Baumaßnahmen der Universitätsklinika [Beitrag Nr. 21]

Mit der Umwandlung der Universitätsklinika in rechtlich selbständige Anstalten zu Beginn des Jahres 1998 war die Übertragung der Bauherreneigenschaft für Baumaßnahmen bis 8 Mio. DM verbunden. Nach der Prüfung der Abwicklung von Baumaßnahmen in zwei Klinika spricht sich der Rechnungshof für klarere und einfachere Zuständigkeitsregelungen aus. Rechnungshof und Klinika sind überein gekommen, dass von den Klinika die öffentlichen Vergabevorschriften künftig grundsätzlich beachtet werden.

1 Einleitung

Die Umwandlung der Universitätsklinika in rechtlich selbständige Anstalten zum 01.01.1998 durch das Hochschulmedizingesetz (HMG) sollte vorrangig dem Ziel dienen, durch Stärkung der „unternehmerischen, streng aufwands-, leistungs- und ertragsorientierten Wirtschaftsführung“ die Wirtschaftlichkeit der Universitätsklinika weiter zu verbessern. Bestandteil des Konzepts war u.a. die Übertragung der Zuständigkeit für Investitions- und Betriebsmittel über den bisherigen Rahmen hinaus. Zugleich sollte der Staatshaushalt - zumindest in Teilbereichen - auf Dauer von Zuschüssen für die Klinika entlastet werden.

Während vor der Rechtsformänderung die Klinika nur für Baumaßnahmen mit Gesamtbaukosten (GBK) bis 750 000 DM - zumeist Erhaltungs- und Instandhaltungsaufgaben - im Rahmen ihres Wirtschaftsplanes zuständig waren, ist ab 1998 die Bauherreneigenschaft für Baumaßnahmen bis 8 Mio. DM vom Land auf die Klinika übergegangen. Zugleich sind die von den bisherigen Landesbetrieben genutzten landeseigenen Grundstücke samt Gebäuden und Zubehör den Anstalten unentgeltlich und auf Dauer überlassen worden.

Große Baumaßnahmen über 8 Mio. DM werden hingegen weiterhin im allgemeinen Bauhaushalt (Kap. 1208) veranschlagt und von den jeweils zuständigen Staatlichen Vermögens- und Hochbauämtern bzw. Universitätsbauämtern geplant und durchgeführt.

Für Baumaßnahmen bis 8 Mio. DM wurde zwischen den Klinika und der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung vereinbart, dass Planung und Abwicklung dieser Bauaufgaben auch weiterhin von den Bauämtern wahrgenommen werden können. Diese Vereinbarungen wurden zunächst für zwei Jahre bis zum 31.12.2000 geschlossen; da sie von keiner der Vertragsparteien gekündigt wurden, verlängerten sie sich automatisch um weitere zwei Jahre.

Der RH prüfte 1999/2000 bei zwei der vier Universitätsklinika die Durchführung von Baumaßnahmen bis 8 Mio. DM. Es sollte festgestellt werden, ob die mit dem HMG eingeführten Änderungen im Verhältnis zwischen Klinikum und Hochbauverwaltung zu mehr Wirtschaftlichkeit und Effizienz im Planungs- und Bauablauf geführt haben.

Übersicht 1 zeigt die Bauausgaben der beiden Klinika. Die Mittel stammen zum überwiegenden Teil aus dem Kliniketat (Zuwendungen des Landes, eigene Mittel der Klinika):

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2 Auswirkungen der Rechtsformänderung

Zunächst sind positive Auswirkungen festzustellen. Die aus betrieblichen Gründen erforderlichen kurzen Zeitabstände zwischen der Feststellung eines Baubedarfs und der Realisierung der Baumaßnahme werden eingehalten, zumindest für diejenigen Maßnahmen (bis 3 Mio. DM), die nicht zum Rahmenplan nach HBFG angemeldet werden müssen. Bisher hing die Realisierungsmöglichkeit einer großen Baumaßnahme wesentlich von der Mittelbereitstellung im Rahmen des Staatlichen Hochbaus ab. Nach der Rechtsformänderung sind die Klinika (unabhängig von der Einordnung in den Rahmenplan) Herr des Verfahrens. Sie bestimmen über die Bereitstellung ihrer eigenen Mittel und setzen den Rahmen für die Organisation der Planung und Baudurchführung. Ferner können sie entscheiden, kleinere, insbesondere betriebsbedingte dringliche Maßnahmen mit eigenem Personal durchzuführen, für größere Projekte das zuständige Bauamt mit der Projektdurchführung zu beauftragen oder freiberuflich Tätige (f.T.) einzuschalten. Die Kooperation zwischen Klinikum und Bauamt - und damit auch der Erfolg eines Vorhabens - hängt jedoch nicht unerheblich von der entsprechenden Bereitschaft der auf beiden Seiten beteiligten Personen ab.

3 Planungs- und Bauverfahren

Im Juli 1999 schlossen die vier Klinika mit den für sie zuständigen Staatlichen Vermögens- und Hochbauämtern bzw. Universitätsbauämtern weitgehend gleichlautende Vereinbarungen über die Erledigung von Bauaufgaben bis 8 Mio. DM Baukosten. Hiernach können die Bauämter, die im Klinikbereich ohnehin für die großen Baumaßnahmen über 8 Mio. DM zuständig und präsent geblieben sind, gegen Kostenerstattung mit den Planungs- und Baudurchführungsleistungen beauftragt werden. Die Zuständigkeiten und Abgrenzungen der Verantwortlichkeiten zwischen den Klinika als „Auftraggeber“ sowie den Bauämtern als „Architekturbüro“ wurden in den Vereinbarungen detailliert und gleichlautend geregelt; in der Praxis haben sich allerdings unterschiedliche Handlungsweisen herausgebildet.

Bei der Prüfung wurden teilweise Probleme bei der Abstimmung zwischen Klinikum und Bauamt in den Phasen der Programmerstellung, der Entwurfs- und Kostenplanung sowie der Ausschreibung, Vergabe und Abrechnung festgestellt. Die vorgeschriebenen Vorlage-, Genehmigungs- und Abstimmungsschritte zwischen Klinikum und Bauamt führten insbesondere bei einem Klinikum zu keinen nennenswerten Vereinfachungen im Planungs- und Bauprozess. Weil Bauaufgaben nicht ausreichend definiert waren, kam es in manchen Fällen zu kostenträchtigen Änderungen und Nachträgen während der Bauausführung. Vom Klinikum direkt beauftragte f.T. arbeiteten teilweise auf der Grundlage unzutreffender Kostenermittlungen und ohne fachliche Begleitung, sodass manche Projekte erheblich teurer abgerechnet wurden als geplant.

Der RH schlägt vor, die Vereinbarungen mit dem Ziel fortzuschreiben, die Verfahrensabläufe bei der Definition der Bauaufgaben, der Planung und Bauabwicklung erheblich zu vereinfachen, wie dies schon teilweise erfolgreich praktiziert wird. Einerseits sollte die Bauherrenkompetenz der Kliniken gestärkt werden, andererseits sollte bei einer Beauftragung der Bauämter diesen klare Zuständigkeiten für die Planungs- und Baudurchführung eingeräumt werden, wenn die Genehmigung zur Durchführung des Projektes einmal erteilt ist. Spätere Eingriffe des Klinikums sollten auf begründete Ausnahmen begrenzt sein. Soweit die Klinika Arbeiten an Dritte vergeben, sollten die Bauämter im Sinne ihrer Gesamtverantwortung für die den Klinika „überlassenen“ Liegenschaften beteiligt werden, wenn es sich um Eingriffe in die Bausubstanz handelt.

4 Vergabeverfahren

Gemäß der genannten Vereinbarungen sind die Bauämter bei der Ausschreibung der Arbeiten an die förmlichen Verfahren der Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB) und des Vergabehandbuchs (VHB) gebunden. Die Klinika als Bauherren sahen hingegen nach den Bestimmungen des Hochschulmedizingesetzes (HMG) keine Verpflichtung zur Einhaltung des öffentlichen Vergaberechts. Da es sich bei den Baumaßnahmen bis 8 Mio. DM um Maßnahmen unterhalb des EU-Schwellenwertes von rd. 9,8 Mio. DM handelt, findet auch das Vergaberechtsänderungsgesetz (VgRÄG) keine Anwendung.

Die Prüfungen haben gezeigt, dass sich die Bauämter bei förmlichen Verfahren (öffentliche und beschränkte Ausschreibungen) weitgehend an die Regelungen der VOB gehalten haben. So waren die Angebote gekennzeichnet, die Zuschlags- und Bindefristen nach § 19 VOB/A eingehalten und Preisspiegel durchgängig vorhanden. Trotz der förmlichen Ausschreibungen nach VOB/VOL kam es vor Vergabe häufig zu (nach VOB/VOL unzulässigen) Nachverhandlungen zwischen Klinikum und Bietern und in der Folge zu Änderungen in der Bieterreihenfolge. Im Ergebnis bedeutet das eine freihändige Vergabe.

Die von den geprüften Klinika selbst veranlassten Leistungsabfragen waren zumeist formlos, selbst wenn die Verfahren als „beschränkte Ausschreibungen“ deklariert waren. Öffentliche Ausschreibungen führten sie - zumeist aus zeitlichen Gründen - so gut wie nicht durch. In vielen Fällen gingen der Auftragserteilung Preisverhandlungen voraus oder es wurden bereits vor Auftragserteilung wesentliche Änderungen an den Leistungsabfragen oder an den Mengen vorgenommen.

In der Übersicht 2 sind die Vergabearten (nach der Anzahl) bei den geprüften Maßnahmen eines Klinikums aufgelistet.

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Von den insgesamt 159 Vergaben bei 14 Baumaßnahmen eines Klinikums erfolgten 128 (80 %) freihändig. Dabei wurden bei fünf Maßnahmen mit einem Gesamtvolumen von 28,4 Mio. DM sogar sämtliche Arbeiten (64 Gewerke) ausschließlich freihändig vergeben. Bei den übrigen neun Maßnahmen mit Baukosten von zusammen 9,1 Mio. DM fanden z. T. öffentliche (16) bzw. beschränkte (15) Ausschreibungen statt; aber auch hier erfolgten überwiegend freihändige Vergaben (64).

Eine solche Vergabepraxis ist wenig transparent und kann den Nährboden für Manipulation und Korruption bilden. Dem „Erfolgserlebnis“ vermeintlich erfolgreicher Preisverhandlungen steht zudem gegenüber, dass - wie die Erfahrungen des RH zeigen - solche Nachlässe nicht selten von vorne herein in die Kalkulation der Bieter eingerechnet werden oder dass Auftragnehmer versuchen, eingeräumte Nachlässe durch überhöhte Abrechnungen auszugleichen.

Auf Grund seiner Prüfungserkenntnisse empfahl der RH, die Baumaßnahmen künftig auf der Grundlage der VOB - entsprechendes gilt für die VOL - auszuschreiben und zu vergeben. Nur auf dieser Grundlage sind auf Dauer wirtschaftliche Vergaben zu erwarten und können saubere, nachvollziehbare Verfahren sichergestellt werden. Dem Interesse der Klinika, schnell auf betriebsbedingte Erfordernisse, insbesondere bei kleineren Instandsetzungen/Betriebsstörungen reagieren zu können, kann mit ausreichend bemessenen Wertgrenzen begegnet werden, unterhalb derer formlose Verfahren zum Zuge kommen können.

Die Klinika haben dem RH nach den Prüfungen mitgeteilt, dass sie ohne Anerkennung einer rechtlichen Verpflichtung das öffentliche Vergaberecht einhalten und die VOB/VOL beachten werden. Aus betrieblichen Gründen müssten allerdings Ausnahmen weiterhin möglich sein. Der RH hat hiergegen keine Bedenken, jedoch sollten die Ausnahmen nicht zur Regel werden.

5 Einhaltung der Kostengrenze

Die Kostengrenze von 8 Mio. DM Baukosten für die Bauherrenrolle der Klinika scheint zunächst willkürlich gewählt. Teilweise sind Bestrebungen erkennbar, die Kostengrenze auszudehnen, um noch mehr Freiräume bei der Realisierung der Bauaufgaben der Klinika zu schaffen. Der RH sieht nach den durchgeführten Prüfungen keinen Anlass für eine Veränderung, vor allem solange das bei den Klinika für solche Bauaufgaben vorhandene Know-how noch deutlich hinter dem der Staatl. Hochbauverwaltung zurück bleibt. Zumindest sollten weitere Erfahrungen nach Verlängerung der Vereinbarung abgewartet werden.

6 Stellungnahmen des Wissenschafts- und des Finanzministeriums

Das MWK räumte in seiner mit den geprüften Klinika abgestimmten Stellungnahme ein, dass die neue Rollenverteilung zwischen den „Bauherren“ Klinika und den in ihrem Auftrag arbeitenden staatlichen Baubehörden zunächst Anlaufschwierigkeiten mit sich brachte. Diese seien aber inzwischen überwunden, und die Abstimmung verlaufe reibungslos.

Der Vorschlag, die Verfahrensabläufe für Planung und Durchführung der Baumaßnahmen erheblich zu vereinfachen, wird begrüßt. Die Ausführungen des RH zur Anwendung der VOB/VOL seien allerdings differenziert zu betrachten. Die Klinika hätten sich bereit erklärt, die Regelungen der VOB/VOL anzuwenden, behielten sich allerdings Ausnahmen vor. In der Vergangenheit aufgetretene Mängel bei der Durchführung der Vergabeverfahren hätten die Klinika erkannt und inzwischen behoben. Nachträge seien nach Möglichkeit zu vermeiden, könnten jedoch wegen geänderter baulicher Anforderungen z. B. wegen unvorhersehbarem Personalwechsel nicht gänzlich ausgeschlossen werden.

Das FM erhob keine Einwände.

7 Schlussbemerkung

Dem RH geht es in erster Linie um einen sinnvollen Ausgleich der unterschiedlichen Interessen: Zum einen soll das unternehmerische Handeln der Klinika auch beim Erhalt und Ausbau sowie dem kostengünstigen Betrieb seiner Räumlichkeiten gefördert werden. Zum anderen soll aber die Gesamtverantwortung der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung für die langfristige Erhaltung und Weiterentwicklung dieser großen, den Klinika vom Land „überlassenen“ Liegenschaften nicht ausgehöhlt und auf die fachliche Kompetenz der vor Ort tätigen Baudienststellen, die ohnehin für die großen Baumaßnahmen über 8 Mio. DM zuständig sind, nicht verzichtet werden.

Mit der nach den Prüfungen erklärten Bereitschaft der Klinika, bei ihren Vergaben künftig - von betriebsbedingten Ausnahmen abgesehen - das öffentliche Vergaberecht anzuwenden, sieht der RH seine Forderung als erfüllt an, entsprechend dem neuen Mittelstandsförderungsgesetz auch bei den bisher nicht der VOB/VOL-Anwendung unterlegenen Betrieben des Landes transparente, nachvollziehbare Vergabeverfahren einzuführen, insbesondere um Manipulation und Korruption vorzubeugen.