Im Zuge von Straßenbaumaßnahmen wurden Durchlässe für Amphibien errichtet, bei denen erhebliche Defizite bezüglich Planung, Bauausführung und Unterhaltung vorliegen. So wurden zwar mit teilweise großem Aufwand Anlagen gebaut, die dann aber nur unzureichend unterhalten und damit wirkungslos wurden. Eine Verbesserung des gesamten Amphibienschutzes einschließlich der Abstimmung zwischen Straßenbau- und Naturschutzverwaltung ist deshalb erforderlich.
1 Ausgangslage
Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft durch Straßenbaumaßnahmen sind nach dem Landesgesetz zum Schutz der Natur, zur Pflege der Landschaft und über die Erholungsvorsorge in der freien Landschaft (Naturschutzgesetz) möglichst zu vermeiden. Daher baut die Straßenbauverwaltung u. a. Schutzanlagen, die den Amphibien bei ihren Wanderungen eine sichere Querung der Straßen ermöglichen sollen. Querungshilfen können mobile (Schutzzäune) oder stationäre (Amphibiendurchlässe mit Leiteinrichtungen) Schutzanlagen sein.
Der RH und die StRPÄ Freiburg, Karlsruhe und Stuttgart haben in den Jahren 2003 und 2005 bei mehr als 30 Straßenbaumaßnahmen die stationären Anlagen für den Amphibienschutz geprüft. Dabei wurde festgestellt, dass Defizite bezüglich Planung, Bauausführung und Unterhaltung der stationären Anlagen vorliegen. Nachdem das IM 2005 den künftigen finanziellen Bedarf für den dringlichen Bau von Anlagen für den Amphibienschutz an Bundes-, Landes- und Kreisstraßen auf rd. 20 Mio. € bezifferte (davon allein 10 Mio. € an Landesstraßen), sieht der RH hier erhebliche Einsparpotenziale und Verbesserungsmöglichkeiten.
2 Grundlagen für den Bau der Anlagen für den Amphibienschutz
Damit Straßenbaumaßnahmen durch Anforderungen des Artenschutzes nicht ins Stocken gerieten, akzeptierte die Straßenbauverwaltung trotz unzureichender oder veralteter Datengrundlagen (z. B. zur Amphibienpopulation, zum Wanderverhalten oder zum Gefährdungsgrad) in der Regel alle Forderungen des privaten oder behördlichen Naturschutzes. Auf der Grundlage ökologischer Gutachten folgte die Straßenbauverwaltung oft zu bereitwillig den Vorstellungen der Naturschützer. Eine sachgerechte Abwägung zwischen einem ausgewogenen Naturschutz und einem wirtschaftlichen Straßenbau fand dabei nicht statt. So errichtete eine Gemeinde bei einem nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) geförderten Straßenbauvorhaben auf der Grundlage des Planfeststellungsbeschlusses 42 Amphibiendurchlässe mit Ausgaben von rd. 480.000 € (= rd. 25 % der gesamten Bauausgaben für dieses Vorhaben). Im Vorfeld waren in einem Gutachten zum landschaftspflegerischen Begleitplan zunächst 75 Durchlässe gefordert worden. Im Zuge des Planfeststellungsverfahrens hatte die Naturschutzverwaltung hingegen lediglich 20 Durchlässe für erforderlich gehalten. Die wechselnden Angaben weisen auf eine mangelhafte Datenbasis hin, zumal fraglich ist, ob sich in diesem Gebiet überhaupt Amphibienkolonien befinden.
Auch eine Alternative zu den stationären Schutzanlagen wurde selten bedacht, obgleich sogar der behördliche Naturschutz einräumt, dass die Tiere die Querungstunnel eher meiden. Die Alternative könnte, je nach Verkehrsaufkommen, in Straßensperrungen oder in der Einrichtung von Laichgewässern bestehen. So sperrt eine Gemeinde in 20 so genannten Hauptwander-Nächten eine Landesstraße und kann damit nach eigenen Angaben rd. 80 % der Amphibien vor dem Überfahrenwerden schützen.
3 Funktionsfähigkeit der Anlagen für den Amphibienschutz
3.1 Bauliche Mängel
Die Funktionsfähigkeit der Anlagen war bei vielen der geprüften Vorhaben wegen einer mangelhaften Bauausführung an den Übergängen der Leiteinrichtungen zu den Durchlässen erheblich beeinträchtigt. Selbst kleine Öffnungen genügen, dass die Amphibien die Leiteinrichtung verlassen und in der Folge den Durchlass nicht mehr erreichen (s. Bild 1).

Die oft erheblichen Bauausgaben für den Amphibienschutz waren damit zum Teil wirkungslos. Üblicherweise bewegten sich die Bauausgaben bei den einzelnen Straßenbaumaßnahmen - je nach Anzahl der Amphibiendurchlässe und Leiteinrichtungen - zwischen 20.000 € und 500.000 €; die durchschnittlichen Ausgaben für Amphibiendurchlässe lagen bei 840 €/m, für Leiteinrichtungen bei 110 €/m und für mobile Fangzäune bei 40 €/m.
3.2 Unzureichende Unterhaltung der Anlagen
Die Schutzanlagen können nur dann ihren Zweck erfüllen, wenn sie den Tieren möglichst wenige Ansatzpunkte zum Hochklettern oder Umkehren bieten. Bei der Mehrzahl der geprüften Schutzanlagen war das Erreichen der Zweckbestimmung ausgeschlossen, weil wegen vernachlässigter Unterhaltung die Tunneleingänge und Laufwege zugewachsen (s. Bild 2) oder manchmal durch Müll versperrt waren.

Neben der Unterhaltung der Anlagen, für die beispielsweise in einem Regierungsbezirk knapp 1 % der gesamten Kosten für die Straßenunterhaltung aufgewendet wurde, fehlte es aber auch an einer regelmäßigen Funktions- und Erfolgskontrolle, zu der sich weder die Straßenbau- noch die Naturschutzverwaltung verpflichtet fühlten. Es ist widersprüchlich, wenn zunächst Forderungen gestellt werden, eine Erfolgskontrolle dann jedoch nicht mehr stattfindet.
4 Empfehlungen
Straßenbau und Naturschutz stehen in einem klassischen Zielkonflikt, der bislang häufig so gelöst wurde, dass die Vertreter des Naturschutzes etwas verlangten und die Straßenbauverwaltung dieser Forderung nachkam. Nicht erklärbar ist, dass sich die Naturschutzvertreter später kaum mehr dafür interessierten, ob die von ihnen verlangten Anlagen von den Amphibien auch wirklich genutzt werden. Die Aktivitäten der Straßenbauverwaltung zielten mehr auf das „Beruhigen“ der Naturschutzbehörden hin und dienten weniger dem zweckentsprechenden Bau und Unterhalt der Anlagen.
Um einen adäquaten Mitteleinsatz sicherzustellen regt der RH vor allem eine engere und weiter gehende Zusammenarbeit zwischen Straßenbau und Naturschutz an. Damit diese gelingt, sollten folgende Punkte berücksichtigt werden:
- Amphibienschutzanlagen sollten nur auf der Basis stichhaltiger Begründungen angeordnet und gebaut werden; hierfür sollte im Einvernehmen zwischen Straßenbau und Naturschutz ein Mindeststandard in Anlehnung an den bestehenden Leitfaden der Landesanstalt für Umweltschutz festgelegt werden. Außerdem sollten von Straßenbau- und Naturschutzverwaltung bereits im Planungsstadium Alternativen zu den kostenintensiven stationären Schutzanlagen untersucht werden (z. B. Anlage von Laichgewässern oder zeitweise Sperrung einer Straße). Der RH sieht es durchaus als Aufgabe der Straßenbauverwaltung an, die Forderungen des Naturschutzes hinsichtlich ihrer Qualität und Quantität auf den Prüfstand zu stellen, statt jede Forderung kritiklos umzusetzen.
- Die konkrete Bauausführung sollte weit gehend standardisiert und qualitativ verbessert werden. Um bauliche Mängel zu vermeiden, ist eine engere Zusammenarbeit zwischen Straßenbau- und Naturschutzverwaltung geboten. Bei Förderungen nach dem GVFG sollten Pauschalen für den Bau von Durchlässen und Leiteinrichtungen für Amphibien eingeführt werden.
- Die Straßenbaulastträger/Unterhaltungspflichtigen sollten im Rahmen der sonstigen Unterhaltung der Straße die Pflege der Schutzanlagen für Amphibien konsequenter als bisher übernehmen. Der RH verkennt dabei nicht, dass die Unterhaltung der Schutzanlagen angesichts abnehmender Personalressourcen und Mittel nicht an erster Stelle steht und nur schwer zu bewerkstelligen ist. Ohne Pflege und Wartung der Anlagen wird jedoch die Investition ad absurdum geführt.
- Entlastet werden könnten die Unterhaltungspflichtigen hierbei durch den die Anlagen fordernden privaten oder behördlichen Naturschutz. Die Einbeziehung des Naturschutzes in die Unterhaltung könnte beispielsweise durch die Festschreibung eines Unterhaltungsplans im Rahmen des Genehmigungsverfahrens unterstützt werden. Der Naturschutz könnte darüber hinaus Nachschauen zur Funktionsfähigkeit der Anlagen durchführen und das Ergebnis der Straßenbauverwaltung mitteilen.
5 Stellungnahme des Ministeriums
Das IM stimmt im Wesentlichen den Ausführungen des RH zu. Es verweist dabei darauf, dass Ausgangspunkt bei Straßenbauprojekten stets sei, eine möglichst wirtschaftliche Lösung für die Vermeidung oder den Ausgleich von Naturbeeinträchtigungen zu finden. Allerdings habe in den Jahren nach in Kraft treten des Naturschutzgesetzes weder die Straßenbau- noch die Naturschutzverwaltung über Erfahrungen in der Planung und baulichen Umsetzung von Amphibienschutzanlagen verfügt.
Um die vom RH aufgezeigte Situation zu verbessern, sagt das Ministerium zu, bei Konzeption und Planung dieser Anlagen in Zukunft neben dem „Merkblatt zum Amphibienschutz an Straßen“ verstärkt den Leitfaden „Baumaterialien für den Amphibienschutz“ der früheren Landesanstalt für Umweltschutz (LfU) heranzuziehen. Beide stellten Mindestanforderungen an den Amphibienschutz dar und würden derzeit aktualisiert sowie im Hinblick auf eine optimierte Unterhaltung ergänzt. Auf dieser Grundlage sollen die Forderungen der Naturschutzvertreter verstärkt hinterfragt und überprüft sowie mögliche Alternativen in die Planungsüberlegungen einbezogen werden. Bei den Bauausführungen sollen zur weiteren Qualitätsverbesserung insbesondere gemeinsame Bauabnahmen von Straßenbau- und Naturschutzverwaltung angedacht werden.
Eine Pauschalierung im Zuge einer GVFG-Förderung betrachtet das Ministerium als generell prüfenswert. Allerdings verfüge es derzeit noch über zu wenig Erfahrung für eine Vereinheitlichung. Auch sehe es die einzelfallbezogene kritische Prüfung des Umfangs der vorgesehenen Schutzmaßnahmen als zielführender für die angestrebten Kosteneinsparungen an.
Im Hinblick auf die Verbesserung der Unterhaltung der Anlagen sieht das Ministerium einen Synergieeffekt darin, dass durch die Verwaltungsstrukturreform die Landratsämter nunmehr für den Betrieb und die Unterhaltung der klassifizierten Straßen zuständig und gleichzeitig untere Naturschutzbehörde sind. Entsprechend solle künftig bei der Konzeption und Umsetzung von Maßnahmen für den Amphibienschutz auf eine engere Zusammenarbeit zwischen Vertretern von Straßenbau und Naturschutz hingewirkt werden.
6 Schlussbemerkung
Der Amphibienschutz mag als unbedeutende Begleiterscheinung von Straßenbaumaßnahmen gesehen werden. Angesichts des finanziellen Volumens für den Bau der Schutzanlagen und des völlig unbefriedigenden Unterhaltungszustandes relativiert sich aber diese Sichtweise. So treten Missstände auf, die den Artenschutz existenziell betreffen und den Landeshaushalt unnötig belasten.
Die vom RH vorgeschlagenen Empfehlungen zeigen Verbesserungen und Einsparpotenziale auf, anhand derer - mit gemeinsamen Anstrengungen der Straßenbauverwaltung und der Naturschutzinstitutionen - der Schutz der Amphibien nachhaltig, aber zugleich finanziell in vertretbarem Rahmen, gesichert werden kann.