Das Ökokonto als Lösungsansatz für Umsetzungsdefizite bei Straßenbau und Gewässerentwicklung [Beitrag Nr. 6]

Die Kompensation von Eingriffen in Natur und Landschaft im Straßenbau weist oft Umsetzungsdefizite auf. Gleichzeitig steht die Wasserwirtschaft finanziellen Engpässen bei der Realisierung der naturnahen Gewässerentwicklung gegenüber. Das naturschutzrechtliche Ökokonto mit seinem interdisziplinären Lösungsansatz kann künftig dazu beitragen, diese Probleme zu bewältigen, ohne den Landeshaushalt zusätzlich zu belasten.

1 Vorbemerkung

Die schwierige Haushaltssituation und die sich daraus ergebenden finanziellen Einschnitte vor allem in den Förderbereichen von Fachplanungen, wie Straßenbau und Gewässerentwicklung, sowie Probleme bei der Flächenverfügbarkeit führen immer wieder zu Verzögerungen bei der Realisierung von Infrastrukturvorhaben, an denen ein Landesinteresse besteht. Vor diesem Hintergrund hat der Rechnungshof die Umsetzung von Kompensationsmaßnahmen (Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für Eingriffe in Natur und Landschaft) bei Vorhaben im Landes- und kommunalen Straßenbau sowie von Vorhaben der Gewässerentwicklung geprüft.

2 Defizite bei der Eingriffskompensation im Straßenbau

Der Neu- und Ausbau von Straßen ist in der Regel ohne Eingriffe in den Naturhaushalt und in das Landschaftsbild nicht realisierbar. Bei Straßenbauvorhaben stehen sich daher stets die Interessen des Straßenbaulastträgers an einer verkehrlich optimalen Trasse und die Interessen des Natur- und Landschaftsschutzes an einem möglichst geringen „Verbrauch von Schutzgütern“ gegenüber. Um diese Spannungen auszugleichen, ist nach dem Naturschutzrecht zwingend die stufenweise Eingriffsregelung anzuwenden. Danach sind

  • Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen oder zumindest zu minimieren,
  • unvermeidbare Beeinträchtigungen innerhalb einer Frist auszugleichen; dabei sollen Ausgleichsmaßnahmen in einem direkten räumlichen und funktionalen Bezug zur Eingriffsfläche die beeinträchtigten Schutzgüter wiederherstellen,
  • Ersatzmaßnahmen an anderer Stelle durchzuführen, sofern Ausgleichsmaßnahmen nicht möglich sind oder nicht ausreichen; bei Ersatzmaßnahmen ist sowohl der funktionale als auch der räumliche Bezug zum Eingriffsort gelockert, und
  • Ausgleichsabgaben (an die Stiftung Naturschutzfonds beim Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum) zu entrichten, sofern auch durch Ersatzmaßnahmen keine Kompensation erreicht werden kann.

Die Auswirkungen des Eingriffs werden im landschaftspflegerischen Begleitplan, der mit der Entwurfsplanung einer Straße erstellt wird, ermittelt und beschrieben. Außerdem werden in ihm im Benehmen mit der Naturschutzbehörde die Maßnahmen zur Vermeidung und Minimierung der Beeinträchtigung bzw. die Kompensationsmaßnahmen dargestellt. Aufbauend auf dem landschaftspflegerischen Begleitplan wird zeitgleich mit dem Bauentwurf für die Straße ein landschaftspflegerischer Ausführungsplan erstellt, um die landschaftspflegerischen Maßnahmen abstimmen zu können.

2.1 Finanzvolumen

Die Ausgaben für Kompensationsmaßnahmen im Landesstraßenbau liegen im Durchschnitt zwischen 3 % und 5 % der Gesamtausgaben eines Bauvorhabens; im Einzelfall können dies Millionenbeträge sein.

Vergleichbares trifft für den kommunalen Straßenbau zu. Hier liegen die Ausgaben für Kompensationsmaßnahmen vereinzelt sogar bei über 10 % der zuwendungsfähigen Ausgaben bzw. im mehrstelligen Millionenbereich. Bedingt durch die Förderung von bis zu 70 % der zuwendungsfähigen Ausgaben für Kompensationsmaßnahmen besteht für die Straßenbaulastträger bisher jedoch selten Anlass, neben der ökologischen auch insgesamt für eine wirtschaftliche(re) Lösung einzutreten.

2.2 Umsetzungsprobleme

Die Straßenbauverwaltung ist für die Durchführung der im Planfeststellungsverfahren festgesetzten Kompensationsmaßnahmen zuständig; ggf. werden die Naturschutzbehörden beteiligt. Die Straßenbauverwaltung ist in der Regel bestrebt, die Kompensationsmaßnahmen zeitnah umzusetzen. Angesichts der zunehmenden Eingriffsintensität und damit steigender Flächenanforderungen von naturschutzrechtlichen Kompensationen stellen sich die Umsetzungen aber oft als zeit- und arbeitsaufwendig heraus, sodass sie schleppend oder auch nur teilweise realisiert werden. Der Rechnungshof hat festgestellt, dass in einigen Fällen die Umsetzung der Kompensationsmaßnahmen auch Jahre nach Inbetriebnahme der Straße noch aussteht.

Beispiel: Im Zuge des Ausbaus einer Bundesstraße wurden Mitte der Neunzigerjahre im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens umfangreiche Kompensationsmaßnahmen gefordert, zu denen auch der Rückbau einer Landesstraße gehörte. Die Verkehrsfreigabe der Bundesstraße erfolgte im Mai 2000; der Rückbau der Landesstraße wurde jedoch bis heute nicht durchgeführt. Inzwischen ist nicht auszuschließen, dass der Rückbau in Teilbereichen nicht mehr erfolgen wird, da eine angrenzende Gemeinde für eine Gewerbegebietserschließung auf den Erhalt der Straße drängt, um den Ortskern vom Schwerlastverkehr zu entlasten.

Darüber hinaus treten immer wieder Schwierigkeiten beim Grunderwerb für Kompensationsmaßnahmen auf, da sich die Eigentümer gegen den Verkauf von bislang zumeist landwirtschaftlich genutzten Flächen wehren. Häufig werden Kompensationsmaßnahmen dann zurückgestellt (d. h. nicht ausgeführt). Lediglich in Ausnahmefällen hat die Straßenbauverwaltung auf Kompensationsmaßnahmen eines kommunalen Ökokontos zurückgegriffen.

Beispiel: Die Straßenbauverwaltung konnte die ursprünglich für Eingriffe im Zusammenhang mit dem Ausbau einer Landesstraße vorgesehene Kompensationsmaßnahme wegen Schwierigkeiten beim Grunderwerb nicht realisieren. Stattdessen wurden Gewässerentwicklungsmaßnahmen (Grunderwerb, Bepflanzung) aus dem kommunalen Ökokonto der Stadt B. finanziert.

Mitunter sind Kompensationsflächen auch gar nicht verfügbar, oder die Grunderwerbskosten sind sehr hoch, weil die Nachfrage das Angebot übersteigt. In der Regel werden dann die gerade zur Verfügung stehenden Flächen oder solche, bei denen der Zugriff unproblematisch ist, herangezogen. Damit geht aber häufig der nach dem Naturschutzrecht gebotene funktionale und räumliche Zusammenhang von Eingriff und Kompensation verloren.

Insgesamt bewegt sich der Umsetzungsgrad der Kompensationsmaßnahmen sowohl beim Landes- als auch beim kommunalen Straßenbau nach Erkenntnissen des Rechnungshofs zwischen 50 % und 70 %. Die Defizite sind sowohl der Straßenbau- als auch der Naturschutzverwaltung bekannt. Erste Ansätze der Straßenbauverwaltung, dem durch den Aufbau eines Kompensationskatasters entgegenzuwirken, in das alle umgesetzten, aber auch noch anstehende Kompensationsmaßnahmen aufzunehmen sind, wurden bislang nicht weiter verfolgt.

2.3 Erfolgskontrolle

Die Erfolgskontrolle der Kompensationsmaßnahmen umfasst im Einzelnen eine

  • Durchführungskontrolle (= Überprüfung der fachgerechten Umsetzung entsprechend den landschaftspflegerischen Begleit- bzw. Ausführungsplänen),
  • Funktionskontrolle (= Nachweis der Funktionserfüllung von Kompensationsmaßnahmen zu einem beliebigen Zeitpunkt nach Fertigstellung) und
  • Wirkungskontrolle (= Nachweis, ob die angestrebten positiven Wirkungen von Kompensationsmaßnahmen tatsächlich eintreten).

In der Praxis führen aber weder die Straßenbaulastträger noch die Genehmigungs- oder Naturschutzbehörden Funktions- und Wirkungskontrollen durch. Erschwert werden diese, weil bislang weder die Naturschutz- noch die Straßenbauverwaltung ein Kataster führt, aus dem hervorgeht, wo sich Kompensationsmaßnahmen befinden und inwieweit sie umgesetzt sind.

3 Finanzierungsengpässe bei der Umsetzung der Gewässerentwicklung

Die Gewässerentwicklung umfasst Maßnahmen, welche die wasserwirtschaftliche und ökologische Funktionsfähigkeit der Gewässer erhalten oder nachhaltig verbessern bzw. wieder herstellen sollen. In diesem Sinne haben die Träger der Unterhaltungslast nach den Wasserrechtsvorschriften die Aufgabe, bei nicht naturnah ausgebauten Gewässern in einem angemessenen Zeitraum die Voraussetzungen für eine naturnahe Entwicklung zu schaffen. Die Entwicklung und Unterhaltung der Gewässer erster Ordnung (rd. 4.000 km) ist Aufgabe des Landes, die der Gewässer zweiter Ordnung (rd. 46.000 km) liegt bei den Gemeinden.

Die Umsetzung der naturnahen Gewässerentwicklung erfolgt anhand von

  • Gewässerentwicklungskonzepten, in denen die wasserwirtschaftlichen und ökologischen Ziele für ein Einzugsgebiet oder für größere Gewässerabschnitte formuliert werden, und
  • Gewässerentwicklungsplänen, die auf den Gewässerentwicklungskonzepten aufbauen und parzellenscharf Maßnahmen beschreiben, wie z. B. die Beseitigung von ökologischen Wanderungshindernissen für Tiere und Kleinlebewesen (u. a. Wehr- und Wasserkraftanlagen) erfolgen soll.

3.1 Haushaltsansätze und Mittelherkunft

Im Staatshaushaltsplan waren für das Jahr 2006 Zuwendungen von rd. 43,0 Mio. € für „Wasserbau und Gewässerökologie“ an Gewässern zweiter Ordnung ausgewiesen. Während ein Großteil dieser Mittel für den technischen Hochwasserschutz (z. B. Rückhaltung, Dämme) benötigt wird, hat das Umweltministerium ab dem Jahr 2005 für die Gewässerökologie - im Zusammenhang mit Hochwasserschutz - aus diesen Haushaltsansätzen einen Förderkorridor von jährlich rd. 3,5 Mio. € eingerichtet. Bei den Gewässern erster Ordnung wurden die Mittelansätze für ökologische Maßnahmen ab dem Jahr 2001 deutlich zugunsten des technischen Hochwasserschutzes reduziert.

Daher ist die Umsetzung von Gewässerentwicklungsvorhaben mit Mitteln der Wasserwirtschaft seit etwa 2004 sowohl an Gewässern erster als auch zweiter Ordnung durch Land und Gemeinden nahezu zum Erliegen gekommen. So wurden beispielsweise 2006 landesweit noch acht Gewässerentwicklungspläne gefördert. Die Zahl der nach derzeitigem Stand im Land umsetzbaren Gewässerentwicklungspläne beläuft sich auf knapp 900.

Derzeit bleibt der Wasserwirtschaftsverwaltung meist nur der Weg, die Vorhaben als Kompensationsmaßnahmen durch Eingreifer in Natur und Landschaft finanzieren zu lassen (z. B. Deutsche Bahn AG, Straßenbaulastträger).

3.2 Mittelbedarf zur Umsetzung der Gewässerentwicklungspläne

Durch die Ende 2000 in Kraft getretene europäische Wasserrahmenrichtlinie wird innerhalb der Europäischen Union erstmals eine einheitliche und länderübergreifende Bewirtschaftung der Gewässer eingeführt. Mit ihr werden stärker als bisher die ökologischen Funktionen von Seen und Flüssen als Lebensraum für Pflanzen und Tiere berücksichtigt und auf diese Weise auch die Ziele des Naturschutzes einbezogen. Die Wasserrahmenrichtlinie wurde Ende 2003 durch Änderungen im Wassergesetz von Baden-Württemberg in Landesrecht umgesetzt.

Mit der Erstellung der Gewässerentwicklungskonzepte und -pläne und deren teilweiser Umsetzung wurden zwar wichtige Bausteine im Hinblick auf die Umsetzung der an EU-Recht angepassten Wasserrechtsvorschriften erarbeitet. Angesichts der in den letzten Jahren ins Stocken geratenen Umsetzung von Gewässerentwicklungsplänen und des verbindlichen Ziels, bis zum Jahre 2015 den „guten Zustand“ der Oberflächengewässer und des Grundwassers herzustellen, zeigen sich aber erhebliche Diskrepanzen zwischen dem zeitlichen Ziel und der tatsächlichen Finanzierbarkeit der Maßnahmen.

Der konkrete Kostenrahmen zur Erreichung des „guten Gewässerzustands“ kann zwar erst anhand der bis 2009 zu erstellenden Bewirtschaftungspläne beziffert werden. Nach derzeitigem Kenntnisstand ist aber davon auszugehen, dass sich der Mittelbedarf im Land auf insgesamt etwa 500 Mio. € belaufen dürfte. Herunter gebrochen auf die Jahre 2007 bis 2015 ergibt sich ein durchschnittlicher jährlicher Mittelbedarf von rd. 62,5 Mio. €. Selbst wenn alle Fristverlängerungen ausgeschöpft werden, wäre - ausgehend vom letzten Berichterstattungstermin an die Europäische Union im Jahr 2027 - immer noch ein durchschnittlicher Mittelbedarf von rd. 25 Mio. € je Jahr erforderlich. Demgegenüber stehen momentan jährlich 3,5 Mio. €, die das Land den Gemeinden als Zuwendung für Gewässerentwicklungsvorhaben zur Verfügung stellt.

Eine Umschichtung von Mitteln aus anderen Fördertöpfen ist nicht realistisch, da der Hochwasserschutz noch über viele Jahre den Schwerpunkt des umweltpolitischen Handelns bilden wird.

4 Lösungsansatz „Naturschutzrechtliches Ökokonto“

Beide Problembereiche - Straßenbau und Gewässerentwicklung - veranschaulichen, dass aus den Prüfungserkenntnissen abgeleitete fachspezifische Empfehlungen, wie z. B. wirtschaftlichere Durchführung von Kompensationsmaßnahmen mit stärkerer Erfolgskontrolle sowie Mittelumschichtungen bei der Wasserwirtschaft zugunsten der Gewässerentwicklung, kaum machbar und finanzierbar sind. Eine Möglichkeit, den gesetzlichen Vorgaben im Umwelt- und Naturschutz nachzukommen, ohne die dringend erforderlichen Infrastrukturvorhaben zu gefährden, bietet sich indessen in einem interdisziplinären Lösungsansatz.

Eine Chance hierzu eröffnet das in Baden-Württemberg Ende 2005 novellierte Gesetz zum Schutz der Natur, zur Pflege der Landschaft und über die Erholungsvorsorge in der freien Landschaft (Naturschutzgesetz) mit dem darin enthaltenen naturschutzrechtlichen Ökokonto.

Die Schwierigkeiten, den Anforderungen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung nachzukommen, hatten bereits Mitte der Neunzigerjahre dazu geführt, dass von der Landschaftsplanung eine Form der Eingriffskompensation entwickelt wurde, die unter dem Begriff „Ökokonto“ Eingang in das Bauplanungsrecht fand. Mit ihm können Maßnahmen zugunsten der Natur bereits vor dem eigentlichen Eingriff durchgeführt und Schäden an Natur und Landschaftsbild nicht erst nachträglich „wieder gut gemacht“ werden.

So können in Baden-Württemberg die Gemeinden seit 1998 Ökokonten nach dem Bauplanungsrecht führen. Sie verfolgen damit vorrangig das Ziel, bauplanungsrechtliche Verfahren zu vereinfachen bzw. zu beschleunigen, indem realisierte und bewertete Kompensationsmaßnahmen (u. a. Bodenentsiegelungen und Gewässerentwicklungen) eingesetzt werden. Vorfinanziert werden die Kompensationsmaßnahmen in der Regel über einen Erschließungsträger; gelegentlich werden Mittel im kommunalen Haushalt veranschlagt. Erfolgt eine Abbuchung der Maßnahmen vom Ökokonto der Gemeinde, holt sich diese den entsprechenden Wert später über Erschließungsbeiträge zurück. Derartige Kompensationsmaßnahmen nach dem Bauplanungsrecht sind im Gegensatz zum neuen naturschutzrechtlichen Ökokonto nicht handelbar.

In § 22 des novellierten Naturschutzgesetzes werden nach den positiven Erfahrungen mit dem kommunalen Ökokonto in der Bauleitplanung vorgezogene Kompensationsmaßnahmen nunmehr auch außerhalb des Bereichs der Bauleitplanung, also im Außenbereich ermöglicht.

Eine Anrechnung vorgezogener Maßnahmen als Kompensation bei künftigen Eingriffen ist nur dann möglich, wenn diese „im eigenen Interesse oder für andere, aber ohne rechtliche Verpflichtung“ durchgeführt werden. Voraussetzung für die Anerkennung einer Kompensationsmaßnahme ist die vorherige Zustimmung der Naturschutzbehörde, welche die dauerhafte Aufwertung der Schutzgüter festzustellen und (in Ökopunkten) zu bewerten hat. Die Ansprüche auf Anrechnung als Kompensationsmaßnahme (also die Ökopunkte) sind handelbar.

Die Anwendung des naturschutzrechtlichen Ökokontos setzt Folgendes voraus:

  • Der Vermeidungsgrundsatz hat Vorrang vor der Durchführung von Kompensationsmaßnahmen.
  • Die ökologische Aufwertungsbedürftigkeit und -fähigkeit einer Fläche ist Voraussetzung für die Eignung als Kompensationsmaßnahme.
  • Ökokontomaßnahmen werden überwiegend als Ersatzmaßnahmen verwendet, da ein enger funktionaler oder örtlicher Bezug zu einem späteren Eingriff meist nicht gegeben ist. Sollten sie jedoch die rechtlichen und fachlichen Anforderungen von Ausgleichsmaßnahmen erfüllen, können sie auch für diese Art der Kompensation herangezogen werden.

Die Ausgestaltung des naturschutzrechtlichen Ökokontos soll in einer Rechtsverordnung geregelt werden, die das Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum im Einvernehmen mit dem Umweltministerium erarbeiten muss und die der Zustimmung des Landtags bedarf. Der gesetzliche Rahmen für das naturschutzrechtliche Ökokonto besteht also; die Bedingungen für die praktische Anwendung sind allerdings noch nicht festgelegt. Die Ergebnisse der Untersuchung des Rechnungshofs sollen ein Beitrag für die künftige praktische Anwendung des naturschutzrechtlichen Ökokontos sein und damit zugleich Wege aufzeigen, wie die beispielhaft bereits erwähnten Defizite minimiert werden können.

5 Schnittstellenfunktion des naturschutzrechtlichen Ökokontos

Mit der Anwendung des naturschutzrechtlichen Ökokontos würde sich für Kompensationsmaßnahmen im Bereich des Straßenbaus nicht nur die Erfolgskontrolle erübrigen, da auf bereits umgesetzte Kompensationsmaßnahmen zurückgegriffen wird; auch die aufwendige Suche nach Kompensationsflächen würde entfallen, und es ergäbe sich eine relative Planungssicherheit durch verlässliche Kalkulationsgrundlagen für den Erwerb der Ökopunkte. Die Gewässerentwicklungen wiederum eignen sich als Kompensationsmaßnahmen zur Einbuchung in ein naturschutzrechtliches Ökokonto, da Fließgewässer mit ihrer Artenvielfalt ein überdurchschnittliches ökologisches Vernetzungspotenzial darstellen und vielfach gleichzeitig Natura 2000-Gebiete sind. Für den Naturschutz bietet sich zudem die Möglichkeit, die Entwicklung großflächiger Naturräume gezielt zu steuern (siehe Abbildung).

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Aufgrund der Maßnahmenbevorratung und der Handelbarkeit der Ökopunkte bietet das naturschutzrechtliche Ökokonto überdies finanzielles Potenzial gegenüber der Kompensation nach dem Eingriff. So erfüllen die im Ökokonto enthaltenen Maßnahmen die neue Naturfunktion bereits in Teilen oder sogar vollständig, bevor der Eingriff (beispielsweise durch den Straßenbau) erfolgt. Dies wirkt sich in der Regel positiv auf die Bemessung des Kompensationsumfangs aus, sodass der Eingriffsverursacher eine geringere finanzielle Ausgleichslast beispielsweise dadurch zu tragen hat, dass weniger Fläche für den Ausgleich herangezogen wird.

Darüber hinaus kann der Träger des Ökokontos Flächen frühzeitig und ohne unmittelbaren Zeitdruck erwerben, sodass dies im Ergebnis zu günstigeren Bodenpreisen und damit zu einer „Preisdämpfung“ beim Erwerb der Ökopunkte führen kann. Hinzu kommt, dass eine bevorratete Fläche von ökologisch zunächst geringer Bedeutung im Laufe der Zeit durch Natur verbessernde Arbeiten (u. a. Pflege- und Unterhaltungsarbeiten) eine ökologische Wertsteigerung in Form zunehmender Ökopunkte erfahren kann. Mit den Ökopunkten wiederum kann gehandelt werden; d. h., die Maßnahmenfläche kann unabhängig vom eigentlichen Grundstückspreis eine Werterhöhung erfahren.

5.1 Finanzierungswege

Die Maßnahmenbevorratung nach dem naturschutzrechtlichen Ökokonto erfordert

  • Erst- bzw. Vorfinanzierungen der Ökokonto-Maßnahmen, einschließlich eventueller Vorfinanzierungskosten, ggf. in Form einer Anschubfinanzierung, und
  • Refinanzierungen der Durchführungsausgaben von Kompensationen (Grunderwerb, Wert der Kompensation mit Planungs- und Finanzierungskosten) sowie der laufenden Pflege- und Unterhaltungskosten.

Die Hauptproblematik besteht in der Vor- oder Anschubfinanzierung der Kompensationsmaßnahmen, also darin, wie das Startkapital bereitgestellt werden kann. Infrage kommen hierfür die (späteren) Eingreifer Landes- und kommunaler Straßenbau sowie Dritte, sei es in der Rechtsform einer Stiftung oder aus gewerblichem Interesse.

Im Einzelnen sind folgende Vorfinanzierungswege denkbar:

  • Eingreifer Landesstraßenbau

Vorstellbar sind hier projektbezogene Vorschusskonten, mit denen Kompensationsmaßnahmen für einen im Zusammenhang mit einer konkreten Straßenbaumaßnahme stehenden Eingriff finanziert werden. Ferner sollten Überlegungen angestellt werden, wie im Rahmen der für den Landesstraßenbau zur Verfügung stehenden Mittel Gelder für eine frühzeitige Durchführung von Kompensationsmaßnahmen bereitgestellt werden können. Möglicherweise ginge dies - zumindest kurzfristig - zulasten der für dringliche Straßenbaumaßnahmen verfügbaren Investitionsmittel. Deshalb könnte das Land als Straßenbaulastträger alternativ auch Ökopunkte aus von Dritten finanzierten Kompensationsmaßnahmen erwerben.

  • Eingreifer kommunaler Straßenbau

Die kommunalen Straßenbaulastträger werden Kompensationsmaßnahmen der eigenen Ökokonten für Eingriffe in ihrem Straßenbau einsetzen können. Insofern bleiben Vorfinanzierung und Refinanzierung zwar unter einem Dach; allerdings entfällt für die Gemeinden der Vorfinanzierungsweg über Erschließungsträger. Die Gemeinden können allerdings im Unterschied zum Ökokonto in der Bauleitplanung mit den Ökopunkten aus bevorrateten Maßnahmen und Flächen handeln. Im Übrigen sollte das Land anstreben, die Förderung der Kompensationsmaßnahmen zu deckeln (siehe Pkt. 5.5). In welchem Umfang die Gemeinden in eine Vorfinanzierung einsteigen werden, ist abhängig von der jeweiligen Haushaltslage, der Verfügbarkeit von (kostengünstigen) Flächen, die sich für Kompensationsmaßnahmen eignen, und vom künftigen Bedarf an Eingriffskompensationen.

  • Stiftung Naturschutzfonds

Die Stiftung Naturschutzfonds ist eine Einrichtung des öffentlichen Rechts beim Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum. Zu ihren Aufgaben zählt satzungsgemäß die Förderung von Projekten des amtlichen und privaten Naturschutzes, aber auch der Erwerb von Grundstücken für Zwecke des Naturschutzes. Die Aufgaben werden u. a. mit Erträgen aus der Grundausstattung, den Ausgleichsabgaben und Zuwendungen Dritter (z. B. Spenden, aber auch ggf. Zuwendungen des Landes nach Maßgabe des Staatshaushaltsplans) erfüllt. Das novellierte Naturschutzgesetz sieht in § 65 Absatz 4 weiterhin vor, dass die Stiftung Naturschutzfonds Maßnahmen nach dem naturschutzrechtlichen Ökokonto durchführt; sie kann hierfür Grundstücke erwerben und bisher mit ihren Mitteln erworbene Grundstücke im Landesbesitz verwenden.

Den Grundstock für die Anschubfinanzierung könnten die Flächen bilden, die von der Stiftung Naturschutzfonds bereits mit eigenen Mitteln erworben wurden. Im Weiteren wäre ein Finanzierungspool aufzubauen, der sich mittelfristig durch die Veräußerung von Flächen finanziert. Der Bedarf für ggf. zusätzlich bereitzustellende Landesmittel als Zuwendungen an die Stiftung im Sinne der Anschubfinanzierung kann derzeit nicht abgeschätzt werden. Er wäre aber in jedem Fall temporär, und die Mittel wären durch Refinanzierungen später wieder auszugleichen.

  • Stiftungen Dritter

Auch im Besitz gemeinnütziger Stiftungen befindliche Kompensationsflächen können in ein Ökokonto eingebracht werden. Solche Stiftungen finanzieren sich durch den Verkauf von im Rahmen der Maßnahmenentwicklungen geschaffenen Ökopunkten, die von allen Eingreifern erworben werden können.

  • Private Finanzierer

Grundsätzlich können Dritte, die naturschutzrechtlichen Anforderungen entsprechende vorlaufende Kompensationsmaßnahmen durchführen bzw. Flächen hierfür zur Verfügung stellen, deren Einbuchung in ein Ökokonto verlangen. In Frage kommen hierfür insbesondere Landwirte, die nicht mehr landwirtschaftlich genutzte Flächen einbringen und ggf. aufwerten. Anhand der Aufwertungen in Ökopunkten können monetäre Wertsteigerungen der Flächen erreicht werden.

5.2 Stiftung Naturschutzfonds als Handelsagentur

Die neuen naturschutzrechtlichen Bestimmungen eröffnen ein breites Spektrum an Maßnahmenträgern. So kommen „Agenturen zur Bereitstellung und Vermittlung von Ersatzmaßnahmen“ in Betracht, die sowohl juristische Personen des Privatrechts als auch Landesbetriebe sein können. Ebenso können die Gemeinden tätig werden.

Aufgabe einer Agentur wäre es,

  • einen Flächen- und Maßnahmenpool zur Bevorratung von Kompensationsmaßnahmen aufzubauen,
  • die eingebuchten Kompensationsmaßnahmen an die Eingreifer zu vermitteln und
  • die Pflege und Funktion der vermittelten Kompensationsmaßnahmen dauerhaft sicherzustellen, soweit dies nicht durch Dritte erfolgt.

Die Agentur könnte Flächen erwerben und Kompensationsmaßnahmen entwickeln bzw. entwickeln lassen, um diese zu einem späteren Zeitpunkt an Eingriffsverursacher (Straßenbau, Deutsche Bahn AG usw.) gegen Entgelt zu vermitteln. Die Mittel könnten dann wieder dem Ökokonto für den Erwerb neuer Flächen zufließen.

Um zu vermeiden, dass aus Landessicht völlig neue Verwaltungsapparate aufgebaut werden, sollte die Stiftung Naturschutzfonds entsprechend ihres Auftrags aus dem Naturschutzgesetz (siehe Pkt. 5.1) die Funktion einer landesweit tätigen Handelsagentur übernehmen.

5.3 Aufbau eines Maßnahmen- und Flächenkatasters

Der Aufbau eines Maßnahmen- und Flächenkatasters stellt eine wichtige Voraussetzung für eine wirksame Nutzung von Kompensationsflächen aus Ökokonten dar. Es bildet zudem die Grundlage für den Handel mit Ökopunkten, da es Flächen und Maßnahmen zwischen dem Ökokontoträger und dem Verursacher des Eingriffs zu vermitteln hilft. Hierfür sind die Maßnahmen und Flächen wie folgt aufzulisten:

  • Ökokontofähige Flächen, die zur Durchführung von Kompensationsmaßnahmen zur Verfügung stehen, soweit die unteren Naturschutzbehörden die Erfassung personell leisten können,
  • Kompensationsmaßnahmen, die in ein Ökokonto eingebucht sind, und
  • in Anspruch genommene Kompensationsmaßnahmen, die aus einem Ökokonto ausgebucht wurden.

Mittelfristig sollten diese Inhalte in einem zentralen, von der Naturschutzverwaltung geführten und kontinuierlich gepflegten Ökokonto-Kataster zusammengeführt werden. Der Öffentlichkeit ist der Zugang über das Internet zu gewähren. In diesem Zusammenhang kann auf dem seit einiger Zeit bestehenden DV-Programm „Ökokonto-Kataster“ der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg aufgebaut werden, das für die Flächen- und Maßnahmenbevorratung in der Bauleitplanung entwickelt wurde. Im Hinblick auf die Bewertung einer Maßnahme/Fläche („Ökokontofähigkeit“) könnten die unteren Naturschutzbehörden darüber hinaus durch eine in das Kataster einzustellende Muster- oder Beispielsammlung unterstützt werden.

5.4 Ökokontofähigkeit und Bewertung von Gewässerentwicklungsvorhaben

Ökokontofähige Kompensationsmaßnahmen werden in vielen Fällen aus zu entwickelnden Natura 2000-Gebieten bestehen. Daneben kommen Maßnahmen zur Renaturierung von Fließgewässern einschließlich der Uferbereiche und zur Herstellung der ökologischen Durchgängigkeit, z. B. für Fische, in Betracht.

Aus naturschutzrechtlicher Sicht sind jedoch nur solche Gewässerentwicklungsmaßnahmen ökokontofähig, die über die eigentlichen Pflichtaufgaben hinausgehen. So ist die Unterhaltung und punktuelle Pflege des Gewässerbettes und der Ufer eines Gewässers eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung. Demgegenüber ist der Ausbau eines Gewässers oder seiner Ufer mit dem Ziel, eine naturnahe Gewässerentwicklung zu schaffen, schon im Hinblick auf die Zweckbestimmung keine Pflichtaufgabe im Sinne des § 22 Absatz 2 Naturschutzgesetz. Dies gilt auch für die Anlage von Auebereichen und Gewässerrandstreifen zur Verbesserung der Gewässerqualität.

Allerdings sind die Grenzen zwischen der „herkömmlich ausreichenden“ und der weit darüber hinaus gehenden „höherwertigen“ Unterhaltung fließend. Die Ökokontofähigkeit von Gewässerentwicklungsvorhaben ist in der noch zu erarbeitenden Rechtsverordnung zu präzisieren.

Im Vergleich mit anderen Kompensationsmaßnahmen ist die Umsetzung von Gewässerentwicklungsplänen wegen der hohen Investitionen für die ökologische und morphologische Gewässerentwicklung oft sehr kostenintensiv. Da jedoch viele Gewässerabschnitte gleichzeitig Natura 2000-Gebiete sind, sie also auch von Bedeutung für Natur- und Artenschutz sind, bietet sich an, dies ggf. bei der Bewertung nach Ökopunkten entsprechend zu berücksichtigen.

5.5 Handlungsfeld Förderungen

Die Gewässerentwicklungspläne für Gewässer zweiter Ordnung und der kommunale Straßenbau liegen in der Planungshoheit und Zuständigkeit der Gemeinden. Da an der Realisierung dieser Vorhaben oft aber auch ein Landesinteresse besteht, können sie nach den „Förderrichtlinien Wasserwirtschaft“ bzw. nach der Verwaltungsvorschrift zum bisherigen Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz im Wege der Anteilsfinanzierung mit jeweils bis zu 70 % der zuwendungsfähigen Ausgaben gefördert werden. Zuwendungen sind freiwillige Leistungen, die dem Ermessen des Zuwendungsgebers unterliegen.

Nachdem die von der Wasserwirtschaftsverwaltung eingeplanten jährlichen Fördermittel von rd. 3,5 Mio. € bei Weitem nicht ausreichen, um die Vielzahl der umsetzbaren Gewässerentwicklungspläne in angemessener Zeit zu realisieren, sollte auch im Sinne der Gleichbehandlung der Antragsteller diese Förderung zu gegebener Zeit generell auf den Prüfstand gestellt werden, also sobald das naturschutzrechtliche Ökokonto sich wie vorgesehen in der Praxis bewährt hat.

Für den kommunalen Straßenbau sollten im Zuge der Nachfolgeregelung zum Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz neue Finanzierungsansätze für Kompensationen, wie z. B. die Deckelung der Förderung auf 20 % der dafür notwendigen Ausgaben, erwogen werden. Dies würde dem knapper werdenden Finanzbudget der Zuwendungen für den kommunalen Straßenbau entgegenkommen und könnte dazu beitragen, dass sich die Baulastträger bereits in der Planungsphase intensiver mit Trassenvarianten befassen, welche die Natur und Landschaft weniger beeinträchtigen.

5.6 Resümee

Neben fachplanerischen Impulsen können mit dem naturschutzrechtlichen Ökokonto deutliche Verfahrensbeschleunigungen verbunden sein, da der Aufwand für Gestattungsverfahren geringer sein wird. Hierdurch könnten umfassende volkswirtschaftliche Effekte, beispielsweise durch eine frühere Inbetriebnahme einer Straße, erzielt werden. Im Übrigen wird mit der Gewässerunterhaltung sowie mit den im gesamteuropäischen Rahmen zu beachtenden Gewässerschutzzielen eine gesicherte Entwicklung der Gewässerläufe gewährleistet.

Damit trägt das Ökokonto nicht nur zur finanziellen Entlastung einzelner Fachplanungen bei, sondern kann auch den Landeshaushalt insgesamt entlasten. Die Zuwendungsreduzierungen gehen zwar mit keiner direkten Einsparung im Landeshaushalt einher, da sie zweckgebunden für den kommunalen Straßenbau bzw. als Mittel aus dem kommunalen Investitionsfonds für Belange des Gewässerausbaus und dabei insbesondere für den Hochwasserschutz einzusetzen sind. Beide Zuwendungsbereiche sind jedoch gekennzeichnet durch einen erheblichen Antragsüberhang. So weisen die eingehenden Förderanträge einen sehr viel höheren Mittelbedarf auf, als im Haushalt zur Verfügung steht. Deshalb tragen die skizzierte Absenkung und der Wegfall der Förderung zu Entlastungen in den jeweiligen Zuwendungsbereichen bei. Beim kommunalen Straßenbau handelt es sich überschlägig um jährlich 2 Mio. € aus nicht mehr zu erbringenden Zuwendungen für Kompensationsmaßnahmen; bei der Gewässerentwicklung sind es die bisher im Förderkorridor jährlich eingesetzten rd. 3,5 Mio. €.

6 Stellungnahmen der Ministerien

Das Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum, das Umweltministerium und das Innenministerium führen aus, dass die Einführung einer landesweiten naturschutzrechtlichen Ökokontoregelung eines der Kernstücke der Novellierung des baden-württembergischen Naturschutzgesetzes ist, mit dem die Eingriffs-Ausgleichsregelung für den Außenbereich in zeitlicher und räumlicher Hinsicht flexibler gestaltet wird.

Die Ministerien begrüßen deshalb, dass der Rechnungshof das naturschutzrechtliche Ökokonto thematisiert und sich dabei schwerpunktmäßig mit den Anforderungen und Perspektiven einer interdisziplinären Zusammenarbeit auseinandersetzt. Neben dem Schutz der Biotope und Arten werden auch die abiotischen Schutzgüter Boden, Wasser, Klima, Luft sowie Landschaftspflege und Erholung für Kompensationsmaßnahmen des naturschutzrechtlichen Ökokontos herangezogen. Dies wird nach Ansicht der Ministerien die Zusammenarbeit der für die einzelnen Schutzgüter zuständigen Fachverwaltungen weiter fördern, Synergien freisetzen und zu Kosteneinsparungen führen.

Der Auffassung, dass ein Kompensationsverzeichnis oder Maßnahmen- und Flächenkataster eine wichtige Voraussetzung für Ökokontomaßnahmen darstellt, wird zugestimmt. Aus diesem Grund wurden dessen wesentlichen inhaltlichen und organisatorischen Kriterien in der Novelle des Naturschutzgesetzes festgelegt. Das bei der naturschutzrechtlichen Ökokontoregelung von jeder unteren Naturschutzbehörde zu führende Kompensationsverzeichnis wird die Nachprüfbarkeit der Umsetzung von Kompensationsmaßnahmen wesentlich erleichtern und entscheidend zum Abbau von Defiziten beitragen. Dessen ungeachtet wird die Straßenbauverwaltung noch in diesem Jahr ein speziell auf Straßenbaumaßnahmen zugeschnittenes Kompensationskataster fertig stellen, mit dem auch die rückwirkende Erfassung von Kompensationsmaßnahmen möglich sein wird. Eine spätere Integration in das Kompensationsverzeichnis ist vorgesehen.

Der Vorschlag des Rechnungshofs zur Deckelung der Förderung des kommunalen Straßenbaus (20 % für Kompensationsmaßnahmen) wird bei der Nachfolgeregelung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes geprüft werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass naturschutzrechtlich erforderliche Kompensationsmaßnahmen überhaupt die Voraussetzung für ein Bauvorhaben sind. Außerdem sollten Gemeinden mit besonders hohem Anteil an schutzbedürftigen Flächen nicht benachteiligt werden.

Im Weiteren teilen die Ministerien die Ansicht des Rechnungshofs, dass die Frage der Vor- oder Anschubfinanzierung von Ökokontomaßnahmen entscheidend für den Erfolg des Ökokontos sein könnte. Sie begrüßen es daher, dass der Rechnungshof mit den hier zur Diskussion gestellten Finanzierungsalternativen den Blick für diese Problematik schärfen will. Alle Vorfinanzierungs-Modelle können aber immer nur die Funktion einer Initialzündung erfüllen. Ob und inwieweit tatsächlich die Notwendigkeit für eine derartige Vor- und Anschubfinanzierung besteht und welche Finanzierungswege ggf. Ziel führend sind, muss sich in der Praxis erweisen. Langfristig sollten das Ökokonto und der Handel mit Ökopunkten "Selbstläufer" sein, d. h. weitgehend nach marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten, ohne Unterstützung von außen funktionieren.

Es besteht Übereinstimmung, dass sich auch Gewässerentwicklungsmaßnahmen für die Eingriffskompensation eignen. Der Vorschlag des Rechnungshofs, die Ökokontofähigkeit von Gewässerentwicklungsmaßnahmen zu präzisieren und eine klare Abgrenzung gegenüber wasserwirtschaftlichen Pflichtaufgaben zu treffen, wird daher bei der Erarbeitung der Rechtsverordnung aufgegriffen.

Die Ministerien werden sich gemeinsam darum bemühen, die rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass das naturschutzrechtliche Ökokonto wesentlich dazu beitragen kann, das Verfahren des Eingriffs-Ausgleichs effizienter zu gestalten und gleichzeitig den Naturhaushalt mit seinen Schutzgütern zu stärken.

7 Schlussbemerkung

Die Einführung des naturschutzrechtlichen Ökokontos kann - zusammen mit den in Form einer Rechtsverordnung noch zu erarbeitenden Ausführungsbestimmungen - wesentlich dazu beitragen, die beispielhaft in den Bereichen Straßenbau und Gewässerentwicklung aufgezeigten Defizite zu reduzieren, ohne dass der Landeshaushalt zusätzlich belastet würde. Gleichzeitig bietet sich dadurch die Chance der engeren Verzahnung von Fachplanungen, sodass ein deutlicher Nutzen gegenüber den bisher teilweise parallel laufenden Verwaltungsabläufen erreicht werden kann.