Betätigungsprüfung bei einem Dienstleistungsunternehmen [Beitrag Nr. 11]

Die landeseigene Sonderabfallagentur sollte Einnahmepotenziale noch besser ausschöpfen und ihre Kosten reduzieren. Die Andienungspflicht für den besonders überwachungsbedürftigen Abfall ist faktisch nur mit großen Schwierigkeiten und in rechtlich problematischer Form durchsetzbar.

1 Allgemeines

Das Land ist alleiniger Anteilseigner der SAA Sonderabfallagentur Baden-Württemberg GmbH, Fellbach (SAA). Der RH prüfte die Betätigung des Landes als Gesellschafter dieses Unternehmens unter Beachtung kaufmännischer Grundsätze (sog. Betätigungsprüfung nach § 92 LHO) und führte dabei auch Erhebungen bei dem Unternehmen durch.

2 Entwicklung und Gegenstand des Unternehmens

Ursächlich für die Gründung der SAA im Jahr 1996 war zum einen die Absicht des Landes, das damalige Landesunternehmen SBW Sonderabfallentsorgung Baden-Württemberg GmbH (SBW) von seinen öffentlichen Funktionen zu befreien (diese sollten auf die SAA übertragen werden) und danach zu privatisieren (was einige Jahre später auch geschah). Zum anderen sollten mittels der SAA als „Zentraler Stelle“ die auf die Landratsämter, die Regierungspräsidien und die Landesanstalt für Umweltschutz verteilten Zuständigkeiten im Sonderabfallbereich gebündelt werden.

Nach ihrer Gründung und der Ausstattung mit hoheitlichen Aufgaben und Befugnissen durch das Land übernahm die SAA von der SBW den hoheitlichen Bereich der so genannten Andienung, womit ihr die Steuerung der Sondermüllentsorgung im Land oblag. Die ebenfalls von der SBW übernommene, privatwirtschaftlich tätige Abfallberatungsagentur hat die SAA zu Beginn des Jahres 1999 verkauft, sodass sie ab diesem Zeitpunkt ausschließlich als beliehenes Unternehmen fungierte. In der Folgezeit wurden der SAA sukzessive weitere hoheitliche Aufgaben im Sonderabfallbereich übertragen, bis sie schließlich mit Beginn des Jahres 2002 ihre letzte Ausbaustufe als „Zentrale Stelle“ im Sonderabfallbereich erreichte.

Entsprechend dem im Gesellschaftsvertrag festgelegten Unternehmensgegenstand (Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben im Sonderabfallbereich) sowie aufgrund ihrer Bestimmung als „Zentrale Stelle“ im Land für den Sonderabfallbereich agiert die SAA im Wesentlichen in den hoheitlichen Bereichen der Andienung und der Kontrolle von Sonderabfall. Im Andienungsbereich werden der Gesellschaft aufgrund der landesgesetzlichen Andienungspflicht besonders überwachungsbedürftige Abfälle zur Beseitigung angedient. Die SAA weist diese Abfälle dann grundsätzlich zur Beseitigung der Deponie Billigheim (abzulagernde Abfälle) oder der Sonderabfallverbrennungsanlage in Hamburg (thermisch zu beseitigende Abfälle) zu. Im Kontrollbereich sorgt sie mittels verschiedener gesetzlich vorgeschriebener Kontrollverfahren für eine ordnungsgemäße Entsorgung bereits angefallener oder künftig anfallender inländischer Sonderabfälle; außerdem überwacht und genehmigt sie den Im- und Export von Abfällen.

3 Finanzierung des Unternehmens

3.1 Erhebung von Gebühren

Die SAA erhebt - als beliehenes Unternehmen - nach dem Landesabfallgesetz Gebühren und den Ersatz von Auslagen. Das UM als oberste Abfallbehörde bestimmt durch Rechtsverordnung die (Rahmen-)Sätze der Gebühren; diese sind, wie im Landesabfallgesetz festgelegt, nach dem Aufwand und nach dem wirtschaftlichen oder sonstigen Interesse der Erzeuger oder Besitzer von Abfällen zu bemessen. Innerhalb dieses Rahmens legt die SAA per Aufsichtsratsbeschluss die Gebührensätze fest.

3.2 Nicht kostendeckende Gebühren

Während das Land im Vorfeld der Gründung des Unternehmens noch davon ausgegangen war, dass sich die SAA über kostendeckende Gebühren für ihre hoheitliche Tätigkeit finanzieren werde, war wenige Wochen nach der Gründung im Ministerrat nur noch von einer „möglichst weitgehenden“ Finanzierung durch Gebühren die Rede. Schließlich wurde zwei Jahre später im Ministerrat - wegen vermeintlich rechtlicher Risiken und Akzeptanzproblemen bezüglich der Gebührenerhebung - als neues Finanzierungsziel eine Kostendeckung durch Gebühren von mindestens 50 % anvisiert. Damit wurde in Kauf genommen, dass die bei der SAA anfallenden Kosten bis zur Hälfte vom Land zu tragen sind.

Tatsächlich aber erzielte die SAA mit im Durchschnitt 79 % einen wesentlich höheren Kostendeckungsgrad. Gleichwohl sind die vom Land zur Abdeckung der Fehlbeträge gewährten Zuwendungen beträchtlich. Die Übersicht 1 zeigt die Höhe dieser Zuwendungen.

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Hierzu ist anzumerken, dass

  • die unterschiedliche Höhe der Zuwendungen weitgehend aus Schwankungen beim Gebührenaufkommen der einzelnen Jahre resultiert und
  • die Tatsache, dass in den Geschäftsjahren 2004 und 2005 keine Fehlbeträge anfielen und dementsprechend keine Zuwendungen des Landes erforderlich waren, nur zum Teil in einer grundlegenden Verbesserung der Ertragssituation gründet (durch Einführung eines neuen Gebührentatbestands), sondern im Wesentlichen auf die Schwankungen beim Gebührenaufkommen zurückzuführen ist.

3.3 Möglichkeiten zur Verbesserung der Ertragssituation

Das Unternehmen hätte Möglichkeiten zur Verbesserung seiner Ertragssituation früher und noch besser nutzen können.

3.3.1 Andienungsbereich

Für die thermische Beseitigung der Sonderabfälle in der Verbrennungsanlage in Hamburg hat die SAA ein Entgelt zu entrichten, das sie den jeweiligen Abfalllieferanten ohne jeden Aufschlag weiterberechnet. Im Zusammenhang mit der Abwicklung des sog. Hamburg-Vertrags fällt aber bei der SAA jedes Jahr ein nicht unbeträchtlicher Verwaltungsaufwand an, der bisher von der SAA getragen wird.

Dies wäre vermeidbar (gewesen), wenn die SAA auch ihren eigenen Geschäftsaufwand an die Abfalllieferanten weiterberechnet hätte. Hierauf hat sie jedoch verzichtet, um bei der Entsorgungswirtschaft die Akzeptanz gegenüber diesem Entsorgungsweg zu steigern. Vermeintliche oder tatsächliche Akzeptanzprobleme hinsichtlich der Belastung der Abfalllieferanten können es aber nicht rechtfertigen, dass das Land im Zuwendungswege Verluste des Landesunternehmens aus dieser Tätigkeit finanziert. Dies gilt umso mehr, als zum einen die Mehrbelastung für die einzelnen Abfalllieferungen relativ gering wäre (während die SBW noch eine Marge von 5 % erhoben hatte, um ihre Selbstkosten zu decken, hätte der SAA eine Marge von gut 2 % zur Kostendeckung genügt) und zum anderen mit dem Abschluss des Hamburg-Vertrags dem früheren Begehren der Abfallwirtschaft auf Entsorgungskapazitäten im Lande entsprochen wurde.

3.3.2 Kontrollbereich

Im Zuge des Ausbaus zur „Zentralen Stelle“ im Land wurde der SAA zum 01.01.2000 ein weiteres Kontrollverfahren (das sog. privilegierte Verfahren) übertragen. Obwohl von Anfang an feststand, dass die Durchführung dieses Verfahrens der Gesellschaft beträchtliche Kosten verursachen werde, erhob sie anfangs keinerlei Gebühren. Erst im Verlauf des Jahres 2003 wurde im Aufsichtsrat der Anstoß dafür gegeben, dass das UM die Gebührenverordnung mit Wirkung ab 01.01.2004 entsprechend ergänzte. Die SAA geht davon aus, dass die neuen Gebühren zu einem deutlich höheren Gebührenaufkommen führen werden.

Dieses Einnahmepotenzial hätte schon in den Jahren 2000 bis 2003 erschlossen werden sollen. Zwar mangelte es in dieser Zeit an einer entsprechenden Rechtsgrundlage (die Gebührenverordnung enthielt noch keine Rahmengebührensätze für das privilegierte Verfahren), doch hätte die SAA durchaus den Anstoß dafür geben können, dass das UM die Gebührenverordnung schon zum 01.01.2000 entsprechend ergänzt (wie dies im Lauf des Jahres 2003 - mit Wirkung ab 01.01.2004 - dann auch tatsächlich geschah). So aber sind der SAA in den Jahren 2000 bis 2003 Gebühren entgangen, die nach überschlägiger Berechnung (und unter Zugrundelegung der ab 01.01.2004 eingeführten Gebührensätze) bis zu 1 Mio. € betragen hätten.

Problematisch ist aber auch die Höhe der ab dem Jahr 2004 geltenden Gebühren. Der Arbeitsaufwand der SAA für das privilegierte Verfahren ist - nach einer Consulting-Expertise und nach der Erörterung im Aufsichtsrat des Unternehmens - nicht sehr viel geringer als bei einem weitgehend gleich gelagerten Kontrollverfahren, dem sog. Grundverfahren. Gleichwohl hat der Aufsichtsrat die zum 01.01.2004 neu eingeführten Gebührensätze für das privilegierte Verfahren so niedrig festgesetzt, dass sie im Ergebnis kaum die Hälfte der Gebühren des Grundverfahrens ausmachen. Da nichts dafür spricht, dass die Gebühren für das Grundverfahren zu hoch sind, muss davon ausgegangen werden, dass die Gebühren für das privilegierte Verfahren zu niedrig festgesetzt worden sind. Daher sollte darauf hingewirkt werden, dass die Gebühren für das privilegierte Verfahren dahingehend erhöht werden, dass sie in einem angemessenen Verhältnis zum Arbeitsaufwand bzw. zu den Gebührensätzen für das Grundverfahren stehen.

3.3.3 Sonstiges

Das Ziel einer möglichst hohen Kostendeckung sollte indes nicht einseitig über die Gebührenseite verfolgt werden. Auch bei einem hoheitlich tätigen Unternehmen sollte eine Verbesserung der Ertragssituation vorrangig durch Einsparungen auf der Kostenseite angestrebt werden (insbesondere bei den Personal- und Mietkosten, s. Pkt. 5.3 und Pkt. 5.4).

4 Der Hamburg-Vertrag

4.1 Allgemeines

Nachdem das Vorhaben des Landes, in Baden-Württemberg eine eigene Anlage zur thermischen Behandlung von Sonderabfällen zu schaffen, aufgegeben worden war, schloss die damalige SBW im Jahr 1994 mit dem Betreiber der Sonderabfallverbrennungsanlage in Hamburg den sog. Hamburg-Vertrag ab. Dieser räumte der SBW das Recht ein, der Sonderabfallverbrennungsanlage in Hamburg jährlich 30.000 t Sonderabfall zur Verbrennung zuzuführen, verbunden mit einer Lieferpflicht von jährlich 20.000 t Sonderabfall. Wird die Lieferpflicht nicht erfüllt, so muss für die Fehlmenge eine Entschädigung, die so genannte Pönale, in Höhe von 75 % des jeweils geltenden Entsorgungspreises gezahlt werden. Der bis 31.12.2011 laufende Vertrag wurde im Zuge der Privatisierung der SBW im Jahre 1999 auf die SAA übertragen.

In einer sog. Garantievereinbarung hat sich das Land gegenüber der SAA verpflichtet, die Pönale bis zu einem Höchstbetrag von 92 Mio. € für die gesamte Laufzeit des Vertrags zu übernehmen. Zur Sicherstellung der Liefermengen wurde zugunsten der SAA die Andienungspflicht für beseitigungspflichtige Sonderabfälle eingeführt.

4.2 Finanzielle Folgen

Da die SAA das Entgelt für die Verbrennung des Sonderabfalls den jeweiligen Abfalllieferanten weiterberechnet und die Pönale für zu geringe Liefermengen vom Land gezahlt wird, ergeben sich finanzielle Folgen für die SAA insoweit, als das Unternehmen für Tätigkeiten in Zusammenhang mit dem Hamburg-Vertrag jedes Jahr einen nicht unerheblichen Aufwand hat. Weit gewichtiger sind die finanziellen Folgen für das Land, das die Zahlungen in Zusammenhang mit der Nichterfüllung der Lieferverpflichtung, insbesondere die Pönalezahlungen, zu tragen hat.

Die Übersicht 2 zeigt den finanziellen Aufwand des Landes aufgrund des Hamburg-Vertrags.

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Aus fiskalischer Sicht ist es unbefriedigend, dass das Land in Zusammenhang mit dem Hamburg-Vertrag hohen finanziellen Aufwand trug. Nach dem Landesabfallgesetz hat das Land zwar zusammen mit den Entsorgungspflichtigen zentrale Einrichtungen zur Beseitigung von Sonderabfällen zu schaffen; dieser Gesetzesauftrag begründet aber ausdrücklich keine Verpflichtung zur finanziellen Beteiligung des Landes. Problematisch ist auch, dass die SAA im Andienungsbereich den ihr übertragenen Gesetzesvollzug nicht stringent durchsetzen konnte und kann.

4.3 Umsetzung der Andienungspflicht

4.3.1 Grundsatz

Sonderabfälle sind nach dem Abfallrecht erst dann zu beseitigen, wenn sie weder vermieden noch verwertet werden können. Indes gibt es kaum praktikable Kriterien für eine eindeutige Zuordnung der Sonderabfälle zu den Entsorgungswegen Verwertung und Beseitigung. Da die Verwertung angefallener Sonderabfälle in der Regel wesentlich kostengünstiger ist als die Beseitigung in einer Sonderabfallverbrennungsanlage oder auf einer Sonderabfalldeponie, ist den Abfalllieferanten im Allgemeinen daran gelegen, dass der Sonderabfall als verwertungsfähig klassifiziert wird und nicht der Beseitigung zuzuführen ist. Die Frage nach dem zutreffenden Entsorgungsweg ist komplex; die SAA sieht sich bei der Umsetzung der Andienungspflicht erheblichen Schwierigkeiten gegenübergestellt.

4.3.2 Zuweisungsbescheide

Die für eine hoheitliche Tätigkeit typische Form des Gesetzesvollzugs durch Verwaltungsakte (hier der sog. Zuweisungsbescheide) setzt die SAA bei den Sonderabfällen, die dem Grunde nach in der Sonderabfallverbrennungsanlage in Hamburg zu beseitigen sind, nur sehr eingeschränkt ein. Dies hat zweierlei Gründe:

Ausgehend davon, dass die Abfall erzeugenden/entsorgenden Unternehmen grundsätzlich den für sie kostengünstigsten Weg zur Entsorgung ihrer Sonderabfälle wählen, unterstellt die SAA, dass bei einem stringenten Vollzug der gesetzlichen Andienungspflicht durch den generellen Erlass von Zuweisungsbescheiden die Unternehmen - was nach Auffassung der SAA abfallrechtlich sehr leicht möglich sei - auf die „Verwertungsschiene“ ausweichen und den an sich beseitigungspflichtigen Sonderabfall im Wege der Verwertung entsorgen würden. Deswegen gibt sie anderen, im Verhandlungswege gefundenen Lösungen den Vorzug.

Selbst in den Fällen, in denen der Abfalllieferant den Sonderabfall als verwertungsfähig deklariert, die SAA aber der Auffassung ist, dass der Sonderabfall beseitigt werden muss, setzt die SAA nur selten Zuweisungsbescheide ein. Dies hat zur Folge, dass beseitigungspflichtige Sonderabfälle nicht der Sonderabfallverbrennungsanlage in Hamburg zugeführt werden, sondern - toleriert von der SAA - im Wege der Verwertung entsorgt werden. Bei diesem Vorgehen beruft sich die SAA auf ihre Erfahrung, dass fast durchweg

  • gegen die Anordnungen zur Entsorgung in der Sonderabfallverbrennungsanlage in Hamburg Widerspruch eingelegt werde,
  • gegen die ablehnenden Entscheidungen über den Widerspruch der Verwaltungsrechtsweg beschritten werde und
  • der von der SAA jeweils angeordnete Sofortvollzug der Bescheide von den Gerichten nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung aufgehoben werde.

Dies habe zur Folge, dass der betroffene Abfallbesitzer seinen Sonderabfall bis zur Entscheidung der Hauptsache nicht zur Verbrennung nach Hamburg liefern müsse, sondern den ursprünglich vorgesehenen Entsorgungsweg beschreiten könne. Die regelmäßige Aufhebung des Sofortvollzugs bei bisher gerichtsanhängigen Verfahren habe die SAA bei ihrer Aufgabenwahrnehmung in eine schwierige Position gebracht.

Gleichwohl ist das Vorgehen der SAA in rechtlicher Hinsicht (wegen des gesetzlichen Auftrags zur Umsetzung der Andienungspflicht und wegen des Gleichheitsgebots) problematisch. Das UM bezeichnet das Vorgehen der SAA als „pragmatischen Gesetzesvollzug“.

4.3.3 Andere Formen der Umsetzung

Die SAA setzt die Andienungspflicht vor dem Hintergrund ihrer Schwierigkeiten, sie auf dem Rechtsweg zu realisieren, vielfach in der Weise um, dass sie mit wichtigen Sonderabfallerzeugern oder -entsorgern Pflichtmengen zur Lieferung an die SAA bzw. an die Sonderverbrennungsanlage in Hamburg vereinbart oder andere Vereinbarungen trifft, die es für das betreffende Unternehmen finanziell interessant machen, den Sonderabfall in Hamburg verbrennen zu lassen, gleichzeitig aber das Land von Pönalezahlungen entlasten.

Auch diese Formen der Umsetzung der Andienungspflicht sind rechtlich nicht unproblematisch, weil sie nicht alle Entsorgungspflichtigen gleichermaßen erfassen. Sie sind Folge einer Rechtslage, die praktisch kaum durchsetzbar ist. Gleichwohl sollte die SAA nur dann den pragmatisch genannten Weg des Gesetzesvollzugs wählen, wenn im Einzelfall tatsächlich die Andienungspflicht nicht anders durchsetzbar ist. Zudem muss sichergestellt sein, dass auch in diesen Fällen abfallrechtliche Vorgaben und umweltpolitische Ziele nicht konterkariert werden.

Die Steuerung der Abfallmengen mittels Zuweisungsbescheiden ist der rechtlich einwandfreie Weg, der nur dann verlassen werden sollte, wenn die jeweilige Alternative für das Land finanziell vorteilhafter ist. In absehbarer Zeit - nach Auslaufen des Hamburg-Vertrags - hält der RH eine an den Vollzugsmöglichkeiten orientierte Änderung der Rechtslage für geboten.

5 Personal- und anderer Aufwand

5.1 Allgemeines

Der RH hat schon in früheren Fällen festgestellt, dass verwaltungsnahe Unternehmen, die nicht wirklich am Markt teilnehmen, zu einem kritisch zu bewertenden Ausgabeverhalten neigen (zuletzt s. Denkschrift 2004, Beitrag Nr. 14, Betätigungsprüfung bei einem Dienstleistungsunternehmen). Diese Tendenz war in einzelnen Punkten auch bei der SAA festzustellen.

5.2 Abfindung für eine Führungskraft

Im Zuge der Übernahme der Geschäftsbereiche Andienung und Abfallberatungsagentur (s. Pkt. 2) übernahm die SAA von der SBW auch eine Führungskraft und schloss mit ihr einen bis zum 31.01.2001 laufenden Dienstvertrag ab. Wegen des Verkaufs der Abfallberatungsagentur zum 01.01.1999 sah die Führungskraft bei der (Rest-)SAA keine geeignete Aufgabenstellung mehr für sich und bat deswegen den Aufsichtsratsvorsitzenden um Beendigung des Dienstverhältnisses zum 31.12.1998. Trotz des Ausscheidens auf eigenen Wunsch forderte die Führungskraft von der SAA den vollen Ausgleich der ihr ansonsten bis zum regulären Ende des Dienstverhältnisses (31.01.2001) zu zahlenden Vergütung von einigen hunderttausend Euro. Im Verhandlungswege einigte man sich schließlich auf eine Abfindung in einer Höhe, die rd. 80 % der bis zum regulären Ende des Dienstverhältnisses zu zahlenden Vergütung entsprach.

Die Abfindung ist in doppelter Hinsicht problematisch:

  • Da eine Abfindung bei vorzeitigem Ausscheiden auf eigenen Wunsch im Dienstvertrag nicht vorgesehen war, ist nicht ohne Weiteres erklärlich, weshalb der Führungskraft überhaupt eine Abfindung gewährt wurde. Dies gilt umso mehr, als die SAA durch die Genehmigung einer anspruchsvollen Nebentätigkeit bei einem anderen Unternehmen es der Führungskraft ermöglicht hatte, sich noch während ihrer Tätigkeit bei der SAA beruflich neu zu orientieren (und sie mit Ausscheiden aus der SAA nahtlos die frühere Nebentätigkeit bei dem anderen Unternehmen hauptberuflich ausüben konnte).
  • Selbst wenn man die Abfindung dem Grunde nach für berechtigt hielte, so bliebe sie doch von der Höhe her problematisch. Die SAA sparte zwar vordergründig mehrere zehntausend Euro (20 % der Vergütung, die der ausgeschiedenen Führungskraft bis zu ihrem regulären Dienstende am 31.01.2001 zugestanden hätte), doch hatte sie der nachfolgenden, zum 01.01.1999 neu eingesetzten Führungskraft bis zum 31.01.2001 eine Vergütung in nennenswerter Höhe zu bezahlen. Die SAA hätte somit mehr als 50.000 € Dienstvergütungen einsparen können, hätte sie die Dienste der früheren Führungskraft bis zum regulären Vertragsende in Anspruch genommen oder ihr auf eigenen Wunsch hin erfolgtes Ausscheiden nicht so großzügig honoriert.

5.3 Zahlungen an Mitarbeiter

Die SAA hat in den Arbeitsverträgen mit ihren Mitarbeitern eine Vergütung entsprechend dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vereinbart. Gleichwohl hat sie den Mitarbeitern Zahlungen zukommen lassen, die im BAT nicht vorgesehen sind. So gewährte die SAA

  • Zuschüsse für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von bis zu 6.000 € jährlich und
  • vermögenswirksame Leistungen von 39,88 € monatlich statt der im BAT vorgesehenen 6,65 € monatlich (Mehraufwand bis zu 9.000 € jährlich).

Nicht durch den BAT gedeckt sind auch die Leistungszulagen im Gesamtbetrag von bis zu 13.000 € jährlich, zu deren Zahlung sich die SAA im jeweiligen Einzelfall durch eine Ergänzung des Anstellungsvertrags verpflichtet hat. Im Übrigen sind die Leistungszulagen auch deswegen problematisch, weil sie von der SAA auf Dauer zugesagt wurden; dies ist mit dem Ziel einer Leistungszulage, einem Mitarbeiter Leistungsanreize zu bieten, nur schwerlich zu vereinbaren.

Die nicht durch den BAT gedeckten Leistungen sind auch deswegen kritisch zu sehen, weil die zu 100 % dem Land gehörende SAA ausschließlich hoheitliche Aufgaben des Landes wahrnimmt. Zudem erwirtschaftet sie regelmäßig Fehlbeträge, die über Zuwendungen des Landes abgedeckt werden; im Bescheid über die institutionelle Förderung wurde ausdrücklich auf das sog. Besserstellungsverbot (keine höhere Vergütung als nach BAT) hingewiesen.

5.4 Anmietung von Geschäftsräumen

Die SAA bezahlt für ihre angemieteten, 1.171 m² großen Geschäftsräume in einem Bürogebäudekomplex eine Kaltmiete von 77.000 € jährlich. Angesichts der Tatsache, dass in den Stellenplänen bisher maximal 27,5 Mitarbeiterstellen ausgewiesen wurden, hat der RH den Raumbedarf der Gesellschaft kritisch hinterfragt.

Die SAA ist nicht nur aufgrund ihrer Eigenschaft als beliehenes Unternehmen, sondern auch nach ihrer Aufgabe und nach der Art ihrer Aufgabenwahrnehmung weitgehend mit einer Landesbehörde vergleichbar. Dies rechtfertigt auch einen Vergleich ihres Raumbedarfs mit dem einer Landesbehörde. Während dort die einem Beschäftigten durchschnittlich zur Verfügung stehende Fläche nach verwaltungsinterner Festlegung mit 15 m² als angemessen betrachtet wird, entfallen bei der SAA auf jede Stelle durchschnittlich 43 m² angemietete Fläche und damit fast das Dreifache der im Landesbereich maßgebenden Fläche. Dieser Vergleich spricht eindeutig dafür, dass die von der SAA angemietete Fläche von 1.171 m² weit über dem wirtschaftlich vertretbaren Raumbedarf liegt.

Die SAA hätte jedes Jahr rd. 50.000 € Miete (einschließlich Nebenkosten) einsparen können, wenn sie ihren Raumbedarf an den im Landesbereich als angemessen erachteten Flächen ausgerichtet hätte. Es sollte darauf hingewirkt werden, dass die SAA ihren Raumbedarf deutlich reduziert und dabei den inzwischen vorgenommenen und weiter absehbaren Personalabbau berücksichtigt.

6 Stellungnahme des Ministeriums

In seiner mit dem UM abgestimmten Stellungnahme hat sich das FM bezüglich der Fahrtkostenzuschüsse und der übertariflichen Zulagen an das Personal der Beurteilung durch den RH angeschlossen. Ansonsten vertritt es im Wesentlichen eine abweichende Auffassung, insbesondere zu folgenden Punkten:

  • Bei der Finanzierung strebe die SAA einen Kostendeckungsgrad von 75 % an, da 25 % auf nicht gebührenfähige Aufgaben entfielen.
  • Die Berechnung einer Marge im Andienungsbereich sei politisch verworfen worden und würde der baden-württembergischen Wirtschaft Akzeptanzprobleme bereiten; zudem sei die Marge de facto z. T. in Gebühren eingeflossen.
  • Im Kontrollbereich gebe es plausible Gründe dafür, dass für das privilegierte Verfahren erst im Jahr 2004 Gebühren eingeführt wurden. Bezüglich der Angemessenheit dieser Gebühren müsse beachtet werden, dass der Aufwand für das privilegierte Verfahren deutlich geringer sei als beim Grundverfahren und zudem eine weitere Gebührenerhöhung kontraproduktiv sei.
  • Bei der Umsetzung der Andienungspflicht praktiziere die SAA unter den gegebenen Rahmenbedingungen einen stringenten Gesetzesvollzug. Die rechtlich nicht zu beanstandende Praxis der SAA habe zu einer steigenden Liefermenge nach Hamburg geführt.
  • Das Unternehmen neige nicht zu einem kritisch zu bewertenden Ausgabeverhalten. Die frühere Führungskraft sei nur durch die Abfindung zu veranlassen gewesen, aus der SAA auszuscheiden. Bezüglich des Arbeitgeberanteils an den vermögenswirksamen Leistungen habe das Unternehmen beim UM beantragt, eine Ausnahme vom Besserstellungsverbot zuzulassen, da die zusätzliche Altersversorgung bei der SAA geringer sei als beim öffentlichen Dienst und mit den vermögenswirksamen Leistungen ein gewisser Ausgleich geschaffen werde. Von den angemieteten Geschäftsräumen werde ein 40 m² großer Raum im Untergeschoss aufgegeben; ansonsten sei der Raumbedarf - da jeder Mitarbeiter ein Einzelzimmer benötige - nicht zu hoch.

7 Schlussbemerkung

Der RH bleibt bei seiner Auffassung. Er hält es für problematisch, wenn das Land ein privatrechtlich organisiertes Unternehmen mit der Vorgabe kostendeckender Gebühren gründet, dieses Teilziel aber alsbald aufgegeben wird und in der Folge das Unternehmen hoher Zuwendungen des Landes bedarf.

Im Andienungsbereich sollte, wie früher bei der SBW, eine Marge erhoben werden. Die Gründe, die gegen die Erhebung von Gebühren für das privilegierte Verfahren schon ab dem Jahr 2000 vorgebracht wurden, überzeugen nicht, zumal sie fast sämtlich auch gegen die tatsächliche Einführung der Gebühren im Jahr 2004 vorgebracht werden könnten. Die zu begrüßende Steigerung der Liefermenge nach Hamburg ändert nichts an der Tatsache, dass die Andienungspflicht in problematischer Form umgesetzt wird.

Da die frühere Führungskraft der Leitungsebene schon angehörte, als das Unternehmen noch wesentlich größer war, und sie zudem auf eigenen Wunsch ausschied, ist eine Abfindung nicht oder zumindest nicht in dieser Höhe gerechtfertigt.

Über den Antrag der SAA, bezüglich der vermögenswirksamen Leistungen eine Ausnahme vom Besserstellungsverbot zuzulassen, hat das zuständige Ministerium zu entscheiden; der RH bemerkt jedoch, dass nach den Verwaltungsvorschriften zur LHO eine Ausnahme der vorherigen Zustimmung des Zuwendungsgebers bedarf. Auch mangelt es an einer Vergleichbarkeit der Vorsorgesysteme (vermögenswirksame Leistungen: wenige Jahre Laufzeit, keine Zweckbestimmung des angesparten Vermögens; Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder: Laufzeit oft das gesamte Berufsleben, zweckbestimmt zur Altersversorgung), sodass es überaus problematisch ist, den Arbeitgeberanteil zu den vermögenswirksamen Leistungen in Kontext zu stellen zur Altersversorgung der Mitarbeiter.

Die Fläche der angemieteten Geschäftsräume hält der RH aus den dargelegten Gründen weiterhin für zu hoch.