Denkschrift 2006
Vorwort
1 Vorwort
Die Denkschrift stellt wesentliche Ergebnisse ausgewählter Prüfungen des RH und der staatlichen Rechnungsprüfungsämter aus den Jahren 2005/2006 dar. Sie enthält damit die Informationen, die für die Entlastung der Landesregierung von Bedeutung sind. Die Denkschrift ist kein abschließender Bericht über die Tätigkeit der Finanzkontrolle in diesem Zeitraum. Sie enthält vielmehr eine Zusammenstellung wichtiger Prüfungsergebnisse aus verschiedenen Bereichen der Landesverwaltung, die das Parlament und die Landesregierung in ihrem Bemühen unterstützen soll, die Wirtschaftlichkeit des Verwaltungshandelns weiter zu verbessern und finanzielle Nachteile für das Land zu vermeiden. Allgemeine Schlüsse zur Qualität der Landesverwaltung lassen sich aus den Einzeldarstellungen nicht ziehen.
Die Beratungen zu dieser Denkschrift wurden am 27.04.2006 abgeschlossen. Die Zuordnung der Prüfungsergebnisse in Abschnitt III richtet sich nach der Geschäftsbereichsabgrenzung der Ministerien zu diesem Zeitpunkt. Danach liegende Beschlüsse der Landesregierung oder Änderungen im Zuschnitt der Geschäftsbereiche der Ministerien zu Beginn der neuen Legislaturperiode sind nicht berücksichtigt.
Im Berichtszeitraum hat der RH drei Beratende Äußerungen vorgelegt. Am 23.08.2005 veröffentlichte er die Ergebnisse seiner „Prüfung der Prozesskostenhilfe“ (Drs. 13/4610). Die Untersuchung zur Gewährung von Prozesskostenhilfe im Land lieferte erstmals eine verlässliche Datenbasis, zeigte Schwachstellen auf und machte konkrete Vorschläge zur Ausgabenreduzierung. In dem Bericht „Organisation, Wirtschaftlichkeit und Personalbedarf der Landesoberkasse Baden-Württemberg“ vom 20.12.2005 (Drs. 13/4987) stellte der RH ein erhebliches Einsparpotenzial fest und sprach eine Reihe von Empfehlungen zur effizienteren Aufgabenerledigung aus. Der Abbau von Personalressourcen wurde eingefordert. Am 24.01.2006 stellte der RH seine Untersuchungsergebnisse zur „Organisation und Arbeitsweise der Erbschaftsteuerstellen und der Bedarfsbewertung“ (Drs. 13/5077) vor, die erhebliche Defizite bei der Besteuerung von Erb- und Schenkungsfällen aufzeigte. Beträchtliche Steuerausfälle und Zinsverluste waren die Folge. Um dies zukünftig zu vermeiden, wurden in der Beratenden Äußerung verschiedene Maßnahmen zur Optimierung der Arbeitsabläufe, des Personaleinsatzes und der Arbeitsweise in diesem Bereich vorgeschlagen.
Gemeinsam mit dem Rechnungshof von Rheinland-Pfalz hat der RH zum zweiten Mal die Haushalts- und Wirtschaftsführung des SWR geprüft (§ 35 Abs. 1 Staatsvertrag über den Südwestrundfunk). Die Ergebnisse dieser Prüfung wurden am 30.11.2005 den Landtagen und Landesregierungen von Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg sowie dem Rundfunkrat, dem Verwaltungsrat und dem Intendanten des SWR mitgeteilt.
Mit der Denkschrift 2006 legt der RH ein breites Spektrum an Maßnahmen und Empfehlungen vor, die zur Entlastung des Haushalts beitragen oder eine verbesserte Nutzung der vorhandenen Ressourcen bewirken können. Schwerpunkte bilden dabei Prüfungsfeststellungen aus den Bereichen Personal und Organisation sowie Förderungen und Zuwendungen. Die Erkenntnisse und Vorschläge des RH können bei zügiger Umsetzung einen Beitrag dazu leisten, das Ziel eines Haushalts ohne Nettoneuverschuldung zu erreichen. Insgesamt kann das Land einschließlich der Universitätsklinika bei Umsetzung der Vorschläge in den nächsten Jahren rd. 440 Personalstellen einsparen. Darüber hinaus werden Einsparpotenziale von rd. 45 Mio. € aufgezeigt. Zudem könnten Steuermehreinnahmen von jährlich mehreren Mio. € erzielt werden.
Die Konsolidierung des Landeshaushalts ist weiterhin dringend geboten. Auch im Jahr 2005 reichten die regulären Einnahmen bei weitem nicht aus, um die Ausgaben zu finanzieren. Netto mussten rd. 1,7 Mrd. € durch Kredite finanziert werden. Dadurch haben sich die Schulden des Landes einschließlich der verlagerten Verpflichtungen bis zum Ende des Jahres 2005 um knapp 2 Mrd. € auf rd. 42 Mrd. € erhöht (Nr. 3). Der Aufwand für den Schuldendienst machte - bei historisch niedrigem Zinssatz - mit 7,2 Mrd. € rd. ein Fünftel der Gesamtausgaben des Landes aus. Für die Finanzierung zukunftsorientierter Aufgaben besteht praktisch kein Spielraum mehr. Die mittelfristige Finanzplanung der Landesregierung weist für die Jahre 2005 bis 2009 weitere Nettokreditaufnahmen in Höhe von insgesamt mehr als 8,4 Mrd. € aus. Vor diesem Hintergrund bewertet der RH das von der Landesregierung im März 2006 beschlossene Maßnahmenpaket für eine nachhaltige und zukunftsgerichtete Haushaltskonsolidierung als positiv. Dieses hat zum Ziel, schrittweise das strukturelle Haushaltsdefizit abzubauen und bis zum Jahr 2011 Haushalte ohne Nettoneuverschuldung zu erreichen.
Den Worten müssen nun allerdings auch Taten folgen. Nachdrücklich spricht sich der RH dafür aus, künftig die Ausgaben allein durch reguläre Einnahmen zu decken und damit regelmäßig ohne die Aufnahme von Krediten auszukommen. Dieses Ziel sollte in Anlehnung an die Regelungen zur Schuldenbegrenzung in der Schweiz und in Bayern gesetzlich verankert werden. Um das Gleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben herzustellen, sind einschneidende Veränderungen im Finanzgebaren des Landes erforderlich. Neben einem restriktiven Haushaltsvollzug müssen alle vorhandenen Effizienzpotenziale aufgedeckt und konsequent ausgeschöpft werden. Darüber hinaus führt an einem Abbau staatlicher Aufgaben und kostenwirksamer Standards kein Weg vorbei. Die Sach- und Personalausgaben müssen ebenso wie die Ausgaben für die zahlreichen Förderprogramme konsequent gesenkt werden.
Ein immer noch erhebliches Einsparpotenzial lässt sich durch eine Optimierung von Verfahrensabläufen und Organisationsstrukturen in verschiedenen Verwaltungsbereichen realisieren. So hat der RH festgestellt, dass bei den Universitätsklinika des Landes verlässliche Informationen über das tatsächliche Leistungsvolumen der Labore sowie ein funktionierendes System zur Erfassung und Dokumentation steuerungsrelevanter Daten bisher fehlen. Eine Modellrechnung ergab allein bei den zentralen Laboren für die Krankenversorgung der Universitätsklinika ein rechnerisches Einsparpotenzial von rd. 112 Vollzeitäquivalenten. Das Zentralisierungspotenzial der Labore insgesamt ist längst nicht ausgeschöpft (Nr. 19). Eine Verminderung des Personalaufwands ist bei der Flurneuordnungsverwaltung (Nr. 14) möglich; dort sinkt der Personalbedarf deutlich, weil wesentliche Flächen bereits neu geordnet sind und künftig vor allem nur noch kleinere Flächen bereinigt werden, die einen geringeren Aufwand verursachen.
Die Landesbibliotheken Karlsruhe und Stuttgart können mit einem geringeren Personaletat auskommen (Nr. 20). Mit einer Verbesserung der Ablauf- und Aufbauorganisation könnte die Staatsgalerie Stuttgart (Nr. 22) wirtschaftlicher werden. Durch Deputatserhöhungen für das künstlerische Lehrpersonal an Musikhochschulen kann die Personalausstattung reduziert oder das Lehrangebot entsprechend erhöht werden (Nr. 21).
Bei der Vergabe von Gutachten haben nicht nur die Ministerien, sondern auch andere Landesbehörden den Wirtschaftlichkeits- und Wettbewerbsgrundsatz bisher nicht hinreichend beachtet. Eine korrekte Anwendung des Vergaberechts sowie verstärktes Zurückgreifen auf die Sachkompetenz der Landesbediensteten können zu einer erheblichen Kostenreduzierung führen (Nr. 6).
Das Land hat mit Steuergeldern sparsam umzugehen. Vorhandene Ressourcen müssen deshalb optimal genutzt werden, Investitionen müssen möglichst wirtschaftlich sein. Nach den Berechnungen des RH kann ein Gesamtkonzept zur Schaffung neuer Haftplätze so ausgestaltet werden, dass zusätzliches Personal nicht erforderlich wird. Personalintensive Justizvollzugsanstalten sollten geschlossen und preisgünstige Anstaltserweiterungen innerhalb und außerhalb der Mauern teueren Neubauten vorgezogen werden; außerdem hält der RH Standardabsenkungen für nötig und möglich (Nr. 10). Die beim Straßenbau zu errichtenden Amphibienschutzanlagen sollten besser unterhalten und kontrolliert werden, da sie ansonsten wirkungslos oder dem Artenschutz nur begrenzt gerecht werden und den Landeshaushalt belasten (Nr. 9).
Einsparpotenziale für den Landeshaushalt liegen im Bereich der Altersversorgung der Beamten: Bei der Nachversicherung von ausgeschiedenen Referendaren, Beamten und Richtern in der gesetzlichen Rentenversicherung könnte das Land bei bestimmten Rechts- und Verfahrensänderungen jährlich rund eine Mio. € sparen (Nr. 4). Die vorgeschlagene Trennung der Versorgungssysteme würde die Problemlage nicht nur in diesem Bereich entschärfen, auch die Anrechnung von Rentenbezügen auf die Versorgungsbezüge der Pensionäre könnte dann unterbleiben. Weil Rentenbezüge von den Versorgungsberechtigten nicht ordnungsgemäß mitgeteilt werden und die rechtlichen Voraussetzungen für einen automatischen Datenabgleich mit den Daten der Rentenversicherungsträger bisher fehlen, werden in einzelnen Fällen zu hohe Versorgungsbezüge ausbezahlt (Nr. 5).
In der Eigenschaft als Gesellschafter privatrechtlicher Unternehmen sollte das Land seine Pflichten besser wahrnehmen. Bei einem Sonderabfallunternehmen ist darauf hinzuwirken, dass die Gesellschaft künftig ihre Einnahmemöglichkeiten stärker ausschöpft und Belastungen für den Landeshaushalt weitestgehend vermeidet (Nr. 11). Zudem sollte sich das Land nur in dem Umfang an privatrechtlichen Gesellschaften beteiligen, der für die Wahrnehmung der Landesinteressen erforderlich ist. Bei der Beteiligung des Landes an der ekz.Bibliotheksservice GmbH ist ein wichtiges Landesinteresse nicht erkennbar; die Geschäftsanteile sollten veräußert werden (Nr. 12).
Ein Schwerpunkt der Denkschrift liegt auch in diesem Jahr wieder im Zuwendungsbereich. Förderprogramme sollten regelmäßig auf ihre Notwendigkeit und Wirksamkeit überprüft werden. Anpassungen der Fördervoraussetzungen und Zuwendungsverfahren sollten, soweit nötig, zeitnah erfolgen. Auch kann die Einstellung von Förderprogrammen angezeigt sein. Insbesondere sollte die Mitfinanzierung kommunaler Pflichtaufgaben durch Fördermittel des Landes überdacht werden. Dies betrifft zum einen die Sanierung der öffentlichen Abwasserkanäle (Nr. 16), die nach Auffassung des RH keiner Landesförderung bedarf. Zum anderen sollten die Zuwendungen des Landes zur Kleinkindbetreuung und Tagespflege auf einer neuen Bemessungsgrundlage erfolgen und von einer mindestens gleich hohen finanziellen Beteiligung der Kommunen abhängig gemacht werden (Nr. 15).
Teilweise führen komplexe Förderverfahren und konkrete Fehler bei der Durchführung von Förderprogrammen zu unsachgemäßen Ergebnissen. Im Hinblick auf den wirtschaftlichen Einsatz knapper Fördermittel und zur Verwaltungsvereinfachung regt der RH bei der Förderung von Infrastrukturvorhaben des öffentlichen Personennahverkehrs qualifizierte Antragsprüfungen und eine Anteilsfinanzierung mit Höchstbetragsbegrenzung an (Nr. 8).
Unberechtigt gewährte Leistungen sind möglichst zeitnah zurückzufordern. Der RH hat bei der Überprüfung der Ausbildungsförderung Verbesserungspotenziale unter anderem bei der Rückforderungspraxis festgestellt (Nr. 18). Die allgemeine Verfügungsmasse der Städtebauförderung sollte davon profitieren, wenn eine Konversionsmaßnahme rentierlich ist und Mittel zurückzugeben sind (Nr. 13).
Durch den Einsatz der Datenverarbeitung in der Landesverwaltung entstehen regelmäßig Rationalisierungspotenziale. So könnte durch eine entsprechende DV-Unterstützung der fehlerhaften Auswertung von Grundlagenbescheiden bei der Einkommensteuererhebung entgegengewirkt werden. Dadurch können jährlich Steuermehreinnahmen in Millionenhöhe erzielt werden (Nr. 17). Auch bei der Beschaffung der in der Landesverwaltung erforderlichen IuK-Arbeitsplatzgeräte bestehen nach wie vor Einsparpotenziale. Der RH legt dar, dass eine Beschaffung über eine landesweit einheitliche Stelle sowohl im Wissenschaftsbereich als auch in der Landesverwaltung zu Vorteilen führen würde (Nr. 7).
Ein wichtiges Anliegen der Finanzkontrolle ist es, dass ihre Vorschläge und Empfehlungen zeitnah umgesetzt werden. Im Abschnitt IV geht der RH auf die Auswirkungen von einigen Beiträgen der vorangegangenen Denkschriften, Beratenden Äußerungen und sonstigen Prüfungen ein. So konnten u. a. nach der Prüfung der Gesellschafterstellung des Landes an einer Hafengesellschaft dem Haushalt 9 Mio. € zugeführt werden. Auch wurden die Besteuerung ausländischer Einkünfte sowie die Kriminaltechnik in Baden-Württemberg erheblich verbessert.
2 Parlamentarische Beratung der Denkschrift 2005
Die parlamentarische Beratung der Denkschrift 2005 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes Baden-Württemberg mit Bemerkungen zur Haushaltsrechnung 2003 (Drs. 13/4453) ist abgeschlossen. Der Landtag von Baden-Württemberg hat in seiner 107. Sitzung am 02.02.2006 der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses zur Denkschrift 2005 (Drs. 13/5068) unverändert zugestimmt und die Landesregierung ersucht, bestimmte Maßnahmen zu treffen und ihm hierüber zu berichten (§ 114 Abs. 2 und 4 LHO). Der Verfahrensstand ergibt sich aus der Zusammenstellung der dem Landtag noch zuzuleitenden Berichte der Landesregierung, s. die Anlage zu dieser Denkschrift.
In dieser Sitzung hat der Landtag auch die in der Haushaltsrechnung 2003 nachgewiesenen üpl. und apl. Ausgaben sowie die in der Übersicht 1 A dargestellten Abweichungen von den Stellenübersichten - unter Berücksichtigung etwaiger einschlägiger Feststellungen des RH - nachträglich genehmigt und der Landesregierung Entlastung erteilt (Drs. 13/5070). Schließlich hat der Landtag in dieser Sitzung beschlossen, den Präsidenten des RH hinsichtlich der Rechnung des RH für das Hj. 2003 nach § 101 LHO zu entlasten (Drs. 13/5069).
Die Denkschrift stellt wesentliche Ergebnisse ausgewählter Prüfungen des RH und der staatlichen Rechnungsprüfungsämter aus den Jahren 2005/2006 dar. Sie enthält damit die Informationen, die für die Entlastung der Landesregierung von Bedeutung sind. Die Denkschrift ist kein abschließender Bericht über die Tätigkeit der Finanzkontrolle in diesem Zeitraum. Sie enthält vielmehr eine Zusammenstellung wichtiger Prüfungsergebnisse aus verschiedenen Bereichen der Landesverwaltung, die das Parlament und die Landesregierung in ihrem Bemühen unterstützen soll, die Wirtschaftlichkeit des Verwaltungshandelns weiter zu verbessern und finanzielle Nachteile für das Land zu vermeiden. Allgemeine Schlüsse zur Qualität der Landesverwaltung lassen sich aus den Einzeldarstellungen nicht ziehen.
Die Beratungen zu dieser Denkschrift wurden am 27.04.2006 abgeschlossen. Die Zuordnung der Prüfungsergebnisse in Abschnitt III richtet sich nach der Geschäftsbereichsabgrenzung der Ministerien zu diesem Zeitpunkt. Danach liegende Beschlüsse der Landesregierung oder Änderungen im Zuschnitt der Geschäftsbereiche der Ministerien zu Beginn der neuen Legislaturperiode sind nicht berücksichtigt.
Im Berichtszeitraum hat der RH drei Beratende Äußerungen vorgelegt. Am 23.08.2005 veröffentlichte er die Ergebnisse seiner „Prüfung der Prozesskostenhilfe“ (Drs. 13/4610). Die Untersuchung zur Gewährung von Prozesskostenhilfe im Land lieferte erstmals eine verlässliche Datenbasis, zeigte Schwachstellen auf und machte konkrete Vorschläge zur Ausgabenreduzierung. In dem Bericht „Organisation, Wirtschaftlichkeit und Personalbedarf der Landesoberkasse Baden-Württemberg“ vom 20.12.2005 (Drs. 13/4987) stellte der RH ein erhebliches Einsparpotenzial fest und sprach eine Reihe von Empfehlungen zur effizienteren Aufgabenerledigung aus. Der Abbau von Personalressourcen wurde eingefordert. Am 24.01.2006 stellte der RH seine Untersuchungsergebnisse zur „Organisation und Arbeitsweise der Erbschaftsteuerstellen und der Bedarfsbewertung“ (Drs. 13/5077) vor, die erhebliche Defizite bei der Besteuerung von Erb- und Schenkungsfällen aufzeigte. Beträchtliche Steuerausfälle und Zinsverluste waren die Folge. Um dies zukünftig zu vermeiden, wurden in der Beratenden Äußerung verschiedene Maßnahmen zur Optimierung der Arbeitsabläufe, des Personaleinsatzes und der Arbeitsweise in diesem Bereich vorgeschlagen.
Gemeinsam mit dem Rechnungshof von Rheinland-Pfalz hat der RH zum zweiten Mal die Haushalts- und Wirtschaftsführung des SWR geprüft (§ 35 Abs. 1 Staatsvertrag über den Südwestrundfunk). Die Ergebnisse dieser Prüfung wurden am 30.11.2005 den Landtagen und Landesregierungen von Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg sowie dem Rundfunkrat, dem Verwaltungsrat und dem Intendanten des SWR mitgeteilt.
Mit der Denkschrift 2006 legt der RH ein breites Spektrum an Maßnahmen und Empfehlungen vor, die zur Entlastung des Haushalts beitragen oder eine verbesserte Nutzung der vorhandenen Ressourcen bewirken können. Schwerpunkte bilden dabei Prüfungsfeststellungen aus den Bereichen Personal und Organisation sowie Förderungen und Zuwendungen. Die Erkenntnisse und Vorschläge des RH können bei zügiger Umsetzung einen Beitrag dazu leisten, das Ziel eines Haushalts ohne Nettoneuverschuldung zu erreichen. Insgesamt kann das Land einschließlich der Universitätsklinika bei Umsetzung der Vorschläge in den nächsten Jahren rd. 440 Personalstellen einsparen. Darüber hinaus werden Einsparpotenziale von rd. 45 Mio. € aufgezeigt. Zudem könnten Steuermehreinnahmen von jährlich mehreren Mio. € erzielt werden.
Die Konsolidierung des Landeshaushalts ist weiterhin dringend geboten. Auch im Jahr 2005 reichten die regulären Einnahmen bei weitem nicht aus, um die Ausgaben zu finanzieren. Netto mussten rd. 1,7 Mrd. € durch Kredite finanziert werden. Dadurch haben sich die Schulden des Landes einschließlich der verlagerten Verpflichtungen bis zum Ende des Jahres 2005 um knapp 2 Mrd. € auf rd. 42 Mrd. € erhöht (Nr. 3). Der Aufwand für den Schuldendienst machte - bei historisch niedrigem Zinssatz - mit 7,2 Mrd. € rd. ein Fünftel der Gesamtausgaben des Landes aus. Für die Finanzierung zukunftsorientierter Aufgaben besteht praktisch kein Spielraum mehr. Die mittelfristige Finanzplanung der Landesregierung weist für die Jahre 2005 bis 2009 weitere Nettokreditaufnahmen in Höhe von insgesamt mehr als 8,4 Mrd. € aus. Vor diesem Hintergrund bewertet der RH das von der Landesregierung im März 2006 beschlossene Maßnahmenpaket für eine nachhaltige und zukunftsgerichtete Haushaltskonsolidierung als positiv. Dieses hat zum Ziel, schrittweise das strukturelle Haushaltsdefizit abzubauen und bis zum Jahr 2011 Haushalte ohne Nettoneuverschuldung zu erreichen.
Den Worten müssen nun allerdings auch Taten folgen. Nachdrücklich spricht sich der RH dafür aus, künftig die Ausgaben allein durch reguläre Einnahmen zu decken und damit regelmäßig ohne die Aufnahme von Krediten auszukommen. Dieses Ziel sollte in Anlehnung an die Regelungen zur Schuldenbegrenzung in der Schweiz und in Bayern gesetzlich verankert werden. Um das Gleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben herzustellen, sind einschneidende Veränderungen im Finanzgebaren des Landes erforderlich. Neben einem restriktiven Haushaltsvollzug müssen alle vorhandenen Effizienzpotenziale aufgedeckt und konsequent ausgeschöpft werden. Darüber hinaus führt an einem Abbau staatlicher Aufgaben und kostenwirksamer Standards kein Weg vorbei. Die Sach- und Personalausgaben müssen ebenso wie die Ausgaben für die zahlreichen Förderprogramme konsequent gesenkt werden.
Ein immer noch erhebliches Einsparpotenzial lässt sich durch eine Optimierung von Verfahrensabläufen und Organisationsstrukturen in verschiedenen Verwaltungsbereichen realisieren. So hat der RH festgestellt, dass bei den Universitätsklinika des Landes verlässliche Informationen über das tatsächliche Leistungsvolumen der Labore sowie ein funktionierendes System zur Erfassung und Dokumentation steuerungsrelevanter Daten bisher fehlen. Eine Modellrechnung ergab allein bei den zentralen Laboren für die Krankenversorgung der Universitätsklinika ein rechnerisches Einsparpotenzial von rd. 112 Vollzeitäquivalenten. Das Zentralisierungspotenzial der Labore insgesamt ist längst nicht ausgeschöpft (Nr. 19). Eine Verminderung des Personalaufwands ist bei der Flurneuordnungsverwaltung (Nr. 14) möglich; dort sinkt der Personalbedarf deutlich, weil wesentliche Flächen bereits neu geordnet sind und künftig vor allem nur noch kleinere Flächen bereinigt werden, die einen geringeren Aufwand verursachen.
Die Landesbibliotheken Karlsruhe und Stuttgart können mit einem geringeren Personaletat auskommen (Nr. 20). Mit einer Verbesserung der Ablauf- und Aufbauorganisation könnte die Staatsgalerie Stuttgart (Nr. 22) wirtschaftlicher werden. Durch Deputatserhöhungen für das künstlerische Lehrpersonal an Musikhochschulen kann die Personalausstattung reduziert oder das Lehrangebot entsprechend erhöht werden (Nr. 21).
Bei der Vergabe von Gutachten haben nicht nur die Ministerien, sondern auch andere Landesbehörden den Wirtschaftlichkeits- und Wettbewerbsgrundsatz bisher nicht hinreichend beachtet. Eine korrekte Anwendung des Vergaberechts sowie verstärktes Zurückgreifen auf die Sachkompetenz der Landesbediensteten können zu einer erheblichen Kostenreduzierung führen (Nr. 6).
Das Land hat mit Steuergeldern sparsam umzugehen. Vorhandene Ressourcen müssen deshalb optimal genutzt werden, Investitionen müssen möglichst wirtschaftlich sein. Nach den Berechnungen des RH kann ein Gesamtkonzept zur Schaffung neuer Haftplätze so ausgestaltet werden, dass zusätzliches Personal nicht erforderlich wird. Personalintensive Justizvollzugsanstalten sollten geschlossen und preisgünstige Anstaltserweiterungen innerhalb und außerhalb der Mauern teueren Neubauten vorgezogen werden; außerdem hält der RH Standardabsenkungen für nötig und möglich (Nr. 10). Die beim Straßenbau zu errichtenden Amphibienschutzanlagen sollten besser unterhalten und kontrolliert werden, da sie ansonsten wirkungslos oder dem Artenschutz nur begrenzt gerecht werden und den Landeshaushalt belasten (Nr. 9).
Einsparpotenziale für den Landeshaushalt liegen im Bereich der Altersversorgung der Beamten: Bei der Nachversicherung von ausgeschiedenen Referendaren, Beamten und Richtern in der gesetzlichen Rentenversicherung könnte das Land bei bestimmten Rechts- und Verfahrensänderungen jährlich rund eine Mio. € sparen (Nr. 4). Die vorgeschlagene Trennung der Versorgungssysteme würde die Problemlage nicht nur in diesem Bereich entschärfen, auch die Anrechnung von Rentenbezügen auf die Versorgungsbezüge der Pensionäre könnte dann unterbleiben. Weil Rentenbezüge von den Versorgungsberechtigten nicht ordnungsgemäß mitgeteilt werden und die rechtlichen Voraussetzungen für einen automatischen Datenabgleich mit den Daten der Rentenversicherungsträger bisher fehlen, werden in einzelnen Fällen zu hohe Versorgungsbezüge ausbezahlt (Nr. 5).
In der Eigenschaft als Gesellschafter privatrechtlicher Unternehmen sollte das Land seine Pflichten besser wahrnehmen. Bei einem Sonderabfallunternehmen ist darauf hinzuwirken, dass die Gesellschaft künftig ihre Einnahmemöglichkeiten stärker ausschöpft und Belastungen für den Landeshaushalt weitestgehend vermeidet (Nr. 11). Zudem sollte sich das Land nur in dem Umfang an privatrechtlichen Gesellschaften beteiligen, der für die Wahrnehmung der Landesinteressen erforderlich ist. Bei der Beteiligung des Landes an der ekz.Bibliotheksservice GmbH ist ein wichtiges Landesinteresse nicht erkennbar; die Geschäftsanteile sollten veräußert werden (Nr. 12).
Ein Schwerpunkt der Denkschrift liegt auch in diesem Jahr wieder im Zuwendungsbereich. Förderprogramme sollten regelmäßig auf ihre Notwendigkeit und Wirksamkeit überprüft werden. Anpassungen der Fördervoraussetzungen und Zuwendungsverfahren sollten, soweit nötig, zeitnah erfolgen. Auch kann die Einstellung von Förderprogrammen angezeigt sein. Insbesondere sollte die Mitfinanzierung kommunaler Pflichtaufgaben durch Fördermittel des Landes überdacht werden. Dies betrifft zum einen die Sanierung der öffentlichen Abwasserkanäle (Nr. 16), die nach Auffassung des RH keiner Landesförderung bedarf. Zum anderen sollten die Zuwendungen des Landes zur Kleinkindbetreuung und Tagespflege auf einer neuen Bemessungsgrundlage erfolgen und von einer mindestens gleich hohen finanziellen Beteiligung der Kommunen abhängig gemacht werden (Nr. 15).
Teilweise führen komplexe Förderverfahren und konkrete Fehler bei der Durchführung von Förderprogrammen zu unsachgemäßen Ergebnissen. Im Hinblick auf den wirtschaftlichen Einsatz knapper Fördermittel und zur Verwaltungsvereinfachung regt der RH bei der Förderung von Infrastrukturvorhaben des öffentlichen Personennahverkehrs qualifizierte Antragsprüfungen und eine Anteilsfinanzierung mit Höchstbetragsbegrenzung an (Nr. 8).
Unberechtigt gewährte Leistungen sind möglichst zeitnah zurückzufordern. Der RH hat bei der Überprüfung der Ausbildungsförderung Verbesserungspotenziale unter anderem bei der Rückforderungspraxis festgestellt (Nr. 18). Die allgemeine Verfügungsmasse der Städtebauförderung sollte davon profitieren, wenn eine Konversionsmaßnahme rentierlich ist und Mittel zurückzugeben sind (Nr. 13).
Durch den Einsatz der Datenverarbeitung in der Landesverwaltung entstehen regelmäßig Rationalisierungspotenziale. So könnte durch eine entsprechende DV-Unterstützung der fehlerhaften Auswertung von Grundlagenbescheiden bei der Einkommensteuererhebung entgegengewirkt werden. Dadurch können jährlich Steuermehreinnahmen in Millionenhöhe erzielt werden (Nr. 17). Auch bei der Beschaffung der in der Landesverwaltung erforderlichen IuK-Arbeitsplatzgeräte bestehen nach wie vor Einsparpotenziale. Der RH legt dar, dass eine Beschaffung über eine landesweit einheitliche Stelle sowohl im Wissenschaftsbereich als auch in der Landesverwaltung zu Vorteilen führen würde (Nr. 7).
Ein wichtiges Anliegen der Finanzkontrolle ist es, dass ihre Vorschläge und Empfehlungen zeitnah umgesetzt werden. Im Abschnitt IV geht der RH auf die Auswirkungen von einigen Beiträgen der vorangegangenen Denkschriften, Beratenden Äußerungen und sonstigen Prüfungen ein. So konnten u. a. nach der Prüfung der Gesellschafterstellung des Landes an einer Hafengesellschaft dem Haushalt 9 Mio. € zugeführt werden. Auch wurden die Besteuerung ausländischer Einkünfte sowie die Kriminaltechnik in Baden-Württemberg erheblich verbessert.
2 Parlamentarische Beratung der Denkschrift 2005
Die parlamentarische Beratung der Denkschrift 2005 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes Baden-Württemberg mit Bemerkungen zur Haushaltsrechnung 2003 (Drs. 13/4453) ist abgeschlossen. Der Landtag von Baden-Württemberg hat in seiner 107. Sitzung am 02.02.2006 der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses zur Denkschrift 2005 (Drs. 13/5068) unverändert zugestimmt und die Landesregierung ersucht, bestimmte Maßnahmen zu treffen und ihm hierüber zu berichten (§ 114 Abs. 2 und 4 LHO). Der Verfahrensstand ergibt sich aus der Zusammenstellung der dem Landtag noch zuzuleitenden Berichte der Landesregierung, s. die Anlage zu dieser Denkschrift.
In dieser Sitzung hat der Landtag auch die in der Haushaltsrechnung 2003 nachgewiesenen üpl. und apl. Ausgaben sowie die in der Übersicht 1 A dargestellten Abweichungen von den Stellenübersichten - unter Berücksichtigung etwaiger einschlägiger Feststellungen des RH - nachträglich genehmigt und der Landesregierung Entlastung erteilt (Drs. 13/5070). Schließlich hat der Landtag in dieser Sitzung beschlossen, den Präsidenten des RH hinsichtlich der Rechnung des RH für das Hj. 2003 nach § 101 LHO zu entlasten (Drs. 13/5069).
- Haushaltsrechnung, Haushaltsplan und Haushaltsvollzug
- Haushaltsrechnung des Landes für das Haushaltsjahr 2004 [Beitrag Nr. 1]
- Haushaltsplan und Haushaltsvollzug für das Haushaltsjahr 2004 [Beitrag Nr. 2]
- Landesschulden [Beitrag Nr. 3]
- Ressortübertgreifende Empfehlungen
- Nachversicherung ausgeschiedener Bediensteter [Beitrag Nr. 4]
- Anrechnung von Renten auf Versorgungsbezüge [Beitrag Nr. 5]
- Vergabe von Gutachten durch Landesbehörden [Beitrag Nr. 6]
- Beschaffung von IuK-Geräten [Beitrag Nr. 7]
- Besondere Prüfungsergebnisse
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Einzelplan 03: Innenministerium
Erhöhungsanträge bei Infrastrukturvorhaben des öffentlichen Personennahverkehrs [Beitrag Nr. 8]
Amphibienschutz an Straßen [Beitrag Nr. 9]
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Einzelplan 05: Justizministerium
Personaleinsatz, Haftplatzsituation und Baumaßnahmen im Justizvollzug [Beitrag Nr. 10]
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Einzelplan 06: Finanzministerium
Betätigungsprüfung bei einem Dienstleistungsunternehmen [Beitrag Nr. 11]
Betätigungsprüfung bei einem Unternehmen des Bibliothekswesens [Beitrag Nr. 12]
-
Einzelplan 07: Wirtschaftsministerium
Förderung von Konversionsmaßnahmen [Beitrag Nr. 13]
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Einzelplan 08: Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum
Flurneuordnung und Landentwicklung [Beitrag Nr. 14]
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Einzelplan 09: Ministerium für Arbeit und Soziales
Zuwendungen zur Kleinkindbetreuung und Tagespflege [Beitrag Nr. 15]
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Einzelplan 10: Umweltministerium
Sanierung öffentlicher Abwasserkanäle [Beitrag Nr. 16]
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Einzelplan 12: Allgemeine Finanzverwaltung
Grundlagenbescheide bei der Besteuerung natürlicher Personen [Beitrag Nr. 17]
-
Einzelplan 14: Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst
Ausbildungsförderung [Beitrag Nr. 18]
Wirtschaftlichkeit der Labore für Krankenversorgung der Universitätsklinika [Beitrag Nr. 19]
Landesbibliotheken Karlsruhe und Stuttgart [Beitrag Nr. 20]
Arbeitszeit der künstlerischen Mitarbeiter und der Lehrkräfte für besondere Aufgaben an Musikhochschulen [Beitrag Nr. 21]
Haushalts- und Wirtschaftsführung der Staatsgalerie Stuttgart [Beitrag Nr. 22]