Bei der Bewirtschaftung der Personalunterkünfte ergaben sich im Jahr 2006 an drei Universitätsklinika Unterdeckungen von insgesamt 1,1 Mio. €. Am vierten Klinikum lagen die Erlöse um 0,4 Mio. € über den Kosten. Ein Teil der Unterdeckungen ist auf die rechtlich nicht gebotene Anwendung des Tarifvertrags über die Bewertung der Personalunterkünfte zurückzuführen. Der Rechnungshof hat Möglichkeiten zur Verbesserung der wirtschaftlichen Ergebnisse aufgezeigt.
1 Vorbemerkung
Die Universitätsklinika (UK) halten in unterschiedlichem Umfang Personalunterkünfte vor, die sie insbesondere ihren Beschäftigten sowie den zur Dienstleistung zugewiesenen Ärzten, Schülern, Auszubildenden und Zivildienstleistenden zur Verfügung stellen. Vereinzelt werden die Unterkünfte auch von Externen, beispielsweise Gastwissenschaftlern, genutzt.
Bei der Ausgestaltung der Mietverhältnisse gehen die Klinika unterschiedliche Wege. Drei schließen mit den Beschäftigten regelmäßig Verträge für die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses ab, dadurch steht eine entsprechend langfristige Unterbringung im Vordergrund. Ein Klinikum befristet dagegen die Mietdauer auf ein Jahr. Mietverträge mit Ärzten sind bei drei Klinika auf drei Monate befristet, ein Klinikum vermietet auch längerfristig. Zielsetzung der kurzzeitigen Überlassung von Wohnraum ist es, neuen Beschäftigten eine „Starthilfe“ am neuen Arbeitsplatz zu geben.
2 Rechtsgrundlagen
Für die Klinika besteht keine rechtliche oder tarifliche Pflicht, Personalunterkünfte vorzuhalten; es handelt sich um eine freiwillige Leistung.
Für die Bewirtschaftung der Personalunterkünfte ziehen die Klinika den Tarifvertrag über die Bewertung der Personalunterkünfte (Tarifvertrag) heran, der insbesondere die Miethöhe regelt. Hierzu wird der Wohnraum nach verschiedenen Ausstattungsmerkmalen, sogenannte Wertklassen, eingeteilt (z. B. eigenes Bad oder gemeinschaftliche Nutzung) und entsprechend eine unterschiedlich hohe Miete je Quadratmeter festgesetzt. Die im Prüfungszeitraum angewendeten Mietpreise je Quadratmeter (Warmmiete) sind in der Tabelle 1 aufgeführt.
Eine Anpassung der Miethöhen an örtliche Besonderheiten oder eine Abrechnung von Nebenkosten ist nach dem Tarifvertrag nicht möglich. Da eine jährliche Preisanpassung analog der Steigerung in der Sachbezugsverordnung vorgeschrieben ist, durften die Klinika die Mieten nicht individuell an Kostensteigerungen anpassen.

Die Klinika gingen davon aus, zur Anwendung des Tarifvertrags verpflichtet zu sein. Aus Sicht des Rechnungshofs ist dies nicht zwingend.
Zur Abgrenzung des Anwendungsbereichs des Tarifvertrags ist die Unterscheidung zwischen Dienstwohnungen und Werkmietwohnungen wesentlich. Kennzeichen der Dienstwohnung ist die Pflicht des Arbeitnehmers, dort zu wohnen, weil der Bezug der Wohnung für die Ausübung des Dienstes erforderlich ist (z. B. Hausmeisterwohnung). Aus einem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts von 1992 kann abgeleitet werden, dass der Tarifvertrag für möblierte Dienstwohnungen gilt. Bei einer Werkmietwohnung dagegen ist der Bezug freiwillig, die Überlassung der Wohnung ist keine Voraussetzung für die Erbringung der Arbeitsleistung. So liegt der Fall bei den hier untersuchten Personalunterkünften. Sie erfüllen daher die Merkmale von Werkmietwohnungen. Somit fallen die von den Klinika bewirtschafteten Unterkünfte nicht unter den Anwendungsbereich des Tarifvertrags.
Nachdem dem Rechnungshof bekannt geworden war, dass die Klinika im Jahr 2007 Verhandlungen auch über die Weitergeltung des Tarifvertrags führten, wies er sie über das Wissenschaftsministerium auf die dargestellte Rechtsauffassung hin. Die daraufhin von den Klinika auf dieser Grundlage begonnenen Tarifverhandlungen dauern noch an.
3 Strukturdaten und Auslastung
3.1 Anzahl der Unterkünfte und Wohnflächen
Die vier Klinika bewirtschafteten im Jahr 2006 insgesamt 2.452 Unterkünfte auf rd. 90.000 m² Gesamtfläche. Diese verteilen sich auf die Kategorien: Nutzfläche, Gemeinschaftsfläche und Verkehrsfläche. Nach dem Tarifvertrag wird nur die Nutzfläche für die Mietberechnung berücksichtigt. Mit rd. 50.000 m² entfiel etwas mehr als die Hälfte der Gesamtfläche auf die Nutzfläche als Wohnfläche im engeren Sinn. Die durchschnittliche Nutzfläche einer Unterkunft beträgt 20 m².
3.2 Ausstattungsstandard der Unterkünfte (Wertklassen)
Die Unterkünfte der Klinika weisen unterschiedliche Ausstattungsstandards auf, die sich auf den Mietpreis je m² auswirken.
Bei den Klinika verfügten insgesamt 54 % der Unterkünfte über keine eigene sanitäre Einrichtung oder keine eigene Küche. Der Anteil dieser einfachen Unterkünfte am Wohnungsbestand reichte von 4 % bis 77 %. Insgesamt waren nur 26 % der Unterkünfte so ausgestattet, dass die Bewohner keine Gemeinschaftsräume in Anspruch nehmen mussten.
3.3 Nutzung der Personalunterkünfte
3.3.1 Auslastungsquote
Die Auslastungsquoten lagen im Jahr 2006 zwischen 76 % und 91 %, bei einem Durchschnitt von 85 %. Sie werden durch verschiedene Aspekte beeinflusst: Ein Leerstand kann beispielsweise durch notwendige Renovierungsarbeiten bedingt sein, auf mangelnde Nachfrage hinweisen oder durch den verzögerten Abschluss eines neuen Mietvertrags verursacht sein. Die Klinika ließen einen Teil der Unterkünfte bewusst leer stehen. Manche davon sollten als Unterbringungsreserve für kurzfristige Einzüge zur Verfügung stehen, andere wurden zum jeweiligen Ausbildungsbeginn für Schüler und Auszubildende reserviert. Bei zwei Klinika ist den Nutzern ein Auszug ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist täglich möglich, wodurch eine nahtlose Anschlussvermietung schwierig wird. Bei den anderen Klinika sind dagegen Kündigungsfristen einzuhalten, was eine direkte Anschlussvermietung erleichtert.
3.3.2 Nutzer der Personalunterkünfte
34 % der Wohnungen wurden von Schülern und Auszubildenden bewohnt; vom Pflegedienst und vom Medizinisch Technischen Dienst 27 %. Die Werte der einzelnen Klinika unterscheiden sich deutlich.
Die Klinika hatten durchschnittlich 6 % ihrer Beschäftigten (einschließlich Schüler und Auszubildende) in Personalunterkünften untergebracht. Während lediglich 2 % der Ärzte, 4 % des Medizinisch Technischen Dienstes und 3 % der sonstigen Beschäftigten in den Personalunterkünften wohnten, waren dort 55 % der Schüler und Auszubildenden untergebracht. Diese profitierten damit am meisten von den angebotenen Personalunterkünften.
4 Kosten, Erlöse und Kostendeckungsgrad
Für den Betrieb der Personalunterkünfte fielen im Jahr 2005 insgesamt Kosten von 5,5 Mio. €, im Jahr 2006 von 5,4 Mio. € an. Bezogen auf die einzelnen Standorte reichten die jährlichen Kosten von 1,0 bis 1,8 Mio. €.
Aus der Bewirtschaftung der Personalunterkünfte nahmen die Klinika im Jahr 2005 insgesamt Erlöse in Höhe von 4,5 Mio. €, im Jahr 2006 von 4,7 Mio. € ein. Bezogen auf die einzelnen Standorte reichten die Gesamterlöse von 0,7 bis 1,9 Mio. €.
Drei Klinika erwirtschafteten im Jahr 2005 Unterdeckungen in Höhe von insgesamt 1,3 Mio. €, im Jahr 2006 von 1,1 Mio. €. Bei einem Klinikum lagen die Erlöse im Jahr 2005 um 0,3 Mio. €, im Jahr 2006 um 0,4 Mio. € über den Kosten. Die unzureichende Höhe der Erlöse beruht im Wesentlichen darauf, dass die Klinika für die Unterkünfte der Beschäftigten den Tarifvertrag angewandt haben.
Bei den Mieten für externe Nutzer (Gäste) gab es zum Teil erhebliche Unterschiede; allerdings erhob nur ein Klinikum Mieten, die nicht kostendeckend waren.
Die jährlichen Kosten und Erlöse je Nutzer sind in Tabelle 2 dargestellt.

Im Jahr 2006 lagen die Gesamtkosten je Nutzer zwischen rd. 2.100 € beim UK A und rd. 3.300 € beim UK D. Die Erlöse je Nutzer wiesen eine Bandbreite von rd. 1.400 € beim UK B und rd. 3.000 € beim UK D auf. Stellt man Kosten und Erlöse je Nutzer gegenüber, zeigt sich, in welcher Höhe die Unterbringung eines Nutzers aus sonstigen Finanzmitteln subventioniert wird. Während das UK A nicht auf eine solche Subventionierung angewiesen war, betrug sie beim UK B im Jahr 2006 rd. 1.100 €. Der Durchschnitt lag bei rd. 300 €.
5 Strukturelle Neuorientierung und Ansätze zur Erhöhung der Kostendeckung
5.1 Ziele des Vorhaltens von Wohnmöglichkeiten
Der Rechnungshof empfiehlt zu klären, welche Ziele mit dem Betrieb von Personalwohnheimen verfolgt werden und zu überprüfen, ob die praktizierte Bewirtschaftung diesen Zielen dient. Bei der Vertragsdauer ist die Wirkung abzuwägen, die von einer dauerhaften Unterbringung über unbefristete Verträge ausgeht. Die Klinika sollten insbesondere klären, ob befristete Verträge als „Starthilfe“ günstiger sind, um neue Mitarbeiter zu gewinnen.
Die Klinika machen gelten, das Vorhalten von Personalunterkünften sei angesichts des sich abzeichnenden Fachkräftemangels von großer Bedeutung. Deshalb wollen sie weiterhin Unterkünfte anbieten. Besondere Wettbewerbsvorteile ergeben sich aus der Möglichkeit einer kurzfristigen Unterbringung.
Die Klinika kündigten an, die Ausgestaltung der Mietverhältnisse zu überprüfen. So soll beispielsweise eine dauerhafte Unterbringung künftig entfallen; je nach Standort seien Mietverhältnisse zwischen maximal einem Jahr und drei Jahren vorgesehen. An manchen Standorten solle die Unterbringungskapazität reduziert werden. Vor allem Wohnungen mit niedrigem Ausstattungsstandard sollen aufgegeben werden.
5.2 Maßnahmen zur Erhöhung des Kostendeckungsgrades
Für den Fall, dass die Klinika auch weiterhin Wohnraum zur Verfügung stellen, zeigt der Rechnungshof verschiedene Möglichkeiten für eine Erhöhung der Kostendeckung auf.
Zum einen ergibt sich eine höhere Kostendeckung über eine Reduzierung der Kosten. Ein Ansatzpunkt ist, freiwillige „Serviceleistungen“ der Klinika im Standard zu reduzieren oder auf die Bewohner zu übertragen. Beispiele für solche Serviceleistungen sind die Reinigung der Unterkünfte und das Angebot von Bettwäsche und Handtüchern. Allein die Reinigung der Personalwohnheime führte im Jahr 2006 zu Kosten von 0,7 Mio. €. Der Rechnungshof regt eine Überprüfung an, ob die Serviceleistungen der Klinika im momentan vorgehaltenen Umfang erforderlich sind, und empfiehlt, für die erbrachten Leistungen eine Kostenbeteiligung der Nutzer zu erheben.
Zum andern kann eine höhere Kostendeckung durch höhere Mieterlöse erreicht werden. Diese Erlöse werden durch die Auslastung und die Preise je Quadratmeter beeinflusst. Die im Jahr 2006 erzielte durchschnittliche Auslastungsquote von 85 % bedeutet, dass jede Wohnung 1,8 Monate leer stand. Der Rechnungshof regt an, die Verwaltungsabläufe so zu optimieren, dass die Abstände zwischen Mietende und Mietbeginn je Wohnung verkürzt werden. Eine Erhöhung der Mietpreise je Quadratmeter ist abhängig von dem Ergebnis der Tarifverhandlungen.
Einzelne Klinika konnten durch Reduzierung der Reinigungsintervalle ihre Kosten verringern, teilweise wurden bereits die Personalkosten reduziert. Weitere Kostenreduzierungen, beispielsweise durch die Beteiligung der Bewohner an den Reinigungskosten, sind vom Ergebnis der zurzeit andauernden Tarifverhandlungen abhängig. Zur Verbesserung der Auslastung prüfen die Klinika außerdem die Einführung von Kündigungsfristen.
6 Zuschuss des Landes
Die Klinika erhalten vom Land über den Staatshaushaltsplan einen Zuschuss für „nicht entgeltfähige, betriebsnotwendige Kosten“. Dieser Zuschuss ist zweckgebunden für Instandhaltungsaufwendungen sowie andere nicht entgeltfähige Aufwendungen wie Mieten, Aufwendungen für die Nutzung von Anlagegütern, Unterdeckungen aus dem Betrieb von Wohnheimen, Kindertagesstätten oder sonstigen sozialen Einrichtungen. Die Zuschussmittel können außerdem für die Finanzierung von Investitionen verwendet werden. Eine konkrete Gewichtung des Zuschusses nach den einzelnen genannten Zwecken erfolgt nicht, sodass die Klinika in der Verwendung des Zuschusses innerhalb der Zweckbestimmung frei sind. Im Einzelfall kann dies dazu führen, dass z. B. infolge eines positiven Ergebnisses der Wohnraumbewirtschaftung kein Zuschussbedarf für den Betrieb von Wohnheimen besteht. Dies führt wegen der fehlenden Gewichtung der Zuschusszwecke jedoch nicht zu einer Reduzierung des Zuschusses.
Weil sich aus der Prüfung Ansatzpunkte für die Klinika ergaben, Unterdeckungen aus dem Betrieb von Personalunterkünften zu reduzieren, bat der Rechnungshof das Wissenschaftsministerium, die Höhe des Zuschusses zu überprüfen.
Das Wissenschaftsministerium kündigte an, bei der Aufstellung des Staatshaushaltsplans 2009 auf der Grundlage des von den Klinika angemeldeten Bedarfs die Bemessung der Zuschusshöhe zu prüfen. Wegen der in den letzten Jahren nicht ausreichenden Investitionsmittel und neuer Schwerpunkte, wie z. B. dem Betrieb von Kindertagesstätten, sei es allerdings nicht zwangsläufig, dass rückläufige Kostenentwicklungen bei den Personalunterkünften zu einer Reduzierung dieses Zuschusstitels führen müssen.