Das Versorgungsrecht für Beamte ist in der Mehrzahl der Fälle einfach zu handhaben. Gleichwohl deckt die risikoorientierte Prüfung der Erstfestsetzung von Versorgungsbezügen durch die Finanzkontrolle regelmäßig Fehler auf.
Diese Fehler könnten vermieden werden, wenn der Gesetzgeber das Versorgungsrecht weiter vereinfacht. Außerdem würde die Einführung einer elektronischen Versorgungsakte, die anlässlich der Einstellung des Beamten angelegt wird, die spätere Rekonstruktion der Biografie erleichtern.
1 Vorbemerkungen
Ein Beamter im Ruhestand erhält Versorgungsbezüge, deren Höhe sich gegenwärtig noch nach den Regeln des Beamtenversorgungsgesetzes des Bundes errechnet. Maßgeblich für die Höhe des Ruhegehalts sind danach einerseits die Höhe der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge, die der Beamte vor Eintritt in den Ruhestand bezogen hat, andererseits die ruhegehaltfähige Dienstzeit, die er im Laufe seines Berufslebens zurückgelegt hat.
Zuständig für die Festsetzung der Höhe des Ruhegehalts eines Landesbeamten ist das Landesamt für Besoldung und Versorgung (LBV). Die Sachbearbeitung im Einzelnen obliegt seit 01.11.2006 denselben Mitarbeitern, die auch die Besoldung des Beamten festgesetzt und administriert haben.
Das Staatliche Rechnungsprüfungsamt Stuttgart überprüft nach einem risikoorientierten System einerseits etwa ein Drittel der Erstfestsetzungsbescheide des Vorjahres, andererseits die Höhe der Versorgungsbezüge ausgewählter Geburtsjahrgänge. Schließlich werden auch jene Versorgungsfälle speziell geprüft, in denen besonders fehleranfällige Vorschriften des geltenden Versorgungsrechts anzuwenden sind.
Werden bei der Prüfung Fehler bei der Festsetzung der Versorgungsbezüge festgestellt, führt dies in der Regel zur Korrektur der Versorgungsbescheide, ggf. auch zur Rückforderung zu viel bezahlter bzw. zur Nachzahlung zu wenig bezahlter Versorgungsbezüge.
Die Tabelle zeigt die finanziellen Auswirkungen dieser Prüfungstätigkeit.

Im Falle jährlicher Minderausgaben können sich die Einsparungen für den Landeshaushalt im Einzelfall wegen der oft jahrzehntelangen Bezugsdauer der Versorgungsbezüge auf sechsstellige Beträge addieren.
Die finanziellen Erfolge dieser Prüfungstätigkeit rechtfertigen auch in Zukunft die im bundesweiten Vergleich hohe Prüfungsdichte, mit der sich die baden-württembergische Finanzkontrolle der Festsetzung von Versorgungsbezügen widmet.
2 Schwierigkeiten bei der Festsetzung der Versorgungsbezüge
Gegenüber anderen Versorgungssystemen (z. B. der gesetzlichen Rentenversicherung) zeichnet sich das Beamtenversorgungsrecht im Prinzip durch einfache und transparente Regeln aus. In etwa 85 % der Fälle kann die Erstfestsetzung deshalb ohne besondere Schwierigkeiten erfolgen und erweist sich auch bei der Prüfung in aller Regel als korrekt.
Das gilt insbesondere in jenen Fällen, in denen der Beamte, der in den Ruhestand tritt, sein gesamtes Berufsleben im Beamtenverhältnis verbracht hat und deshalb nicht über konkurrierende Ansprüche aus anderen Altersversorgungssystemen verfügt.
Schwierigkeiten ergeben sich hingegen dann, wenn neben dem Versorgungsrecht Anwartschaften aus anderen Altersversorgungssystemen zu berücksichtigen sind oder andere Sonderfälle vorliegen. Die wichtigsten Fallgruppen werden im Folgenden benannt:
2.1 Unzureichende Informationen über die berufliche Biografie des Beamten
In einer beachtlichen Zahl von Fällen ergeben sich bei der Ermittlung der ruhegehaltfähigen Dienstzeiten Schwierigkeiten, weil die Einzelheiten der oft jahrzehntelang zurückliegenden beruflichen Biografie des Beamten außerhalb des öffentlichen Dienstes kaum mehr aufzuklären sind.
Dies gilt insbesondere dann, wenn der Beamte vor dem Eintritt in den Ruhestand verstirbt und deshalb nicht mehr zur Aufklärung seiner Biografie beitragen kann. Der Ehegatte des Beamten, um dessen Versorgung es in diesen Fällen zumeist geht, verfügt häufig nicht über die zur Klärung der Biografie notwendigen Informationen.
Der Rechnungshof schlägt deshalb vor, zur Vermeidung solcher Defizite künftig für jeden Beamten schon bei Eintritt in den Dienst des Landes eine elektronisch geführte Versorgungsakte anzulegen, in die die zur späteren Versorgungsfestsetzung notwendigen biografischen Daten aufgenommen werden.
Neben Daten, die sich auf die Zeit vor dem Eintritt in das Beamtenverhältnis beziehen, könnte die elektronische Versorgungsakte auch zuverlässig darüber Auskunft geben, ob und ggf. wie lange der Beamte während seiner Dienstzeit ruhegehaltfähige Zulagen bezogen hat. Häufig sind diese in den Personalakten nicht zutreffend vermerkt.
2.2 Anrechnung von Renten
Wenn ein Beamter neben der beamtenrechtlichen Versorgung Renten aus der Sozialversicherung oder aus einer berufsständischen Versorgung bezieht, werden diese Renten nach Maßgabe des § 55 BeamtVG auf die Ruhegehaltsansprüche angerechnet.
Voraussetzung dafür ist, dass diese Rentenansprüche dem LBV bekannt sind.
Eine Prüfung des Rechnungshofs im Jahr 2004, bei der die Daten des LBV mit den Daten der gesetzlichen Rentenversicherung abgeglichen wurden, ergab, dass nicht in allen Fällen ein Rentenbezug beim LBV bekannt ist (siehe Denkschrift 2006, Beitrag Nr. 5, Anrechnung von Renten auf Versorgungsbezüge).
Der Rechnungshof hat deshalb vorgeschlagen, eine ausreichende Rechtsgrundlage dafür zu schaffen, die das LBV ermächtigt, die Daten der Versorgungsempfänger mit den Daten der Rentenversicherungen abzugleichen.
2.3 Anrechnung nicht in Anspruch genommener Renten
In bestimmten Fällen werden vom Beamten nicht in Anspruch genommene Renten auf das Ruhegehalt angerechnet. In diesen Fällen ist ein Datenabgleich nicht zielführend, da keine Zahlungen an den Ruhestandsbeamten erfolgen.
Aufklärbar sind diese Fälle nur, wenn sich die fiktiven Rentenansprüche aus den Angaben oder der Biografie des Beamten ergeben. In jedem Fall ist ein erheblicher Bearbeitungsaufwand erforderlich, zudem sind sie besonders fehleranfällig.
2.4 Fälle, in denen ein Versorgungsausgleich stattgefunden hat
Die familienrechtlichen Regelungen über den Versorgungsausgleich sind überaus kompliziert und führen in einer nennenswerten Zahl von Fällen ebenfalls zu Fehlern bei der Festsetzung der Versorgungsbezüge.
Hier ist der Bundesgesetzgeber aufgefordert, auf eine Vereinfachung des Rechts des Versorgungsausgleichs hinzuarbeiten.
2.5 Anrechenbare Zeiten bei Professoren
Nach § 67 Beamtenversorgungsgesetz sind bei Professoren auch bestimmte Zeiten vor der Berufung ins Professorenverhältnis als ruhegehaltfähige Dienstzeiten anzurechnen (z. B. die Zeit zur Vorbereitung auf die Promotion).
Auch bei der Anwendung dieser Vorschrift kommt es gelegentlich zu Schwierigkeiten und Fehlern, da sich die anrechenbaren Zeiten oft nur noch unzureichend rekonstruieren lassen. Dies gilt insbesondere dann, wenn nicht bereits bei der Berufung des Professors verbindlich entschieden worden ist, welche Vordienstzeiten ruhegehaltsfähig sind.
Der Landesgesetzgeber sollte bei der anstehenden Neuregelung das Versorgungsrecht für Professoren vereinfachen (z. B. durch eine stärkere Pauschalierung oder eine Pflicht zur Vorabentscheidung), um die Fehleranfälligkeit dieser Normen zu vermindern.
2.6 Auf Initiative des Rechnungsprüfungsamts behobene Schwierigkeiten
Als schwierig und fehleranfällig erwies sich in der Vergangenheit die Verteilung der Versorgungslasten, wenn der Beamte im Laufe seines Berufslebens den Dienstherrn gewechselt hat (§ 107 b Beamtenversorgungsgesetz). Auf Vorschlag des Staatlichen Rechnungsprüfungsamts Stuttgart wurde hierzu vom LBV ein neuer Berechnungsvordruck eingeführt, durch den diese Vorschrift jetzt nahezu fehlerfrei angewendet wird.
Auch die Berechnung der Kindererziehungszuschläge nach § 50 a Beamtenversorgungsgesetz erwies sich in der Vergangenheit als ausgesprochen fehleranfällig. Hier hat ein neu eingeführtes DV-Programm dazu geführt, dass die Fehlerquote des LBV in diesem Bereich nunmehr gegen null geht.
3 Vorschläge für Neuregelungen im Versorgungsrecht
Durch die im Jahr 2006 in Kraft getretene Föderalismusreform I ist die Gesetzgebungszuständigkeit für das Recht der Beamtenversorgung auf die Länder übergegangen.
Der Landtag wird voraussichtlich noch in dieser Legislaturperiode ein neues Versorgungsrecht für die Beamten des Landes, der Kommunen und der der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften und Anstalten verabschieden.
Der Landesgesetzgeber sollte bei der anstehenden Novellierung das Versorgungsrecht noch weiter vereinfachen und die oben genannten Fehlerquellen ausschließen.
Insbesondere die vom Rechnungshof in den letzten Jahren mehrfach angemahnte Trennung der Versorgungssysteme würde die aufwendige und fehleranfällige Verrechnung von Renten und Versorgungsbezügen auf lange Frist beseitigen. Ein Beamter, der vor seiner Berufung in das Beamtenverhältnis Rentenanwartschaften erworben hat, könnte diese dann neben seinen Versorgungsbezügen geltend machen. Die rentenversicherungspflichtigen Zeiten müssten im Gegenzug nicht mehr als ruhegehaltfähige Dienstzeiten angerechnet werden.
4 Stellungnahme des Ministeriums
Das Finanzministerium hat keine grundsätzlichen Einwendungen gegen die Feststellungen und die Folgerungen des Rechnungshofs. Die vorgeschlagenen Rechtsänderungen werde es im Zuge des anstehenden Gesetzgebungsverfahrens prüfen.