Sanierung der Universitätsbibliothek Freiburg [Beitrag Nr. 20]

Für den Umbau und die Modernisierung der Universitätsbibliothek Freiburg sind Baukosten in Höhe von 44 Mio. € vorgesehen. Bei wirtschaftlicherer Planung hätten 8 Mio. € Baukosten eingespart werden können.
Bei künftigen Architektenwettbewerben sollte das Land darauf achten, dass wirtschaftlichen Aspekten mehr Gewicht eingeräumt wird.

1 Ausgangslage

Die Universitätsbibliothek Freiburg muss wegen verschiedener Mängel nach 30-jähriger Betriebszeit saniert und modernisiert werden. Eine Projektstudie der Bauverwaltung aus dem Jahr 2004 kam zu dem Ergebnis, dass eine kleine Lösung, die die bauliche und gebäudetechnische Grundstruktur beibehält und zu 15 % Energieeinsparung führt, mit 40 Mio. € ebenso viel koste wie eine große Lösung mit umfangreichen Eingriffen in Konstruktion und Fassade sowie einer Energieeinsparung von 50 %.

Auf der Grundlage dieser Projektstudie entschied sich das Land für die große Umstrukturierungslösung und lobte im Dezember 2005 einen Architektenwettbewerb aus.

2 Der Architektenwettbewerb

2.1 Aufgabenstellung

In der Ausschreibung wurde die Aufgabe gestellt, die Bibliothek städtebaulich, architektonisch und organisatorisch den geänderten Bedingungen anzupassen und die Bedeutung als modernes Informations- und Kommunikationszentrum hervorzuheben.

Ein wesentlicher Teil der Wettbewerbsaufgabe bestand darin, das oberirdische Gebäudevolumen zu reduzieren und die Eingangssituation in das Erdgeschoss neu zu gestalten. Die Tiefmagazine im 2. und 3. Untergeschoss wurden von der Sanierung ausgenommen und sollen während des Umbaus weiter in Betrieb bleiben. Der Energieverbrauch sollte um 50 %, die Betriebskosten sollten um 30 % reduziert werden. Die Struktur des Gebäudes war so zu gestalten, dass möglichst große Bereiche natürlich belüftet werden können. Der Glasflächenanteil sollte aus klimatischen und belichtungstechnischen Gründen möglichst 40 % bis 60 % betragen.

Als funktionelles Ziel war vorgegeben, dass das Gebäude künftig als 24-Stunden-Bibliothek mit weitgehend offenen Magazinen genutzt werden kann. Die Stadt Freiburg erwartete von dem Wettbewerb städtebauliche Impulse: Es sollte eine „kulturelle Mitte“ in der Stadt entstehen, deren Atmosphäre und Wirkung über die reine Funktionserfüllung hinausgeht.

Die wirtschaftliche Vorgabe für den Wettbewerb lautete: „Die Gesamtbaukosten von 40 Mio. € sind zwingend einzuhalten.“

2.2 Die Entscheidung des Preisgerichts

Das Preisgericht wählte als ersten Preis einen Entwurf, der zwar architektonisch anspruchsvoll ist und die Vorgaben für den künftigen Bibliotheksbetrieb erfüllt, aber auch am aufwendigsten und am weitesten von dem ursprünglichen Planungskonzept entfernt ist. Als voraussichtliche Baukosten wurden bereits beim Wettbewerbsentwurf 43 Mio. € genannt.

Der erste Preisträger wurde mit der weiteren Planung beauftragt.

3 Kritik des Rechnungshofs

3.1 Unwirtschaftlichkeit der geplanten Sanierung

Das Preisgericht hat bei seiner Bewertung der Wettbewerbsentwürfe städtebaulichen und gestalterischen Gesichtspunkten den Vorrang gegeben. Die in der Auslobung festgelegten Beurteilungskriterien zu Investitions- und Folgekosten sowie zur Wirtschaftlichkeit wurden vernachlässigt, obwohl die Vorprüfung auf Defizite im energetischen Bereich hingewiesen hatte.

Der auf Empfehlung des Preisgerichts beauftragte Entwurf des ersten Preisträgers führt mit seiner aufwendigen Fassade und insbesondere durch seine starken Eingriffe in die vorhandene Tragkonstruktion zu erhöhten Baukosten. Das ursprüngliche Sanierungskonzept, nämlich durch natürliche Belichtung und Belüftung Technik- und damit Betriebskosten einzusparen, kann mit dem Entwurf nicht optimal umgesetzt werden.

Wesentliche mit der Sanierung angestrebte Ziele, nämlich eine Öffnung nach außen, möglichst große natürlich zu belüftende Bereiche und weitgehende Tageslichtautonomie, werden nur unzureichend oder gar nicht erreicht. Die Vorgaben zur energetischen Optimierung sind damit nicht oder nur mit erhöhtem technischen Aufwand umsetzbar. Zudem bedeuten die erforderlichen starken Eingriffe in die Konstruktion, dass sich die baulichen Veränderungen bis in die eigentlich auszusparenden Tiefgeschosse erstrecken.

Bedenklich ist schließlich, dass bei dieser Sanierung erhebliche Investitionsmittel eingesetzt werden, um vorhandene Gebäudesubstanz im Wert von rd. 10 Mio. € zu vernichten. Ein Entwurf, der darauf verzichtete, hätte der Universität ein erhebliches Flächenpotenzial erhalten. Für die Auslagerung der Außenstelle des Universitätsrechenzentrums werden Flächen in einem von der Liegenschaftsverwaltung neu angekauften Verwaltungsgebäude beansprucht.

Die dem Finanzministerium nunmehr vorliegende Bauunterlage schließt mit 44 Mio. € Gesamtbaukosten ab. Rechnet man zu dieser Summe die Kosten für die vorbereitenden Maßnahmen und die nicht veranschlagten Kosten der Ausstattung hinzu, ergibt sich ein Gesamtaufwand von rd. 50 Mio. €. Damit wird die geplante Sanierung einen Aufwand verursachen, der mehr als 60 % der vergleichbaren Neubaukosten erreicht und der die Kostenobergrenze der Wettbewerbsaufgabe deutlich überschreitet.

Nach Berechnungen des Rechnungshofs wären auf der Grundlage der Aufgabenstellung und bei Anlegen vernünftiger Sanierungsmaßstäbe Gesamtbaukosten von 36 Mio. € ausreichend, um die Ziele der Sanierung zu erreichen. Die Differenz von 8 Mio. € zu den jetzt veranschlagten Baukosten beruht im Wesentlichen auf Einsparungen beim Rückschnitt der Geschossdecken und der statischen Ertüchtigung (2,9 Mio. €), bei der Konstruktion der Fassade (3,0 Mio. €), bei der Gestaltung der Außenanlagen (0,6 Mio. €) und den entsprechenden Einsparungen bei den Baunebenkosten.

3.2 Risiken der geplanten Baudurchführung, Alternativen

Das Finanzministerium hat sich für eine konventionelle haushaltsfinanzierte Realisierung der Sanierungsmaßnahme entschieden. Diese Baudurchführung lässt einen erhöhten Koordinierungs- und Begleitungsaufwand erwarten. Außerdem sind nach den Prüfungserfahrungen des Rechnungshofs dabei Kostenrisiken durch Nachträge und Änderungen zu erwarten.

Mit der frühzeitigen Festlegung auf die Umsetzung des preisgekrönten Entwurfs nutzt die Verwaltung nicht die Wirtschaftlichkeitsvorteile, die ein Investor auf der Grundlage einer funktionalen Ausschreibung erzielen könnte. Insbesondere die Einbeziehung der späteren baulichen Unterhaltung und der Energieversorgung in sein Angebot würde zu wirtschaftlicheren Konstruktionen und energetisch optimierten technischen Anlagen führen.

4 Empfehlung des Rechnungshofs

Der Rechnungshof hat deshalb empfohlen,

  • von der Realisierung des im Wettbewerb ausgewählten Entwurfs abzusehen und eine wirtschaftlichere Planung in Auftrag zu geben,
  • das Sanierungsprojekt mit funktionaler Leistungsbeschreibung im Wege einer alternativen Ausschreibung (sogenannte A-B-C-Ausschreibung) in den Wettbewerb zu geben und dabei den Bauunterhalt sowie den technischen Gebäudebetrieb optional auszuschreiben und
  • bei künftigen Architektenwettbewerben den Vorgaben zur Wirtschaftlichkeit mehr Gewicht zu geben.

Ein Preisträger, dessen Entwurf von wesentlichen wirtschaftlichen Kriterien der Auslobung abweicht, darf nicht beauftragt werden.

5 Stellungnahme des Ministeriums

Das Finanzministerium weist in seiner Stellungnahme darauf hin, dass sich die vom Rechnungshof vorgebrachten Anregungen und Kritikpunkte auf einen inzwischen überholten Planungsstand beziehen. Die Planung sei in wesentlichen Punkten weiterentwickelt worden, die Kosten lägen damit bei 41 % vergleichbarer Neubaukosten bzw. bei 70 %, wenn die von der Umbaumaßnahme wenig tangierten Tiefgeschosse bei der Berechnung unberücksichtigt blieben.

Auch das Technik-Konzept sei wesentlich weiterentwickelt worden. Das Ziel einer rein natürlichen Belüftung werde bei den Büro- und Verwaltungsbereichen voll erreicht. Dagegen müssten die Bibliotheksbereiche aus Gründen der Behaglichkeit und Wirtschaftlichkeit mechanisch belüftet werden.

Die Einsparauflage von 50 % beim Energieverbrauch im späteren Betrieb würde mit der aktuellen Planung mehr als erfüllt, bei den Betriebskosten werde mit einem Einsparpotenzial von 40 % die Vorgabe des Wettbewerbs ebenfalls übertroffen.

Durch das Entfernen der energetisch problematischen und nutzungstechnisch ungünstigen zerklüfteten Vor- und Rücksprünge in den Fassaden werde die Voraussetzung für eine (energie-) effiziente Ertüchtigung der Gebäudehülle geschaffen. Die vom Rechnungshof geforderte Nutzung der vorhandenen Gebäudesubstanz sei durch die Weiterentwicklung der Planung sichergestellt.

Mit der notwendigen baulichen und technischen Ertüchtigung werde die Chance genutzt, die nutzungsspezifischen Mängel sowie den architektonischen und städtebaulichen Missstand der Universitätsbibliothek zu beseitigen und sie zukunftsfähig neu zu organisieren. Der Lösungsansatz des Rechnungshofs einer „bestandsnahen Sanierung“ greife zu kurz und sei finanziell nicht stimmig.

Die Durchführung der Sanierung im Rahmen einer Investorenmaßnahme sei nicht sinnvoll, da die für eine derartige Vergabe erforderlichen wesentlichen Umsetzungs- und Gestaltungsspielräume nicht gegeben seien.

6 Schlussbemerkung

Nach Einschätzung des Rechnungshofs wären auf der Grundlage der Aufgabenstellung und bei Anlegen vernünftiger Sanierungsmaßstäbe Gesamtbaukosten von 36 Mio. € ausreichend gewesen.

Auf den vom Rechnungshof kritisierten Flächenverlust, der kompensiert werden muss, ist das Finanzministerium in seiner Stellungnahme nicht eingegangen.

Positiv zu bewerten ist, dass die Verwaltung Kritik und Anregungen aufgegriffen und den Wettbewerbsentwurf grundlegend überarbeitet hat. Dennoch bleibt der Rechnungshof dabei, dass die Ziele der baulichen und technischen Sanierung der Universitätsbibliothek, nämlich bei hohen gestalterischen Anforderungen eine funktional optimale Lösung für den Bibliotheksbetrieb zu schaffen und gleichzeitig eine Senkung der künftigen Energie- und Betriebskosten zu erreichen, mit einem deutlich geringeren Kostenaufwand erreichbar gewesen wären.

Der Rechnungshof hält an seiner Auffassung fest, dass eine Realisierung des Projekts auch durch einen Investor möglich ist. Er schlägt deshalb vor, das Projekt alternativ auszuschreiben.

Bei künftigen Architektenwettbewerben müssen die Gebote von Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Nachhaltigkeit stärker als verbindliche Bewertungskriterien festgelegt und bei den Entscheidungen auch beachtet werden. Dazu sollten zur energetischen Bewertung der Entwürfe sachverständige Berater im Preisgericht mitwirken. Bei der Entscheidung über die Beauftragung muss die Einhaltung der bei der Wettbewerbsauslobung vorgegebenen Kriterien eine wesentliche Rolle spielen.