Der Bedarf an Flurneuordnungsverfahren ist weitgehend gedeckt; auch eröffnet der Einsatz neuer Techniken bei der Flurordnungsverwaltung erhebliche Rationalisierungsmöglichkeiten. Beide Entwicklungen lassen den Personalbedarf stark sinken. Das Land sollte deshalb mittelfristig in diesem Bereich mindestens ein Drittel der vorhandenen Stellen abbauen.
1 Einleitung
Flurneuordnungsverfahren, traditionell als Flurbereinigungsverfahren bezeichnet, werden auf der Grundlage des Flurbereinigungsgesetzes (FlurbG) durchgeführt. Ziele der Flurneuordnung sind die Verbesserung der Produktions- und Arbeitsbedingungen in der Land- und Forstwirtschaft sowie die Förderung der allgemeinen Landeskultur. Diese Ziele sollen durch die Neuordnung des Grundbesitzes entsprechend § 1 FlurbG erreicht werden.
Die ersten Flurneuordnungsverfahren wurden im 19. Jahrhundert durchgeführt. Die Nachfrage nach solchen Verfahren stieg nach dem Zweiten Weltkrieg als Folge der Mechanisierung der Landwirtschaft stark an. In den letzten 30 Jahren ist die Zahl der jährlich neu angeordneten Verfahren allerdings deutlich rückläufig.
Im Zuge der Verwaltungsstrukturreform wurden zum 01.01.2005 jeweils 14 Stellen der ehemaligen Ämter für Flurneuordnung und Landentwicklung in die Landratsämter eingegliedert (Grundteams; insgesamt rd. 400 Stellen). Sechs Landkreise mit geringem Flurneuordnungsbedarf wollten kein Grundteam haben. Die übrigen rd. 900 Stellen blieben beim Land, um sog. Pool-Teams zu bilden, die innerhalb der Regierungsbezirke entsprechend des Bedarfs flexibel eingesetzt werden können.
2 Prüfung des Rechnungshofs
Der RH hat 2004 bei sieben der 19 ehemaligen Ämter für Flurneuordnung und Landentwicklung eine Querschnittsprüfung durchgeführt und sich dabei auf folgende Bereiche konzentriert:
- Ausschreibung, Vergabe, Abwicklung und Abrechnung der vom Land geförderten Baumaßnahmen der Teilnehmergemeinschaften (TG),
- Möglichkeiten zur Beschleunigung der Flurneuordnungsverfahren, insbesondere durch Privatisierung von Arbeitsschritten innerhalb dieser Verfahren und
- künftiger Bedarf an Flurneuordnungsverfahren und Konsequenzen für die weitere Entwicklung der Verwaltung, insbesondere im Hinblick auf die Reduzierung des Personals.
3 Kosten und Mitteleinsatz
Das FlurbG unterscheidet zwischen
- Verfahrenskosten und
- Ausführungskosten.
Als Verfahrenskosten werden die „persönlichen und sächlichen Kosten der Behördenorganisation“ bezeichnet (§ 104 FlurbG); sie sind im Staatshaushaltsplan in Kap. 0805 ausgewiesen und werden in vollem Umfang vom Land getragen.
Als Ausführungskosten werden die Kosten bezeichnet, die bei der Ausführung des Verfahrens entstehen (§ 105 FlurbG). Diese Kosten sind von der TG zu tragen; Mitglieder der TG sind sämtliche Grundstückseigentümer innerhalb eines Flurneuordnungsgebiets. Ausführungskosten sind insbesondere die Kosten des Wege- und Wasserbaus, der Bodenverbesserung, der Landschaftspflege sowie die Kosten zur Erledigung der Verwaltungsaufgaben der TG. Die Ausführungskosten können im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) gefördert werden, wobei der Fördersatz je nach Bodenqualität variiert und maximal 85 % der zuwendungsfähigen Kosten betragen darf.
Während des geprüften Zeitraums (2000 bis 2004) waren in Kap. 0805 - Flurneuordnung - jährlich zwischen 71 Mio. € und 74 Mio. € Haushaltsmittel eingestellt. Daneben wurden in Kap. 0804 (GAK) in den geprüften Jahren jeweils zwischen 22 Mio. € und 27 Mio. € veranschlagt, sodass je Jahr zwischen 93 Mio. € und 101 Mio. € im Epl. des MLR zur Verfügung standen. Die jährlichen Gesamtausgaben in Höhe von rd. 100 Mio. € sind zu rd. 75 % Verfahrenskosten und zu rd. 25 % Ausführungskosten. Nennenswerte Einsparungen im Bereich der Flurneuordnung müssen deshalb im Bereich der Behördenorganisation ansetzen.
4 Feststellungen
4.1 Zuwendungsverfahren
Die Ausführungskosten eines Flurneuordnungsverfahrens, die sich in vielen Fällen auf weit mehr als 1.000 €/ha belaufen, sind von der TG zu tragen. Die Eigentümer können diese Kosten nicht durch die infolge der Flurneuordnung eingetretenen Verbesserungen kompensieren; sie können aber einen Zuschuss nach der „Richtlinie des MLR zur Förderung der Flurneuordnung“ erhalten.
Bei den geprüften Zuwendungsverfahren waren überwiegend keine oder nur unzureichende Vermerke über die Antragsprüfung vorhanden, sodass die Entscheidungsgründe nicht oder lediglich unvollständig dokumentiert sind. Die vorgeschriebene Gegenüberstellung der ausgeführten Flächen und der Flächenberechnung des Zuwendungsantrags fehlte in den Unterlagen, sodass der Vergleich zwischen Planung und Ausführung nicht möglich war.
Der RH stellte fest, dass in sämtlichen Zuwendungsverfahren die Zuwendung durch mehrere Bewilligungen erhöht worden war. Dieser Verwaltungspraxis steht die Regelung der VV zu § 44 LHO entgegen, nach der die Zuwendung nur erhöht werden darf, wenn die Zuwendungsvoraussetzungen weiter vorhanden sind und insbesondere wenn der Zuwendungsempfänger die Umstände, die zur Nachfinanzierung führen, nicht zu vertreten hat.
Die Prüfung der Zuwendungsanträge ist nicht nur sorgfältig durchzuführen, sondern auch entsprechend zu dokumentieren. Außerdem ist bei Nachbewilligungen genau zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Nachbewilligung gegeben sind.
4.2 Ausschreibung und Vergabe von Bauleistungen
Der RH verglich die Gesamtkosten einzelner Baumaßnahmen mit den jeweiligen Angebotssummen und stellte dabei fest, dass die Schlussrechnungen regelmäßig die Angebotssumme überschritten hatten. Hauptgrund war die ungenaue Ausschreibung von Bauleistungen; insbesondere fielen die angegebenen Materialmengen und der Umfang der Stundenlohnarbeiten in der Praxis fast immer erheblich höher aus, als im Leistungsverzeichnis angegeben. Beispielsweise waren bei einer Baumaßnahme Stundenlohnarbeiten in Höhe von rd. 10.000 € im Leistungsverzeichnis veranschlagt; abgerechnet wurden dann 260.000 €. In einem anderen Fall war die Abweichung von Veranschlagung und Abrechnung noch extremer: 13.000 € waren veranschlagt, 450.000 € wurden abgerechnet.
Bei so starken Abweichungen von Ausschreibung und tatsächlicher Bauausführung fehlt die Transparenz, die ja gerade das Qualitätsmerkmal einer Ausschreibung ist. Für Anbieter ist unter diesen Umständen oft nicht erkennbar, welche Leistungen in welchem Umfang tatsächlich auszuführen sind. Bei einem Verfahren hat der RH die Angebote der anderen Bieter auf der Grundlage der abgerechneten Mengen hoch gerechnet und dabei festgestellt, dass sich die Reihenfolge der Bieter verändert hätte, wenn bereits bei der Ausschreibung die Mengenangaben eingesetzt worden wären, die bei der Schlussrechnung tatsächlich abgerechnet wurden.
Der RH stellte außerdem fest, dass die Gründe für Kostenerhöhungen nicht aktenkundig gemacht wurden, wenn die Angebotssumme um nicht mehr als 15 % - 20 % überschritten wurde. Bei einem Amt wurde dazu erklärt, dass man Kostenerhöhungen in diesem Umfang als nicht kritisch betrachte und demzufolge auch die Ursachen der Kostenerhöhung nicht analysiere und aktenkundig mache. Kostenerhöhungen würden erst dann eingehend dokumentiert und begründet, wenn die Erhöhung des Zuschusses und damit verbunden eine Genehmigung durch das damalige Landesamt für Flurneuordnung und Landentwicklung erforderlich sei.
Auch wurde die Auffassung vertreten, man müsse bei der Bauausführung flexibel reagieren können, insbesondere weil der Wege- und Gewässerplan relativ grob sei. Daher wurden viele Bedarfs- und Eventualpositionen in das Leistungsverzeichnis aufgenommen, die jedoch in der Mehrzahl nicht ausgeführt werden. Somit handelt es sich nach Auffassung des RH um unzulässige Luftpositionen.
Der RH hält eine möglichst genaue Ermittlung der zu erbringenden Leistungen für unbedingt erforderlich. Im Rahmen der Erstellung des Leistungsverzeichnisses müssen daher die Verhältnisse vor Ort umfassend berücksichtigt werden; z. B. ist bei feuchtem Untergrund eine wesentlich stärkere Befestigung erforderlich als beim Bau nach den üblichen Standardwerten. Die Planungsgenauigkeit des Wege- und Gewässerplans ist dafür generell ausreichend.
Ein transparentes Vergabeverfahren setzt vollständige und präzise Ausschreibungsunterlagen voraus. Nur so kann ein fairer und transparenter Wettbewerb stattfinden, bei dem jeder Bieter über die notwendigen Informationen bezüglich der ausgeschriebenen Maßnahmen verfügt. Transparenz beim Ausschreibungsverfahren ist aber auch deshalb wichtig, weil auf diese Weise Manipulationen weitestgehend ausgeschlossen werden können.
5 Weiterentwicklung der Flurneuordnungsverwaltung
Mithilfe neuer Techniken können in der Flurneuordnung heute die meisten Arbeitsschritte sehr viel rationeller, d. h. mit weniger Personal, durchgeführt werden. Zusätzlich kann die Flurneuordnungsverwaltung durch die Vergabe weiterer Aufgaben an Dritte entlastet werden. Beide Maßnahmen steigern den Output je Bediensteten und ermöglichen somit einen umfangreichen Personalabbau. Außerdem ist nach Einschätzung des RH künftig mit einem Rückgang der neu zu ordnenden Flächen zu rechnen, woraus sich weiteres Potenzial zur Personalreduzierung ergibt.
5.1 Effizienzgewinn durch technische Neuerungen
Die Arbeitsbedingungen der Flurneuordnungsverwaltung haben sich während der vergangenen beiden Jahrzehnte erheblich verändert. Vor allem Fortschritte der Datenverarbeitung haben bei der datenintensiven Flurneuordnung zu einem bemerkenswerten Rationalisierungsschub geführt. Als Beispiel sei die Entwicklung einer Software genannt, welche die Neuzuteilung der Flächen bei einem größeren Verfahren innerhalb weniger Tage ermöglicht, während dieser Arbeitsschritt früher ein Vielfaches an Personaleinsatz erforderte. Der Einsatz des satellitengestützten Navigationssystems (GPS) ist ein weiteres Beispiel für den technologischen Umbruch bei der Flurneuordnung. Mithilfe dieser Technik können Vermessungsarbeiten wesentlich rationeller durchgeführt werden als bei der herkömmlichen Arbeitsweise. Da die Vermessungsarbeiten annähernd 40 % des Gesamtarbeitsaufwands eines Verfahrens ausmachen, ist der Einfluss dieser Technik auf den Arbeitsaufwand eines Verfahrens groß.
5.2 Aufgabenerledigung durch Dritte
5.2.1 Vermessungsarbeiten
Die Vermessungsarbeiten wurden ursprünglich in vollem Umfang von der Flurneuordnungsverwaltung selbst durchgeführt. Aufgrund knapper Ressourcen und wegen Klagen über die lange Dauer von Flurneuordnungsverfahren wird bereits seit drei Jahrzehnten ein Teil der Vermessungsarbeiten an öffentlich bestellte Vermessungsingenieure vergeben. Diese Möglichkeit zur Vergabe wurde jedoch zu keiner Zeit vollständig ausgeschöpft.
In den vergangenen Jahren wurden keine Vermessungsarbeiten mehr an die öffentlich bestellten Vermessungsingenieure vergeben; stattdessen wurde der Landesbetrieb Vermessung mit Vermessungsarbeiten beauftragt. Seit der zum 01.01.2005 umgesetzten Verwaltungsstrukturreform sind sowohl die Flurneuordnungsverwaltung als auch die Vermessungsverwaltung in die Landratsämter integriert; seitdem können bei Bedarf Mitarbeiter der Vermessungsverwaltung mit Vermessungsarbeiten im Rahmen von Flurneuordnungsverfahren beauftragt werden. Die Entscheidung hierüber trifft der Landrat.
Der RH hält es für durchaus sinnvoll und auch möglich, einen erheblichen Teil der Vermessungsarbeiten zu privatisieren, sofern bei der Verwaltung entsprechend Personal abgebaut werden kann. Auf der Grundlage der Daten der geprüften Ämter und eines vom ehemaligen Landesamt für Flurneuordnung und Landentwicklung zur Verfügung gestellten Musterverfahrens hat der RH errechnet, dass die uneingeschränkt privatisierbaren Vermessungsarbeiten 15 % - 20 % des Gesamtarbeitsaufwands eines Flurneuordnungsverfahrens ausmachen.
5.2.2 Aufgabenerledigung durch die Landsiedlung
Die Landsiedlung Baden-Württemberg GmbH (Landsiedlung) ist inzwischen eine Tochtergesellschaft der Landesentwicklungsgesellschaft Baden-Württemberg GmbH (LEG), deren Hauptgesellschafter die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) ist. Die Landsiedlung wird von der Flurneuordnungsverwaltung mit der Wahrnehmung bestimmter Aufgaben bei der Durchführung von sog. Beschleunigten Zusammenlegungsverfahren beauftragt, bei denen keine Vermessungsaufgaben anfallen.
Grundlage für die Beauftragung der Landsiedlung und für die Vergütung der erbrachten Leistungen ist ein Vertrag aus den 1950er-Jahren des vorigen Jahrhunderts, der jedoch weder bei der Flurneuordnungsverwaltung noch bei der Landsiedlung auffindbar ist. Für jeden Auftrag wird auf der Grundlage des Rahmenvertrages ein spezieller Vertrag abgeschlossen, in dem der Auftrag spezifiziert wird. Die Vergütung an die Landsiedlung wird nach einer Formel berechnet, die sowohl die Fläche als auch die Zahl der Grundstückseigentümer berücksichtigt. Da inzwischen auch die Landsiedlung bei ihrer Arbeit die neueren technischen Möglichkeiten einsetzt, ist die weitere Anwendung der Formel aus den 1950er-Jahren des vorigen Jahrhunderts äußerst fragwürdig. Die Flurneuordnungsverwaltung hat inzwischen insofern reagiert, als sie in den vergangenen drei Jahren die Vergütung an die Landsiedlung nicht mehr angehoben hat. Zuvor wurde die Vergütung für die Werkverträge zwischen Land und Landsiedlung jährlich angepasst, wobei man sich an die Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst anlehnte. Bis heute fehlt eine zuverlässige Datenbasis, um zu vergleichen, ob es kostengünstiger ist, die Arbeiten von der Landsiedlung oder von der eigenen Verwaltung ausführen zu lassen. Auch eine Ausschreibung wurde bisher nicht erwogen, da man davon ausgeht, dass es keinen Wettbewerber für die Tätigkeit der Landsiedlung gibt.
Nach Auffassung des RH ist eine Neujustierung der Vertragsgrundlagen geboten. Vor allem muss die Verwaltung in der Lage sein, die Kosten der Beauftragung der Landsiedlung mit den Kosten der Ausführung durch die Verwaltung zu vergleichen.
5.3 Verfahrensbeschleunigung
Flurneuordnungsverfahren dauern aufgrund ihrer Komplexität stets mehrere Jahre, nicht selten 20 - 30 Jahre und manchmal sogar noch länger. Ein wesentlicher Grund für die lange Verfahrensdauer ist die große Nachfrage nach Flurneuordnungsverfahren während der vergangenen Jahrzehnte, die zu Engpässen bei der Verwaltung führte. Ein weiterer Grund ist, dass oftmals sehr große Verfahrensgebiete festgelegt wurden. Das hat zwar Vorteile, weil die Gestaltungsmöglichkeiten bei der Zuteilung größer sind als bei kleineren Gebieten; nachteilig ist jedoch bei großflächigen Verfahrensgebieten, dass aufgrund der langen Bearbeitungszeiten Flächenplanungen oftmals geändert werden mit der Folge, dass in dem Verfahren bestimmte Verfahrensschritte wiederholt werden müssen. Dadurch erhöhen sich Zeitbedarf und Kosten.
Die Verwaltung hat sich in den vergangenen fünf Jahren intensiv um eine Beschleunigung der Verfahren und um den Abschluss der Altverfahren bemüht. Diese Anstrengungen blieben nicht ohne Erfolg; so wurden in den vergangenen Jahren jeweils Verfahren mit einem Flächenumfang von insgesamt rd. 15.000 ha Verfahrensfläche abgeschlossen. Der RH misst einer raschen Durchführung der Verfahren weiterhin hohe Priorität zu. Hierzu gehören folgende Maßnahmen:
- Vorrang für den Abschluss von Altverfahren,
- Einsatz modernster Technik (z. B. satellitengestütztes Navigationssystem),
- kleinere Verfahrensgebiete,
- Anordnung nur, wenn Kapazität vorhanden, und
- Vergabe von Aufgaben an Dritte.
5.4 Künftiger Bedarf an Flurneuordnungsverfahren
Der RH untersuchte auch den mittel- und längerfristigen Bedarf an Flurneuordnungsverfahren. Die Anordnung dieser Verfahren ist seit drei Jahrzehnten stark rückläufig (s. Schaubild). Offensichtlich wurde der überwiegende Teil der landwirtschaftlichen Flächen im Land inzwischen bereinigt. Auf einigen Flächen wurden bereits zwei Flurneuordnungsverfahren durchgeführt, bei denen es sich in der Regel um Unternehmensverfahren handelte, die im Zusammenhang mit der Durchführung einer Infrastrukturmaßnahme angeordnet wurden; selten wurde dagegen eine Zweitbereinigung aus agrarstrukturellen Gründen angeordnet.

Die Zahl der neu angeordneten Flurneuordnungsverfahren wird sich künftig für die einzelnen Verfahrensarten unterschiedlich entwickeln, insgesamt aber weiter zurückgehen.
Vom MLR wird immer wieder die große Nachfrage nach Rebflurverfahren betont. Es trifft zwar zu, dass rund die Hälfte der Rebflächen noch nicht bereinigt ist; da der Anteil der Rebflächen aber weniger als 2 % der landwirtschaftlichen Flächen Baden-Württembergs umfasst, werden hierfür keine nennenswerten Kapazitäten der Flurneuordnungsverwaltung beansprucht. Dies gilt umso mehr, als bei Rebflurverfahren stets sehr kleine Gebiete - meist im zweistelligen, manchmal sogar nur im einstelligen Hektarbereich - angeordnet werden.
Inzwischen werden auch aus agrarstrukturellen Gründen Zweitverfahren angeordnet. Als Begründung wird die Weiterentwicklung der Agrartechnik angeführt; die moderne Agrartechnik könne nur bei wesentlich größeren Flächeneinheiten optimal eingesetzt werden. Vor allem seien bei Flurneuordnungsverfahren in den 1950er-Jahren des vorigen Jahrhunderts viel zu kurze Schlaglängen gebildet worden, weil damals hauptsächlich noch Pferde- und Kuhgespanne eingesetzt worden seien. Der RH hält die Forderung nach einer Zweitbereinigung allenfalls in Ausnahmefällen für begründet. Vor allem in Realteilungsgebieten ist eine weitergehende Zusammenlegung der Flächen aufgrund der großen Zahl der Grundstückseigentümer nur sehr begrenzt möglich. In der Realität gibt es in den meisten Gemeinden nur noch wenige Haupterwerbsbetriebe, die allerdings den größten Teil der Gemarkungsfläche bewirtschaften. Gerade diese Betriebe haben meist Flächen gepachtet und zu einer Bewirtschaftungseinheit zusammengefasst. Dadurch haben sie selbst de facto eine für die heutige Technik angemessene Bewirtschaftungseinheit gebildet. Die enorm hohen Kosten eines Flurneuordnungsverfahrens können unter diesen Bedingungen nicht gerechtfertigt werden.
Der RH stellte bei seiner Prüfung außerdem fest, dass die Flurneuordnungsverwaltung zunehmend Verfahren anordnet, die allenfalls am Rande agrarstrukturelle Bedeutung haben. Bei diesen Verfahren geht es z. B. um die Erhaltung eines beschädigten Weges, um Belange des Naturschutzes oder um Belange der Denkmalpflege in Verbindung mit Naturschutzinteressen. Der RH stellt nicht die Ziele dieser drei genannten Verfahren infrage; angesichts der sehr hohen Verfahrenskosten ist die Wirtschaftlichkeit eines Flurneuordnungsverfahrens in allen drei genannten Fällen zweifelhaft. Bei der Entscheidung über die Anordnung eines solchen Verfahrens müssten die zu erwartenden Verfahrenskosten berücksichtigt und mit den Kosten einer alternativen Vorgehensweise verglichen werden. Dies ist bisher in keinem Fall geschehen.
6 Konsequenzen für die Verwaltung
Aufgrund der Prüfung sieht der RH bei den Verfahren und in der Organisation Handlungsbedarf.
Die Anträge sind sorgfältig zu prüfen und die Ergebnisse zu dokumentieren. Vergabeverfahren sind nach den vergaberechtlichen Vorschriften durchzuführen; dabei ist vor allem auf eine sorgfältige und möglichst genaue Erarbeitung der Leistungsverzeichnisse zu achten.
Unter Berücksichtigung der in den vergangenen Jahren bereits erreichten Rationalisierungsmöglichkeiten einerseits und des rückläufigen Bedarfs an Flurneuordnungsverfahren andererseits muss die Führungsebene Konsequenzen für die Weiterentwicklung der Verwaltung ziehen. Die Vorgabe der Verwaltungsstrukturreform, innerhalb von sieben Jahren eine Effizienzrendite in Höhe von 20 % zu erbringen, ist angesichts der beiden genannten Entwicklungen zu gering. Aufgrund der Kostenstruktur der Verwaltung bedeuten Einsparungen in der Verwaltung in erster Linie Personalabbau. Soweit das Personal auch nach der Verwaltungsstrukturreform beim Land geblieben ist, muss - sofern aufgrund der Altersstruktur möglich - ein forcierter Personalabbau stattfinden. Als Zielmarke hält der RH beim Land einen Abbau von mind. einem Drittel der Stellen (entspricht etwa 300 Stellen) für realisierbar, der sich wie folgt zusammensetzt: Mindestens 15 % durch eine Teilprivatisierung der Vermessungsarbeiten, 10 % infolge des technologischen Fortschritts und 10 % - 15 % infolge des künftig flächenmäßig geringeren Bedarfs an Flurneuordnungsverfahren.
Zur Erledigung anstehender Arbeiten hält der RH die Vergabe von Leistungen an Dritte dann für ein geeignetes Mittel, wenn die Verwaltung nicht über ausreichend Personal verfügt. Die in der Vergangenheit praktizierte Vergabe von Vermessungsarbeiten und von Beschleunigten Zusammenlegungsverfahren an die Landsiedlung ist vor diesem Hintergrund zu sehen. Da in wenigen Jahren die Flurneuordnungsverfahren flächenmäßig noch mehr zurückgehen werden und die Verwaltung nicht zeitgleich abgebaut werden kann, ist parallel dazu auch die Vergabe von Vermessungsarbeiten bzw. von Beschleunigten Zusammenlegungsverfahren an die Landsiedlung einzustellen und vorübergehend von der Verwaltung selbst durchzuführen. Dies darf allerdings nicht zur Verzögerung des Personalabbaus führen.
7 Stellungnahme des Ministeriums
Das MLR versichert in seiner Stellungnahme, dass dem vom RH aufgezeigten Handlungsbedarf im Zuwendungsverfahren sowie im Bau- und Vergabewesen Rechnung getragen werde. Die Antragsprüfung werde künftig entsprechend den Anforderungen des RH sorgfältig dokumentiert; die Anzahl der Bescheide solle künftig auf das notwendige Maß beschränkt werden; weniger als drei Bescheide seien jedoch in der Regel nicht erreichbar. Die Verwaltung habe in den vergangenen drei Jahren die Programme „Kostenplanung“ und „AVA“ entwickelt und flächendeckend zum Einsatz gebracht. Die laufende Fortentwicklung sei ein erklärtes Ziel. Die effiziente Planung, Steuerung und Kostenkontrolle von Baumaßnahmen werde damit erleichtert und gewährleistet.
Das Ministerium teilt jedoch nicht die Auffassung des RH, dass bei den Flurneuordnungsaufgaben ein über die Effizienzrendite hinaus gehender Personalabbau möglich sei. Das MLR widerspricht insbesondere der Darstellung des RH, die Anordnung von Flurneuordnungsverfahren sei in den letzten 30 Jahren ständig zurückgegangen. Die Anzahl der jährlichen Anordnungen sei zwar seit den 1960er-Jahren bis Anfang der 1980er-Jahre des vorigen Jahrhunderts deutlich gesunken; seit 1980 sei die Zahl der Anordnungen jedoch nahezu konstant.
Beim Personal müsse - auch im Hinblick auf die nach dem Jahr 2011 drastisch einsetzende Altersfluktuation - durch rechtzeitige und ausreichende Nachwuchseinstellung sichergestellt werden, dass die Flurneuordnungsverwaltung funktionsfähig bleibe und auch künftig die notwendigen Aufgaben erfüllen könne. Mit der Erbringung der Effizienzrendite von 20 % bis zum Jahr 2011 und unter Berücksichtigung der bereits wirksam gewordenen Stellenabgänge seit 1993 komme die Flurneuordnungsverwaltung an die Grenze der Funktionsfähigkeit. Die Flurneuordnungsverfahren würden durch Spezialisten durchgeführt, die nicht beliebig am Arbeitsmarkt zur Verfügung stünden. Daher sei eine vorausschauende Personalpolitik mit rechtzeitiger Nachwuchsvorsorge unabdingbar.
Die Möglichkeiten zur Beschleunigung der Arbeitsabläufe bzw. zu Personaleinsparungen durch noch weitergehenden Einsatz aktuellster DV- und Messtechnik seien begrenzt, da die Verwaltung bereits jetzt nach dem neuesten Stand der Technik hochwertig ausgestattet sei und alle diesbezüglichen Möglichkeiten nutze.
Das Ministerium teilt die Auffassung des RH, dass das Potenzial zur Privatisierung von Vermessungsarbeiten ausgeschöpft werden sollte; die Verwaltung sei dazu auch bereit. Der Anteil der Vermessungsarbeiten am gesamten Arbeitsaufwand sei allerdings nicht, wie vom RH angenommen, nahezu 40 %, sondern lediglich 29 %. Entsprechend betrage der Anteil der uneingeschränkt privatisierbaren Vermessungsarbeiten nur rd. 10 % und nicht 15 % - 20 %, wie vom RH berechnet. Das MLR führt in seiner Stellungnahme außerdem aus, dass zurzeit keine Mittel für die Vergabe an private, öffentlich bestellte Vermessungsingenieure zur Verfügung stünden. Als Alternative zur Vergabe an Private könnten auch die Vermessungsbehörden herangezogen werden. Der Einsatz der Vermessungsbehörden obliege allerdings der Organisationshoheit der Landräte und entziehe sich insoweit den Weisungsmöglichkeiten der Verwaltung bzw. des Landes. Unter Berücksichtigung der Haushaltssituation könne alternativ oder ergänzend auch Vermessungspersonal zur Flurneuordnungsverwaltung verlagert werden.
Schließlich weist das MLR darauf hin, dass die einzelnen Verfahren vielfältiger seien als früher. Bei der Mehrzahl der laufenden Verfahren stünde die Verbesserung der Produktions- und Arbeitsbedingungen im Vordergrund. Es sei aber zunehmend in Betracht zu ziehen, dass die Aspekte der allgemeinen Landeskultur, der Ausbau der Infrastruktur und der Fördergrundsatz „Integrierte ländliche Entwicklung“ künftig an Bedeutung gewönnen.
8 Schlussbemerkung
Mit seiner Stellungnahme zum Handlungsbedarf bei den Zuwendungsverfahren sowie im Bau- und Vergabewesen entspricht das MLR den Forderungen des RH.
Die Kritik des MLR an der vom RH dargestellten Entwicklung der Zahl der Verfahrensanordnungen ist allerdings nicht nachvollziehbar. Die dem Schaubild zugrunde gelegten Zahlen stammen nämlich vom MLR selber und werden, wenngleich in anderer Darstellungsform, in der Stellungnahme des MLR wiedergegeben. Der RH geht sogar davon aus, dass die Zahl der Anordnungen in den nächsten Jahren wieder ansteigen wird, da gegenwärtig und wohl auch künftig vermehrt kleinere Verfahrensgebiete angeordnet werden als noch vor 20 und mehr Jahren. Naturgemäß erfordern diese kleineren Gebiete in ihrer Abwicklung jedoch erheblich weniger Arbeits- und Zeitaufwand. Der in Bearbeitung befindliche Flächenumfang insgesamt wird jedenfalls weiter zurückgehen. Zudem besteht für die rd. 400.000 ha, die derzeit noch nicht bereinigt sind, allenfalls in Einzelfällen - z. B. bei Infrastrukturprojekten - Dringlichkeit.
In Anbetracht des heute üblichen Einsatzes des satellitenunterstützten Navigationssystems bei der Flurneuordnung hält der RH trotz der Bedenken des MLR nach wie vor eine kritische Betrachtung des künftigen Personaleinsatzes für geboten.
Der RH ist weiterhin der Auffassung, dass privatisierbare Vermessungsarbeiten künftig auch wirklich privatisiert werden sollten. Dies setzt allerdings voraus, dass entsprechend Personal - bei Bedarf mittels kw-Vermerken - abgebaut wird. Nur unter dieser Voraussetzung können durch eine Privatisierung echte Einsparungen erreicht werden. Zugleich setzt ein solcher Schritt natürlich voraus, dass nach einem Personalabbau entsprechende Mittel für eine Beauftragung privater Büros zur Verfügung gestellt werden.
Schließlich muss davon ausgegangen werden, dass die Kofinanzierungsmittel für die Förderung der Ausführungskosten aufgrund der Kürzungen der EU-Mittel und der Föderalismusreform rückläufig sein werden. Es wird sogar zu prüfen sein, ob nicht eine Mittelumschichtung von den Verfahrenskosten zu den Ausführungskosten notwendig sein wird, damit die Verfahren überhaupt durchgeführt werden können. Auch ein solcher Schritt hat den Abbau von Personal zur Folge, das den größten Teil der Verfahrenskosten verursacht.
Insgesamt bleibt der RH bei seiner Auffassung, dass ein Abbau des Personals der Flurneuordnungsverwaltung mittelfristig - auch über die vorgegebene Einsparung von 20 % hinaus - möglich und geboten ist.