vorhanden - von Schule zu Schule unterschiedlich geführt. Insbesondere kann aus diesen Unterlagen nicht ohne Weiteres festgestellt werden, wie viele Unterrichtsstunden eine bestimmte Lehrkraft tatsächlich gehalten hat. Die Klassen- und Kurstagebücher sind deshalb die einzigen verfügbaren, bei allen Schulen grundsätzlich in gleicher Form vorliegenden Unterlagen, aus denen sich die tatsächliche Unterrichtserteilung insgesamt entnehmen lässt.

Ungeachtet gewisser Unzulänglichkeiten der Dokumentation und gewisser Auswertungsprobleme stellen die den vorgelegten Tagebüchern entnommenen Daten nach Überzeugung des RH eine hinreichend zuverlässige Grundlage für die Ermittlung des tatsächlich gehaltenen Unterrichts dar.

Die vorgefundenen Angaben über die Gründe der Nichterteilung des Unterrichts wurden vollständig nach Kategorien erfasst und quantifiziert. Von einer personenbezogenen Auswertung wurde grundsätzlich abgesehen. Der RH hat sich auch nicht inhaltlich mit den Gründen auseinandergesetzt.

3.2 Gründe für nicht erteilten Unterricht

3.2.1 Kategorien

Überwiegend sind in den vorgelegten Tagebüchern Gründe dafür angegeben, dass kein Unterricht stattfand. Die dokumentierten Gründe wurden vollständig in den nachfolgenden Kategorien zusammengefasst.

3.2.2 Die einzelnen Kategorien

Kategorie: Abitur

Im Schuljahr 1999/2000 wurden die schriftlichen Abiturprüfungen vom 03.04. bis 13.04.2000, die mündlichen Prüfungen zwischen dem 20.06. und 30.06.2000 durchgeführt. Zur Vorbereitung auf die schriftlichen Prüfungen hatten die Abiturienten in der Woche vom 27.03. bis 31.03.2000 keinen Pflichtunterricht. Der planmäßige Unterricht für die Abiturienten endete mit Beginn der Pfingstferien am 29.05.2000.

Häufig fiel wegen der Abiturprüfung auch Unterricht in anderen Klassenstufen aus. Beispielsweise wurden für die Prüfungen mehrere Klassenräume benötigt, in denen dann der reguläre Unterricht nicht stattfinden konnte, oder der Unterrichtsbetrieb wurde für die gesamte Schule ganztägig eingestellt. Nicht alle Lehrkräfte, die deshalb keinen Unterricht erteilen mussten, wurden im Rahmen der Abiturprüfung eingesetzt. Außerdem wurde einzelnen Lehrern für die Korrektur von Abiturarbeiten anderer Gymnasien ein zeitlicher Ausgleich in Form von Korrekturtagen oder Korrekturstunden gewährt.

Wegen der Abiturprüfung (einschließlich Vorbereitung) wurden in allen Klassenstufen 6.276 Unterrichtsstunden nicht gehalten. Außerdem hatten die Kurslehrer der Klassenstufe 13 wegen Beendigung des regulären Unterrichts für die Abiturienten ab den Pfingstferien 6.631 Unterrichtsstunden nicht zu leisten. Insgesamt ergab sich somit an den 18 untersuchten Schulen ein Umfang von 12.907 Unterrichtsstunden, die wegen des Abiturs nicht erteilt wurden.

Kategorie: Abi-Streich

Seit vielen Jahren gibt es an den Gymnasien den sog. Abi-Streich, der zum Ausfall von Unterrichtsstunden an einem regulären Schultag führt. An den Aktionen waren bisher die meisten Schüler und Lehrkräfte der Einrichtung beteiligt. Wegen des Abi-Streichs fielen an den untersuchten Schulen mindestens zwei Unterrichtsstunden je Klasse aus. Einige Gymnasien verwandten hierfür einen ganzen Unterrichtstag. An einer Schule, die selbst noch keine 13. Jahrgangsstufe hatte, wurden allen Schülern die ersten drei Unterrichtsstunden freigegeben, um am Abi-Streich einer benachbarten Schule teilzunehmen. Auf Grund des Abi-Streichs wurden an den untersuchten Gymnasien 1.226 Unterrichtsstunden nicht erteilt.

Kategorie: Wandertag, Studienfahrt, Schullandheim

In jedem Schuljahr sind ein bis zwei Wandertage für alle Jahrgangsstufen, ein einwöchiger Schullandheimaufenthalt in der Mittelstufe sowie eine Studienfahrt von einer Woche in der Oberstufe vorgesehen. Diese Veranstaltungen wurden in der Regel auch von den untersuchten Gymnasien durchgeführt. Die Aufenthalte im Schullandheim und die Studienfahrten wurden gewöhnlich von ein bis zwei Lehrkräften betreut bzw. durchgeführt; für die übrigen Lehrkräfte entfiel der Unterricht in den teilnehmenden Klassen während deren Abwesenheit. Auch während der Wandertage konnten nicht teilnehmende Lehrer den stundenplanmäßigen Unterricht nicht erteilen. Während der Veranstaltungen konnten an den untersuchten Gymnasien aus den hier genannten Gründen 10.701 Unterrichtsstunden nicht gehalten werden.

Kategorie: Lehrerausflug

Die Schulen dürfen einmal jährlich einen Lehrerausflug durchführen. Hierfür können sie nach der einschlägigen VwV ihre Lehrkräfte, die an diesem Tag Unterricht zu erteilen haben, ab der fünften Stunde freistellen. Wegen des Lehrerausflugs wurden an den 18 Gymnasien 721 Unterrichtsstunden nicht gehalten.

Kategorie: Vorzeitiger Schulschluss vor Ferienbeginn

Am letzten Unterrichtstag vor den Weihnachts- und Sommerferien endete der Unterricht an allen untersuchten Gymnasien einheitlich ab der fünften Unterrichtsstunde. Aus diesem Grund wurden insgesamt 1.856 Unterrichtsstunden von den entsprechenden Lehrkräften nicht gehalten.

Kategorie: Gottesdienst während der regulären Unterrichtszeit

Den Schulen wird empfohlen, zu Beginn und Ende eines Schuljahres, vor oder nach größeren Ferienabschnitten sowie am Buß- und Bettag Schulgottesdienste anzubieten. Die Teilnahme für Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler ist freiwillig. Die Schüler werden hierzu vom Unterricht beurlaubt. Wegen der Schulgottesdienste sind an den 18 Gymnasien 999 Unterrichtsstunden nicht erteilt worden.

Kategorie: Hitzefrei

„Hitzefrei“ bedeutet, dass die Schulleitung für die Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 5 bis 11 bei belastenden sommerlichen Witterungsbedingungen (Hitze) ein früheres als das stundenplanmäßige Unterrichtsende anordnet und ggf. Nachmittagsunterricht ausfallen lässt; für die Jahrgangsstufen 12 und 13 wird grundsätzlich kein „Hitzefrei“ gegeben. Die untersuchten Gymnasien haben im Schuljahr 1999/2000 nur selten „Hitzefrei“ gewährt; an einem Gymnasium ist jedoch Unterricht wegen „nachgeholtem Hitzefrei“ ausgefallen. Insgesamt sind an den 18 Gymnasien 708 Stunden wegen „Hitzefrei“ nicht gehalten worden.

Kategorie: Klausur in einem anderen Fach

In der Klassenstufe 10 werden zentral gestellte Klassenarbeiten in den Fächern Mathematik, Deutsch und Englisch geschrieben. Hierfür werden z.T. auch Unterrichtsstunden verwendet, in denen planmäßig anderer Unterricht vorgesehen war. Mehrstündige Klassenarbeiten sind auch in den Jahrgangsstufen 12 und 13 zu leisten. Auch hier werden ggf. für andere Kurse vorgesehene Unterrichtsstunden beansprucht. An den untersuchten Schulen wurden 419 aus diesen Gründen nicht erbrachte Unterrichtsstunden dokumentiert.

Kategorie: Konferenz

Konferenzen an den untersuchten Gymnasien fanden zwar grundsätzlich nachmittags statt, und zwar vorrangig an Wochentagen mit möglichst wenig Nachmittagsunterricht; dennoch fielen einzelne Konferenzen auch in die Unterrichtszeit. Gelegentlich wechselten einzelne Gymnasien während des Schuljahres gezielt den Konferenz-Wochentag, um nicht stets die gleichen Unterrichtsstunden wegfallen zu lassen. Wegen dieser Veranstaltungen wurden an den untersuchten Schulen 1.502 Unterrichtsstunden nicht erteilt.

Kategorie: Schuljahresbeginn

Die 18 Gymnasien nutzten den ersten Schultag nach den Sommerferien weitestgehend zur Organisation und Vorbereitung des Unterrichts im bevorstehenden Schuljahr. Meistens begannen sie mit einer ein- bis zweistündigen Lehrerkonferenz, in der u.a. dem Kollegium die Lehrauftragsverteilung bekannt gegeben und weitere unterrichtsorganisatorische Fragen besprochen wurden. Danach begaben sich die Klassenlehrer in ihre Klassen und informierten die Schüler über die neuen Stundenpläne und besprachen andere schulische Angelegenheiten. Ab der fünften Stunde endete dann überwiegend der Unterricht. Schüler, die von der Grundschule auf das Gymnasium wechselten, wurden entweder am Nachmittag des ersten Schultages oder an den beiden folgenden Schultagen aufgenommen. Erst danach begann für diese Klassenstufe der planmäßige Unterricht. Im Zusammenhang mit dem Schuljahresbeginn wurden an den betrachteten Schulen 1.530 planmäßige Unterrichtsstunden nicht gegeben.

Kategorie: Berufserkundung

Die Schüler der Klassenstufe 10 oder 11 des Gymnasiums können an einer einwöchigen Berufserkundung teilnehmen. Dabei erkunden sie in Wirtschaftsunternehmen, Verwaltungsbehörden, Sozial- oder Bildungseinrichtungen sowie bei freiberuflich Tätigen deren Berufe und Umfeld. Während dieser Woche findet für diese Klassen kein Unterricht statt. Schüler, welche an der Berufserkundung nicht teilnehmen, werden entweder zu einer Klasse zusammengefasst oder anderen Klassen zugeordnet. Die teilnehmenden Schüler werden von Lehrkräften betreut, die dafür meist Anrechnungsstunden erhalten. Für die übrigen in diesen Klassen unterrichtenden Lehrer entfällt der Unterricht. An den 18 Gymnasien wurden im Schuljahr 1999/2000 wegen Berufserkundung insgesamt 1.139 Unterrichtsstunden nicht erteilt.

Kategorie: Sporttag

Die untersuchten Gymnasien gestalteten ihren Sporttag in unterschiedlicher Form. Manche hielten einen Wintersporttag ab, andere ein sommerliches Sportevent. Alle Sportlehrer der Schule sowie viele andere Lehrkräfte waren an der Planung und Durchführung dieser Veranstaltungen beteiligt. Wegen der Sporttage wurden an den untersuchten Gymnasien 1.773 Unterrichtsstunden nicht gehalten.

3.3 Nicht zuordenbare Unterrichtsstunden

Die Gründe für die Nichterteilung von stundenplanmäßig vorgesehenem Unterricht waren vielfach nicht konkret dokumentiert und wurden deshalb als „nicht zuordenbar“ erfasst. Insgesamt konnten 29.400 Unterrichtsstunden nicht zugeordnet werden, weil die entsprechenden Einträge fehlten oder der Unterricht wegen Krankheit bzw. Fortbildung der Lehrkräfte ausgefallen war.

3.4 Gesamtergebnis

Die Auswertung der 1.314 Klassen- und Kurstagebücher hat insgesamt 64.881 stundenplanmäßige Unterrichtsstunden ergeben, für die keine Unterrichtserteilung dokumentiert war; der RH geht davon aus, dass nicht unterrichtet wurde. Dass Eintragungen über gehaltenen Unterricht vergessen wurden, dürfte sich auf wenige Ausnahmefälle beschränken und ist deshalb zu vernachlässigen. Die 64.881 Unterrichtsstunden entsprechen einem Anteil von 13,2 % des erhobenen Unterrichts-Solls von 491.682 Unterrichtsstunden. Von den 64.881 Unterrichtsstunden konnten 35.481 den genannten Kategorien eindeutig zugeordnet werden, 29.400 Unterrichtsstunden nicht.

Aus in den Tagebüchern enthaltenen Hinweisen und Indizien sowie auf Grund der mit den Schulleitungen geführten Gespräche kann indes davon ausgegangen werden, dass ein gewichtiger Anteil der 29.400 nicht zuordenbaren Stunden ebenfalls unter die genannten Kategorien fallen dürfte und die verbleibenden durch Krankheit und Fortbildung bedingt sind.

Der Anteil für Krankheit und Fortbildung konnte zwar nicht für alle 18 Gymnasien exakt festgestellt werden. Um jedoch eine Größenordnung - wenn auch mit einer gewissen Unschärfe - bestimmen zu können, wurden exemplarisch bei einem größeren Gymnasium, welches die wegen Krankheit und Fortbildung nicht gehaltenen Stunden durchgängig dokumentiert hatte, eine diesbezügliche Auswertung vorgenommen und ein hierauf entfallender Anteil von 19,46 % des nicht gehaltenen Unterrichts festgestellt. Unterstellt man, dass dieser Anteil bei allen 18 Gymnasien ungefähr gleich groß ist, ergibt das bezogen auf 64.881 nicht gehaltene Unterrichtsstunden ein Volumen von 12.624 Unterrichtsstunden. Die verbleibenden 52.257 Unterrichtsstunden geben die Größenordnung wieder, die bei entsprechender Dokumentation insgesamt den spezifizierten Kategorien zuzurechnen wäre. Bezogen auf eine Vollzeitlehrkraft der untersuchten Gymnasien, bedeutet dies eine faktische Verringerung des Regelstundenmaßes um 1,76 Stunden je Woche .

Der den Kategorien zuzuordnende und der übrige nicht gehaltene Unterricht sowie die daraus berechneten Äquivalente an Lehrerstellen (rechnerisches Nutzungspotenzial) sind in der Übersicht 1 für die 18 untersuchten Gymnasien zusammengefasst; ebenso sind die auf alle 370 Gymnasien hochgerechneten Werte dargestellt.

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Das (rechnerische) Nutzungspotenzial ergibt sich auf Grund einer Division der Zahl der Unterrichtsstunden durch die Jahresdeputatstunden einer sog. statistischen Lehrkraft. Die zu Grunde gelegten Jahresdeputatstunden in Höhe von 842,08 sind das Ergebnis einer Multiplikation der sich aus der amtlichen Schulstatistik für das Schuljahr 1999/2000 ergebenden 21,59 Deputatwochenstunden (statistische Lehrkraft) mit den Schuljahreswochen (39); als Deputatwochenstunden wurde somit nicht das Regelstundenmaß (24) für Gymnasiallehrer (h.D.) angesetzt.

Für die Hochrechnung ergibt sich die Anzahl der nicht erteilten Unterrichtsstunden aller Gymnasien aus der Multiplikation der ermittelten nicht erteilten Unterrichtsstunden in der jeweiligen Kategorie je Lehrkraft mit der Zahl der statistischen Vollzeitlehrer an Gymnasien (17.190) des Schuljahres 1999/2000.

Landesweit hochgerechnet besteht also an den Gymnasien eine Differenz von rd. 1.463.000 Unterrichtsstunden zwischen tatsächlich erteiltem Unterricht (Unterrichts-Ist) und dem Umfang der Lehrverpflichtung (Unterrichts-Soll); das entspricht einem Durchschnitt von 13,2 %; lässt man die wegen Krankheit und Fortbildung nicht gehaltenen Stunden außer Betracht, so ergibt sich ein Wert von 10,6 %. Die dargestellte Größenordnung allein enthält indes keine Aussage darüber, ob dieses Defizit an Unterrichtsleistung in vollem Umfang als „vermeidbarer Ressourcenverbrauch“ anzusehen ist.

4 Bewertung

Für die Bewertung der Differenz von 1.463.000 Unterrichtsstunden ist zu beachten, dass ein Teil auf Gründen beruht, die zu einer Befreiung von der Pflicht zur planmäßigen Unterrichtserteilung führen. Zu diesen Gründen gehören Erkrankung der Lehrkraft, dienstliche Fortbildung und sonstige dienstliche Beanspruchungen, wie die Aufsicht bei Prüfungen, die Begleitung der Schüler bei Wanderungen, Schullandheimaufenthalten, Betriebserkundungen, die Teilnahme an Konferenzen usw.

Soweit die tatsächliche Unterrichtsleistung allerdings aus sonstigen Gründen hinter der Unterrichtsverpflichtung zurückbleibt, führt dies faktisch zu einer Entlastung der Lehrkräfte, die nicht im Einklang mit den normativen Vorgaben steht. Bisher wird die Auffassung vertreten, dass mit der Lehrauftragsverteilung die Unterrichtsverpflichtung der Lehrkräfte und somit ihre Dienstpflicht bestimmt sei; weiche die tatsächliche Deputaterfüllung von der Lehrauftragsverteilung ab, so berühre dies nicht die Dienstpflicht. Der RH hält es angesichts des nicht nur marginalen Umfangs an nicht erteiltem Unterricht unter verschiedenen Aspekten indes für problematisch, dass die für den Unterricht verfügbare Personalressource nicht vollständig eingesetzt wird.

Unter rechtlichem Aspekt ist gerade die Beliebigkeit fragwürdig, mit welcher sich derartige Unterschiede in der faktischen Unterrichtsbelastung für die einzelnen Lehrkräfte ergeben.

Unter allgemeinen dienstrechtlichen Aspekten ist geltend zu machen, dass der Dienstherr ein Recht auf Erfüllung der jeweils obliegenden Unterrichtsverpflichtung hat und es nicht hinnehmen muss, wenn der im Schuljahr tatsächlich gehaltene Unterricht ohne rechtlich beachtliche Gründe, wie Krankheit oder dienstliche Hinderungsgründe, hinter dem Soll-Deputat zurückbleibt. Er hat vielmehr die Erfüllung der vollen Unterrichtsverpflichtung einzufordern.

Das festgestellte Zurückbleiben der tatsächlichen Unterrichtsleistung hinter der normativ festgelegten (individuellen) Unterrichtsverpflichtung ist vor allem unter Haushaltsaspekten kritisch. Unterstellt man, dass etwa die Hälfte der hier beschriebenen Abweichung vom Unterrichts-Soll nicht dienstlich oder durch Krankheit bedingt ist, entspräche diese einem verfügbaren Nutzungspotenzial von 870 Vollzeitstellen an allgemein bildenden Gymnasien. Dieses Ergebnis wäre nicht nur aus haushaltsmäßiger Sicht beachtlich, sondern muss auch vor dem Hintergrund der ständigen Klagen über Unterrichtsausfälle und den in der Öffentlichkeit von Eltern und Lehrerverbänden immer wieder gestellten Forderungen nach mehr Lehrern - und damit staatlichen Mehrausgaben in mehrstelliger Millionenhöhe - gesehen werden.

5 Konsequenzen

In Anbetracht der hohen Bedeutung von Unterrichtsstunden für den Bildungsauftrag der Schule gilt es zu klären, ob

  • auf Unterrichtsstunden, die ohne dienstliches Äquivalent aus schulischen Gründen nicht gehalten werden, im Ergebnis weiterhin verzichtet werden kann und
  • unter dem Gesichtspunkt der gerechten Verteilung der Dienstpflichten, die Erfüllung der Unterrichtsverpflichtung am Unterrichts-Ist gemessen werden sollte bzw. muss.

Für die konkrete Feststellung des jeweiligen Unterrichts-Ist der einzelnen Lehrkraft wäre eine entsprechende Dokumentation zwingende Voraussetzung. Bei Nutzung der heute gegebenen Möglichkeiten, derartige Dokumentationen DV-gestützt vorzunehmen, dürfte der Aufwand für die Erfassung in vertretbarem Rahmen zu halten sein. Die bisher von den Schulleitungen geführten Listen und Dateien über den Lehrereinsatz sind keine geeignete Grundlage für eine korrekte Erfassung. Die Schulleitungen können bisher nicht einfach und zuverlässig feststellen, wie viele Unterrichtsstunden eine Lehrkraft im Schuljahr tatsächlich gehalten hat und aus welchen Gründen der Umfang des tatsächlich erbrachten Unterrichts ggf. von der Unterrichtsverpflichtung abweicht. Auch die Klassen- und Kurstagebücher bieten keine hinreichende Datenbasis für diese Feststellungen; die einschlägigen Vorschriften sehen eine entsprechende Dokumentation hier auch nicht vor. Die Schulleitung hat somit auch kein geeignetes Instrument für eine effiziente Steuerung des Personaleinsatzes.

Der RH hat in diesem Zusammenhang festgestellt, dass nicht nur die Qualität der Führung der Klassen- und Kurstagebücher höchst unterschiedlich ist. Vielmehr ergeben sich auf Grund der in den Tagebüchern vorgefundenen Eintragungen und von Aussagen der Schulleitungen Hinweise darauf, dass ihr Umgang mit diesen Dokumenten sehr unterschiedlich ist. Teilweise werten die Schulleiter die Klassen- und Kurstagebücher zeitnah und intensiv aus und beanstanden z.B. das Fehlen von Eintragungen. Andererseits zeigt die beschränkte Auswertbarkeit der dem RH vorgelegten Tagebücher oder das Fehlen von angeforderten Büchern, dass die Bedeutung dieser Unterlagen nicht sehr hoch veranschlagt wird. Alle Schulleitungen der untersuchten Gymnasien betonten zwar, dass die Tagebücher wichtige und unverzichtbare Dokumente seien. Der RH hat jedoch den Eindruck gewonnen, dass die Führung dieser Unterlagen eher eine langer Übung entsprechende Gewohnheit darstellt, als dass sich ein essenzieller Sinn und Nutzen konkret erschließt.

Es wäre also zu klären, welche Möglichkeiten für eine zuverlässige Dokumentation und damit für eine effizientere Steuerung des Personaleinsatzes geschaffen werden können und sicherzustellen, dass der erhebliche Aufwand für das Führen dieser Tagebücher in einem angemessenen Verhältnis zu dem konkreten und belegbaren Nutzen steht.

6 Empfehlungen

Die erkennbar gewordenen verfügbaren Personalpotenziale sollten für die Unterrichtserteilung nutzbar gemacht werden. Der RH gibt hierfür die folgenden Empfehlungen:

6.1 Dokumentation

Der RH empfiehlt eine Dokumentation des Personaleinsatzes, getrennt für jede Lehrkraft, die mindestens folgende Informationen enthält:

  • Zahl aller planmäßigen Unterrichtsstunden, die für alle Tage des Schuljahres zu halten sind (Unterrichts-Soll);
  • Anzahl aller gehaltenen planmäßigen Unterrichtsstunden (Unterrichts-Ist);
  • Zahl der Unterrichtsstunden, die über die maßgebende Lehrauftragsverteilung hinaus (z.B. als Vertretungsstunden) gehalten wurden;
  • Gründe für die Nichterteilung planmäßigen Unterrichts.

Die gehaltenen und anrechenbaren Unterrichtsstunden sind mit den planmäßigen am Schuljahresende abzugleichen; der daraus ermittelte Saldo ist verbindlich festzustellen. Mit DV-Unterstützung wird dieser Abgleich problemlos durchzuführen sein.

6.2 Neuregelung der Unterrichtsverpflichtung

Der RH empfiehlt, die persönliche Unterrichtsverpflichtung nicht wie bisher nach wochenbezogenen Deputatstunden zu bestimmen, sondern künftig nach einer für alle Lehrkräfte gleichen Unterrichtsstundenzahl für das gesamte Schuljahr festzulegen (Schuljahres-Deputat). Etwaige Anrechnungen und Ermäßigungen für die Wahrnehmung von Funktionen oder für sonstige besondere Belastungen sind ebenfalls als Minderung der Jahresstundenzahl zu bestimmen.

Wird die jährliche individuelle Pflichtstundenzahl unterschritten oder überschritten, sollte die Neuregelung vorsehen, dass die Mehr- oder Minderleistung - ganz oder in einem bestimmten Umfang - auf das nächste Schuljahr übertragen wird. Die Schulleitungen sollten in die Lage versetzt werden, übertragene Unterschreitungen organisatorisch flexibel einzusetzen. Hierfür kommt bei Übertragung von Unterschreitungen z.B. der Einsatz für Vertretungen ebenso wie ggf. eine stundenplanmäßige Berücksichtigung bei entsprechender Größenordnung in Betracht. Es sollte in einem gewissen Rahmen aus Gründen der jeweils gegebenen Bedürfnisse der Unterrichtsversorgung ausnahmsweise auch zugelassen werden, Überschreitungen oder Unterschreitungen in weitere Jahre zu übertragen.

Der RH empfiehlt, in einem Pilotversuch an einigen Schulen aller Schularten ein solches Verfahren zu testen. Hierbei könnten Erfahrungen gesammelt werden, die sowohl für die Ausgestaltung der rechtlichen Grundlagen als auch für die notwendigen organisatorischen Voraussetzungen und technischen Instrumente (DV-Verfahren und Hardware usw.) von Bedeutung sind. Außerdem könnten Erkenntnisse über die Auswirkungen auf die pädagogische und kollegiale Situation und die Akzeptanz bei den Lehrkräften (Gründe der Ablehnung oder Befürwortung) gewonnen werden.

6.3 Führung der Tagebücher

Der RH empfiehlt, die Vorschriften über die Führung von Klassen- und Kurstagebüchern mit dem Ziel zu überprüfen, den konkreten Nutzen der bisher geforderten Dokumentationen für die Schulleitungen, die Lehrer und die Schüler festzustellen. Es müsste ohne Vorbehalte überlegt werden, für welche Zwecke die Dokumentation des jeweils behandelten Unterrichtsstoffs tatsächlich verwertet wird und wie oft dies geschieht. Außerdem ist zu klären, ob das Fehlen oder das Fehlverhalten von Schülern auch auf einfachere Weise festgehalten werden kann. Dabei ist selbstverständlich auch eine etwaige rechtliche Relevanz der Eintragungen zu berücksichtigen; bisher dürften allerdings nur in wenigen Fällen Klassenbucheintragungen als Beweismittel in Klageverfahren eine Rolle gespielt haben, sodass die rechtliche Bedeutung nicht überbewertet werden darf (ggf. stehen auch andere Beweismittel zur Verfügung). Sofern für bisher geforderte oder übliche Eintragungen kein allgemeiner Nutzen feststellbar, allenfalls ausnahmsweise erkennbar ist, sollte darauf verzichtet werden.

Ob auf das Führen der Tagebücher generell verzichtet werden kann und notwendige Dokumentationen auf andere Weise erstellt werden können, kann der RH nicht ohne Weiteres beurteilen. Er empfiehlt, für den Fall einer Weiterführung der Tagebücher zu prüfen, ob die Dokumentationen künftig mit Hilfe der IuK-Technik erstellt werden können. Deren Einsatz wäre nicht nur zeitgemäß, sondern würde den bisher entstehenden erheblichen Aufwand deutlich minimieren und damit die Lehrkräfte und Schulleitungen entlasten. In diesem Fall könnte sogar die Dokumentation des tatsächlich geleisteten Unterrichts mit der Führung der Tagebücher verbunden werden.

7 Stellungnahme des Ministeriums

Das KM teilt mit, es sei bestrebt, die vorhandenen Lehrerdeputate an den Schulen möglichst effizient im Unterricht einzusetzen. Dabei ließe sich die Schulverwaltung von der größtmöglichen Eigenständigkeit der Schulleitungen zur Entwicklung besonderer Schulprofile, von Deregulierung und Poolregelungen leiten, ohne die notwendige Rahmengebung und Schulaufsicht zu vernachlässigen. Insoweit begrüße und unterstütze es die Ziele der Untersuchung des RH und die Beratung.

Das Ministerium sei an einer Zusammenarbeit mit dem RH bei der Weiterentwicklung von Instrumenten für die Verbesserung des wirkungsvollen Einsatzes der Lehrerdeputate interessiert und werde im Rahmen eines Pilotversuches innerhalb der rechtlichen Gegebenheiten, ggf. auf freiwilliger Basis, an einigen Schulen erproben, wie die tatsächlichen geleisteten Unterrichtsstunden der jeweiligen Lehrperson im Blick auf den übertragenen Lehrauftrag eines Schuljahres mit IuK-Methoden transparent und rationell erfasst werden könnten. Wenn auf diese Weise mehr Transparenz seitens der Schulleitungen und mehr Akzeptanz gegenüber der Arbeitsleistung der Lehrkräfte geleistet werden könne, wäre ein weiteres wichtiges Ziel erreicht. An der Zielbestimmung und Durchführung dieses Pilotversuches sollten alle interessierten Stellen (insbesondere Lehrerverbände, Hauptpersonalräte, Landeselternbeirat, Rechnungshof, Schulen und Schulverwaltung) beteiligt werden. Ob allerdings die vom RH erhoffte bessere Nutzung der Lehrerressourcen erreicht werden könne, sei fraglich.

Weiter weist das Ministerium darauf hin, dass auf Landesebene, elektronisch unterstützt über ein internetfähiges Verfahren, die Daten von 440 Stichprobenschulen in einzelnen Kalenderwochen (Schuljahr 1999/2000 waren es drei Kalenderwochen) erfasst würden; darunter befänden sich 45 Gymnasien. Nach dieser Erhebung habe an den Stichprobenschulen der Unterrichtsausfall im Schuljahr 1999/2000 während der Erhebungswochen durchschnittlich 4,8 % betragen.

Zu den einzelnen Kategorien nimmt das Ministerium umfassend Stellung und setzt sich inhaltlich mit den jeweiligen schulischen Ereignissen auseinander. Dabei wird mehrfach auf die außerunterrichtlichen Belastungen der Lehrkräfte hingewiesen, die im Zusammenhang mit diesen Ereignissen bestünden. Diese Belastungen werden vom Ministerium gegengerechnet, sodass sich im Ergebnis ein deutlich geringeres Nutzungspotenzial ergibt. Dieses beträgt nach den Berechnungen des KM für alle Gymnasien nur 472,2 Lehrerstellen. Daher erscheine das hier errechnete Ergebnis, bei aller Akzeptanz der Untersuchungsziele des RH, doch stark überhöht. Der vom RH ermittelte Anteil von über 13 % an nicht erteiltem Unterricht widerspräche dem aus Sicht des Ministeriums plausiblen Wert von nahezu 4 % Unterrichtsausfall. Denn über die vom Ministerium bisher durchgeführte Stichprobenerhebung zur Dokumentation der Unterrichtssituation könne lediglich ein Unterrichtsausfall von 4,8 % belegt werden. Bei der Beurteilung von Nutzungspotenzialen müsse berücksichtigt werden, dass diese Ressourcen, soweit sie realisiert werden können, nicht für die Grundversorgung, sondern nur zur Minderung von Ausfällen wegen Abwesenheit von Lehrkräften, also für Vertretungen eingesetzt werden könnten, was bereits in hohen Anteilen geschehe.

Wegen der besonderen Bedeutung einer transparenten Ressourcenverwendung schließe sich das Ministerium der grundsätzlichen Aussage hinsichtlich der Unterrichtsleistung durch die Lehrkräfte an. Allerdings müsse dabei beachtet werden, dass von den Lehrern nicht nur im Unterricht, sondern auch bei außerunterrichtlichen Maßnahmen ein hohes Maß an Engagement, also auch an Zeitansatz, erbracht werde. Zur Empfehlung des RH, für die Lehrkräfte ein Schuljahres-Deputat einzuführen, macht das KM geltend, dass die Umsetzung beträchtliche rechtliche Probleme im Hinblick auf das sog. Vorgriffsstundenmodell aufwerfen würde. Denn für rd. 35.000 Lehrkräfte, die am Vorgriffsstundenmodell teilnehmen, sei durch Verwaltungsakt verbindlich zugesichert, dass sich deren Arbeitszeit bis zum Jahr 2013 nicht verändern würde. Damit sei für diesen Personenkreis auch eine Änderung der Berechnung, wenn sie zu einer Ausdehnung der Unterrichtsverpflichtung führen würde, rechtlich definitiv ausgeschlossen. Da die Lehrerinnen und Lehrer an Grund-, Haupt-, Real- und Sonderschulen nur einheitlich behandelt werden könnten, müssten ggf. auf freiwilliger Basis Teilnehmer für den geplanten Pilotversuch gefunden werden.

Bezüglich der Feststellungen des RH zur Führung der Klassen- und Kurstagebücher sieht sich das KM veranlasst, in Empfehlungen an die Schulleitungen darauf hinzuweisen, dass diese verstärkt für die Einhaltung der einschlägigen Vorschriften und die Korrektheit der Eintragungen Sorge tragen sollten. Dennoch wolle es vor allem aus schulinternen und pädagogischen Gründen an der Führung der Tagebücher festhalten, werde aber in Abstimmung mit den Oberschulämtern eine Verbesserung und Präzisierung der VwV zur Führung der Tagebücher vorbereiten und dabei auch Art und Weise der Eintragungen im Blick auf die Anforderungen des RH kritisch hinterfragen. Eine Umstellung der Tagebücher auf IuK-Technik sei mit den derzeitigen und künftig absehbaren Ausstattungen der Schulen fraglich und erscheine unter pädagogischen wie auch administrativen Aspekten auch nicht nötig.

8 Schlussbemerkung

Ziel der Untersuchung des RH war es nicht, den tatsächlichen Unterrichtsausfall aus Sicht der Schüler zu ermitteln, sondern ausgehend von der Unterrichtsverpflichtung der Lehrkräfte festzustellen, in welchem Umfang diese tatsächlich erfüllt wird. Die Ergebnisse der vom Ministerium bislang durchgeführten Erhebungen des Unterrichtsausfalls in drei Kalenderwochen an Stichprobenschulen sind mit den Feststellungen des RH zum Umfang des als nicht erteilt dokumentierten Unterrichts während eines ganzen Schuljahres nicht vergleichbar.

Wenn das Ministerium von einem deutlich geringeren Nutzungspotenzial als dem vom RH angenommenen ausgeht, so beruht dies auf einer vom Prüfungsansatz des RH abweichenden Betrachtungsweise. Der RH hat auch von einer konkreten Verrechnung der als nicht erteilt dokumentierten Unterrichtsstunden mit Zeiten, die auf die Wahrnehmung von unterrichtsersetzenden Tätigkeiten (z.B. Begleitung einer Schulklasse auf einem Wandertag oder bei einem Schullandheimaufenthalt) oder auf außerunterrichtliche Verpflichtungen (z.B. Teilnahme an Konferenzen) entfallen, ausdrücklich abgesehen. Deren Umfang ist nicht dokumentiert; im Übrigen sind außerunterrichtliche Verpflichtungen von den Lehrkräften grundsätzlich neben der Unterrichtsverpflichtung wahrzunehmen. Der RH wollte lediglich die Größenordnung nicht erteilten Unterrichts feststellen und auf ein daraus ableitbares mögliches Nutzungspotenzial hinweisen. Zum Hinweis des Ministeriums, ein derartiges Nutzungspotenzial könne - soweit realisierbar - nur für Vertretungen eingesetzt werden, ist hervorzuheben, dass vertretungsweise wahrgenommener Unterricht vom RH als erteilt erfasst wurde; die hierfür eingesetzte Ressource ist also bereits beim festgestellten Unterrichts-Ist berücksichtigt.

Die Ergebnisse der Untersuchung belegen, dass für die Unterrichtsversorgung personelle Reserven in nicht unerheblichem Umfang verfügbar gemacht werden können. Dies erscheint angesichts der schwierigen Haushaltslage des Landes, insbesondere auch vor dem Hintergrund der angestrebten Zurückführung der Nettoneuverschuldung auf Null einerseits und dem wichtigen Anliegen einer ausreichenden Unterrichtsversorgung andererseits von Bedeutung. Die Vorschläge des RH sollen einen Anstoß dafür geben, diese Reserven durch einen effizienteren Personaleinsatz für den Unterricht zu mobilisieren.