Beschaffungswesen und Gebühren [Beitrag Nr. 15]

Bei der Beschaffung von Untersuchungsgeräten und Laborverbrauchsmaterialien wurden die Beschaffungsvorschriften des Landes nicht eingehalten. Das Beschaffungswesen der fünf Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter sollte neu organisiert werden; nicht kostendeckende Gebühren sind neu zu kalkulieren.

1 Ausgangslage

Der RH hat die Organisation der Lebensmittelüberwachung in Baden-Württemberg untersucht und im Oktober 1992 die Ergebnisse in einer beratenden Äußerung (Drucksache 11/833) dargestellt. Zentrale Forderung war u. a., die auf fünf Ressorts und 14 Untersuchungseinrichtungen zersplitterte Lebensmittelüberwachung zu bündeln. Die Bündelung vollzog sich schrittweise:

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Die Dienstaufgaben der CVUÄ sind im Wesentlichen

  • Chemische, physikalische und mikrobiologische Untersuchungen von Lebensmitteln einschließlich Trinkwasser, Giften, Abfällen und Abwasser,
  • Untersuchungen von Tieren,
  • Erstellung von Probenplänen und die Koordinierung der Probenentnahme,
  • Orts- und Betriebsbesichtigungen im Rahmen der amtlichen Überwachung,
  • Erstellung von Gutachten,
  • Ausbildung von Lebensmittelchemikern, Tierärzten, Laboranten und veterinärmedizinisch-technische Assistenten,
  • Beratung von Behörden sowie von Personen, die Lebensmittel erzeugen oder in Verkehr bringen,
  • Feststellung von Alkohol im Blut.

Entsprechend dieser Aufgabenstellung untersuchen die CVUÄ Lebensmittel tierischer und pflanzlicher Herkunft, Getränke aller Art, Trinkwasser, Kosmetika, Tabakerzeugnisse und sonstige Bedarfsgegenstände. Schwerpunkt ist die Untersuchung auf Rückstände und Verunreinigungen von Proben aller Art, die vom Wirtschaftskontrolldienst (WKD) erhoben werden. Zusammen mit diesem und teilweise mit den unteren Lebensmittelüberwachungsbehörden werden auch Betriebskontrollen durchgeführt. Bestimmte Aufgaben werden von den Ämtern schwerpunktmäßig für den gesamten Landesbereich wahrgenommen.

Das STUA Aulendorf ist als Diagnostikzentrum eingerichtet; ihm sind verschiedene Schwerpunktaufgaben wie Blut-, Salmonellen- und Fischseuchendiagnostik und Tiermehluntersuchungen zugeordnet worden. Zudem hat das STUA ebenso wie die neugebildeten CVUÄ bakteriologische, serologische, virologische, pathologische, histologische und parasitologische Untersuchungen durchzuführen.

Die Aufbauorganisation der Lebensmittelüberwachung in Baden-Württemberg mit Stand vom 01.01.2001 ist in Schaubild 1 dargestellt.

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2 Prüfungsgegenstand

Vom RH wurden gemeinsam mit dem StRPA Freiburg schwerpunktmäßig untersucht

  • die Einhaltung der haushalts- und vergaberechtlichen Vorschriften beim
  • Einkauf von Laboratoriumsbedarf, Chemikalien, Arzneimitteln, Impfstoffen,
  • Erwerb von Untersuchungs- und Analysegeräten,
  • die Gebührenfestsetzung und Erhebung,
  • der Einsatz von EDV-Hard- und Software.

In die Prüfung wurden alle CVUÄ und das STUA Aulendorf - Diagnostikzentrum einbezogen; sie erstreckte sich hauptsächlich auf die Einnahmen und Ausgaben der Hj. 1998 und 1999. Die durch die Zusammenlegung der Ämter entstandenen Synergieeffekte konnten noch nicht geprüft werden.

Die Erhebungen wurden vor dem Beginn der aktuellen BSE-Krise durchgeführt. Die grundsätzlichen Aussagen zur Beschaffungsorganisation sind davon jedoch nicht berührt.

3 Einkauf von Geräten, Chemikalien, Glas- und Verbrauchsmaterialien

3.1 Beschaffungsvolumen

Zur Wahrnehmung der Dienstaufgaben benötigen die CVUÄ Analyse- und Probenvorbereitungsgeräte (z. B. Gaschromatographen, Hochdruckflüssigkeitschromatographen, Massenspektrometer, Photometer, Waagen, Fett-Extraktionssysteme). Zur Auswertung der Untersuchungen wird spezielle EDV-Hard- und Software erworben. Außerdem sind Chemikalien, technische Gase, Glaswaren und spezielle Laborbedarfsgegenstände notwendig.

Das Beschaffungsvolumen der vier CVUÄ und des STUA Aulendorf ergibt sich aus Übersicht 1.

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3.2 Bisherige Beschaffungspraxis

3.2.1 Personaleinsatz

Die einzelnen Untersuchungsämter haben sehr unterschiedliche hausinterne Regelungen hinsichtlich der Zuständigkeiten für Beschaffungen getroffen. In der Regel wird unterschieden zwischen dem Einkauf von Chemikalien und Bedarfsgegenständen mit geringerem Wert sowie der Beschaffung von teureren Analysegeräten. Überwiegend ist Fachpersonal mit diesen Aufgaben betraut, teilweise sind auch Verwaltungsbeamte/-angestellte zuständig. Grundsätzlich ermittelt jede Dienststelle ihren Bedarf intern und vergibt die Aufträge selbständig. Zentral beschafft wurden bisher nur Blutröhrchen für Blutuntersuchungen von Rindern, Testkits, Versandkartons und Vordrucke durch das STUA Aulendorf. Derzeit sind bei den CVUÄ und STUA umgerechnet rd. sieben Vollarbeitskräfte für die Beschaffung von Laborbedarfsartikel eingesetzt, deren Personalkosten rd. 533 000 DM jährlich betragen. Vorarbeiten des Laborpersonals (z. B. Anmeldung des Bedarfs bei der beschaffenden Stelle) sind in der Personalkostenberechnung nicht berücksichtigt; sie sind auch bei einer zentralen Beschaffung erforderlich.

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Der vom Ministerium mitgeteilte Personalaufwand für die Beschaffungen von Untersuchungsmaterialien und -geräten je Amt ist in Übersicht 3 dargestellt.

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Der EDV-Bedarf für die allgemeinen Anwendungen wird grundsätzlich vom Entwicklungs- und Betreuungszentrum für Information und Kommunikation des MLR zentral beschafft. Diese Stelle führt Ausschreibungen durch, weist Rechnungen an und inventarisiert die Beschaffungen.

Gegenstände des allgemeinen Geschäftsbedarfs werden von allen Dienststellen entsprechend den geltenden Beschaffungsregelungen über die zentralen Beschaffungsstellen bei den RP bezogen.

3.2.2 Beschaffungsverfahren

Der Erwerb von Geräten bzw. die Bestellung von Chemikalien oder sonstigem Laborbedarf wird durch den Laborleiter entweder manuell mittels spezieller Vordrucke oder per mail beim zuständigen „Beschaffer“ beantragt. Dieser entscheidet, ob die beantragte Maßnahme erforderlich ist, ggf. leitet er die weiteren Schritte selbst ein oder er beauftragt eine weitere Person mit der Durchführung der Beschaffung.

3.2.3 Beschaffung von Analyse- und Probenvorbereitungsgeräten

Die CVUÄ erwarben im Hj. 1998 15 Geräte im Wert von rd. 1,9 Mio. DM. Deren Einzelpreise bewegten sich zwischen 64 600 DM und 256 000 DM. Außerdem wurden 40 Einzelgeräte zwischen 10 000 DM und 60 000 DM für insgesamt rd. 0,9 Mio. DM beschafft.

Im Hj. 1999 wurden 25 Geräte für rd. 3,5 Mio. DM erworben, der Einzelpreis betrug zwischen 63 000 DM und 470 000 DM. Für 81 weitere Geräte mit einem Kaufpreis zwischen 10 000 DM und 60 000 DM wurden insgesamt rd. 2 Mio. DM ausgegeben (s. Übersicht 4).

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Der RH konnte in keinem Fall eine Öffentliche oder Beschränkte Ausschreibung im Sinne der VOL/A feststellen. Es wurden zwar formlose schriftliche oder telefonische Preisanfragen bei Firmen durchgeführt. Diese Handhabung entspricht aber nicht den Vorgaben der VOL/A. Zudem waren die durchgeführten Preiserhebungen oftmals nicht miteinander vergleichbar, weil ihnen kein einheitliches Leistungsverzeichnis zu Grunde lag. Es wurden mit einzelnen Anbietern Nachverhandlungen geführt, ohne diese Möglichkeit auch den Mitbewerbern einzuräumen. Für Geräte bestimmter Firmen wurden keine Preisvergleiche angestellt. Ein produktneutraler Erwerb wurde nicht in Erwägung gezogen. Bei allen Beschaffungen der genannten Gerätekategorie wurde somit permanent gegen die einschlägigen Beschaffungsrichtlinien verstoßen.

3.2.4 Beschaffung von Chemikalien, technischen Gasen, Glaswaren, sonstigen Verbrauchsgegenständen

Die bei allen Ämtern stattfindenden „Bestellaktionen“ sind selbst für laufende Verbrauchsmaterialien äußerst arbeits- und zeitaufwändig.

Die Bestell- und Zahlungsvorgänge sind zahlreich. So gab z. B. ein Amt für Verbrauchsmaterialien rd. 530 000 DM aus. Dieser Betrag setzte sich aus insgesamt 498 Zahlungen an 90 verschiedene Firmen zusammen. Von einer Firma wurden Bedarfsgegenstände für rd. 25 000 DM mit 93 Einzelrechnungen beschafft. Die folgende Übersicht 5 verdeutlicht die Häufigkeit der Bestell- und Zahlungsvorgänge.

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Bei dieser Ausgangslage bietet sich der Abschluss von Rahmenverträgen mit vereinfachten Zahlungsmodalitäten geradezu an.

4 Rechtsgrundlagen für das Beschaffungswesen

Für öffentliche Liefer- und Dienstleistungsaufträge sind Vergabevorschriften der EU, des Bundes und des Landes zu beachten. § 55 LHO legt grundsätzlich fest, dass dem Abschluss von Verträgen über Lieferungen und Leistungen eine öffentliche Ausschreibung vorausgehen muss. Gemäß VwV zu § 55 LHO sind zudem die maßgebenden Verdingungsordnungen - VOB, VOL oder VOF - anzuwenden. Nach der Beschaffungsanordnung des Landes ist bei einem Auftragswert unter 60 000 DM (ohne Mehrwertsteuer) die Beschränkte Ausschreibung und bei einem Auftragswert von unter 10 000 DM (bei Druckaufträgen unter 5 000 DM) die Freihändige Vergabe zulässig. Gegenstände, die regelmäßig benötigt werden, sollen für einen Zeitraum von sechs Monaten besorgt werden.

Das seit 01.01.1999 in Kraft getretene Vergaberechtsänderungsgesetz gilt für öffentliche Auftraggeber bei Aufträgen mit einem Schwellenwert von 200 000 €. Öffentliche Liefer- und Dienstleistungsaufträge, deren geschätzter Auftragswert ohne Umsatzsteuer 200 000 € oder mehr beträgt, sind im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft bekannt zu machen.

5 Bewertung des Ist-Zustands

Die CVUÄ und das STUA vergeben öffentliche Aufträge. Die Beschaffung hat daher im Wettbewerb und im Wege transparenter, das Gleichbehandlungsgebot beachtender Vergabeverfahren zu erfolgen. Die CVUÄ haben die EU-Regelungen und die bundes- sowie landesspezifischen Bestimmungen zum Wettbewerbs-, Haushalts- und Vergaberecht zu beachten. Wie bereits dargestellt, übersteigt das jährliche Auftragsvolumen einzelner Firmen je Untersuchungsamt teilweise deutlich die in der Beschaffungsanordnung für Öffentliche Ausschreibungen in Baden-Württemberg genannte Grenze von 60 000 DM. Die Kaufpreise für Analyse- und Probenvorbereitungsgeräte liegen regelmäßig über dieser Schwelle. Trotzdem führte kein Untersuchungsamt eine Öffentliche Ausschreibung durch. Beschränkte Ausschreibungen im Sinne der VOL/A wurden nur von einem Amt und auch dort nur für bestimmte Materialien praktiziert. Die von den Untersuchungsämtern im Einzelnen vorgetragenen Gründe rechtfertigen diese Handhabung nicht.

Bisher unbeachtet blieben auch die EU-Vorschriften, obwohl der maßgebende Schwellenwert von 200 000 € bei Gerätebeschaffungen in Einzelfällen überschritten war. Bei regelmäßig sich wiederholenden Aufträgen gilt als maßgebender Schwellenwert der Gesamtwert der Aufträge für vergleichbare Lieferungen aus dem vorangegangenen Hj. oder der geschätzte Gesamtwert während der auf die erste Lieferung folgenden 12 Monate. Auch bei der Bildung von Losen gilt, sofern es sich um gleichartige Lieferungen handelt, der geschätzte Gesamtwert aller Lose als maßgebliche Summe für den Schwellenwert.

Die Aufteilung des Gesamtvolumens in zahlreiche kleinere Liefersummen ist auch hinsichtlich der Preisgestaltung unwirtschaftlich, da bei dieser Vorgehensweise die Lieferanten keine ausreichende Basis für kostengünstige Angebote haben.

Ein systematisches Beschaffungsmanagement konnte nicht vorgefunden werden. Firmenkarteien waren zwar - wenn auch in unterschiedlicher Form - vorhanden; mehrjährige Übersichten über die bei den einzelnen Lieferfirmen bezogenen Artikel und deren Auftragsvolumen, Preisvergleichsübersichten und ähnliche für eine effiziente Beschaffung erforderliche Unterlagen waren lediglich in Einzelfällen anzutreffen. Teilweise wurden sie erst auf Nachfrage manuell aus den Haushaltsüberwachungslisten zusammengestellt. Gemeinsame Beschaffungsbesprechungen und Vergleiche der den einzelnen Ämtern gewährten Rabattsätze auf Katalogpreise fanden bisher nicht statt. Ein Chemikalienhändler hat beispielsweise einem Amt einen Rabatt von 20 % auf die von ihm vertriebenen Produkte eingeräumt, einem anderen nur 10 %.

Der Einsatz heute gebräuchlicher Medien für Angebotseinholungen bzw. Ausschreibungen beschränkt sich weitgehend auf Firmenkontakte per Telefax auf der Grundlage der jeweiligen Firmenkataloge. Der Verkehr mit den Lieferfirmen über das Internet ist bisher die Ausnahme.

Auf die jeweiligen Labors bezogene Verbrauchsübersichten (Menge und Kosten) für Verbrauchsmaterialien konnten nur in einem Amt angetroffen werden.

Die festgestellte Verfahrensart steht im Widerspruch zu den geltenden wettbewerbs-, vergabe- und haushaltsrechtlichen Bestimmungen. Jährliche Auftragsvolumen von über 10 Mio. DM, die Komplexität der Beschaffungsvorschriften und die Verpflichtung, die Mittel wirtschaftlich und sparsam einzusetzen, machen nach Auffassung der Finanzkontrolle eine Neukonzeption mit dem Ziel der Optimierung des gesamten Beschaffungswesens im Bereich der Untersuchungsämter erforderlich.

6 Vorschläge zur Verfahrensoptimierung

6.1 Rationalisierung des Einkaufs

Der RH hält bei dem jährlichen Beschaffungsvolumen von über 10 Mio. DM ein professionelles Beschaffungsmanagement für erforderlich. Er schlägt vor, bei einem Untersuchungsamt eine zentrale Beschaffungsstelle mit entsprechend geschultem Personal einzurichten. Dieser Zentralstelle sollte künftig das Beschaffungsmanagement für die CVUÄ und das STUA übertragen werden. Mit der „Auslagerung“ der Beschaffung wird das bislang bei den einzelnen Ämtern überwiegend eingesetzte Fachpersonal (Chemiker, Tierärzte, Laborkräfte) von diesen „Fremdaufgaben“ entbunden. Durch die überregionale Steuerung ergeben sich verbesserte Vergleichsmöglichkeiten und eine unabhängigere, marktorientierte Produktauswahl. Auch kann die außerordentliche Produktvielfalt eingeschränkt werden. Dies schließt nicht aus, dass bei den Analysegeräten wie bisher der Zuverlässigkeit des Kundendienstes ein hoher Stellenwert bei der Angebotsauswertung eingeräumt wird.

Durch die Bündelung der Beschaffungs-Aufgaben ergibt sich hinsichtlich der Beachtung des Vergaberechts ein Spezialisierungseffekt. Ausschreibungen würden zum „Tagesgeschäft“ und damit zur Routine. Die komplexen Vorschriften des Vergaberechts müssen nur von einer Stelle „beherrscht“ und können entsprechend beachtet und umgesetzt werden.

Nach Einschätzung des RH dürfte die Hälfte des bisherigen Beschaffungs-Personals für diese Aufgabe ausreichend sein, das wären landesweit 3,5 Stellen (ohne die erforderlichen Vorarbeiten des Laborpersonals).

6.2 Bedarfsfestlegungen

Auf Grund der einheitlichen Dienstaufgaben und standardisierter Untersuchungsmethoden unterscheidet sich der Bedarf der einzelnen Ämter an Chemikalien, Gasen, Glas- und Verbrauchsmaterialien lediglich im Verhältnis zu den jeweils untersuchten Proben und den zugewiesenen Schwerpunktaufgaben. Der bisher eingekaufte Jahresumfang dieser Materialien sollte über einen repräsentativen Zeitraum erfasst und von einer „Beschaffungskommission“ nach fachlichen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten mit dem Ziel ausgewertet werden, die Produktvielfalt zu reduzieren sowie Referenzmaterialien und verbindliche Kennzahlen festzulegen. Umfang und Produktwahl künftiger Beschaffungen sollten sich daraufhin an diesen landesweit geltenden Vorgaben orientieren. Für die Beschaffung der Verbrauchsmaterialien sollte ein Standardleistungsverzeichnis entwickelt und zur Grundlage künftiger Ausschreibungen gemacht werden.

In gleicher Weise sollte auch der Gerätebestand erfasst und beurteilt werden. Die Bestandserhebung kann an Hand der Inventarisierungsunterlagen erfolgen. Die zukünftige Bedarfsfestlegung sollte sich ebenfalls an den standardisierten Untersuchungsmethoden und der jeweiligen Untersuchungsintensität orientieren.

6.3 Rahmenvereinbarungen

Die Zusammenfassung des landesweiten Bedarfs führt zu wesentlich höheren Auftragssummen. Auch wenn bei Chemikalien, Gasen, Glas- und Verbrauchsmaterialien der konkrete Bedarf nicht über einen längeren Zeitraum exakt festgelegt werden kann, wird vorgeschlagen, die Lieferung des Verbrauchsbedarfs für ein ganzes Jahr auszuschreiben und über den Abschluss von Rahmenverträgen den bedarfsgesteuerten Abruf vom einzelnen Untersuchungsamt zu ermöglichen. Die Rechnungsstellung sollte monatlich vereinbart werden.

6.4 Leasing, Miete

Die fünf Untersuchungsämter investieren jährlich insgesamt über 5 Mio. DM in die Beschaffung neuer Untersuchungsgeräte. Diese Geräte haben eine durchschnittliche Lebensdauer von 10 Jahren. Für eine landesweit gleiche Leistungsfähigkeit im analytischen Bereich sind nach einer internen Studie über 50 verschiedene Gerätetypen erforderlich.

Die Auswertung dieser Aufstellung ergibt, dass jedes Amt Geräte im Gesamtwert von rd. 10,5 Mio. DM (Anschaffungswert) besitzt und der durchschnittliche Anschaffungspreis eines Gerätes bei etwa 75 000 DM liegt. Spezielle Untersuchungsgeräte, die landesweit nur einmal benötigt werden, sowie die zusätzlich beschaffte EDV-Hardware sind dabei nicht berücksichtigt.

Bisher wurden die Geräte ausschließlich erworben. Im Hinblick auf das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sollten jedoch vor dem Erwerb auch Alternativen wie Leasing oder Miete in Betracht gezogen werden. Die erforderlichen Vergleichsberechnungen könnten von einer zentralen Beschaffungsstelle kompetenter geleistet werden.

6.5 E-Commerce

Die elektronische Auftragsvergabe (E-commerce) wird von der privaten Wirtschaft in zunehmenden Maß genutzt. Die öffentliche Verwaltung steht diesen neuen Einkaufsmöglichkeiten noch zurückhaltend gegenüber, obwohl die technischen Voraussetzungen hierfür weitgehend vorhanden sind.

Nach Auffassung des RH liegen die Vorteile der elektronischen Auftragsvergabe vor allem in einer Verfahrensbeschleunigung und sollten genutzt werden. Eine zentrale Beschaffungsstelle muss sich das dafür notwendige Know-how nur einmal aneignen, in die erforderlichen technischen Einrichtungen muss nur einmal investiert werden.

7 Gebühren

7.1 Einnahmen der Untersuchungsämter

Die Einnahmen der CVUÄ resultieren nahezu ausschließlich aus Gebühren. Die Einnahmen der Tierärztlichen Untersuchungsämter bewegen sich von 1990 bis 1997 mit vergleichsweise geringen Schwankungen auf etwa dem gleichen Niveau von rd. 4,5 Mio. DM und liegen deutlich über denen der Chemischen Untersuchungsämter mit durchschnittlich rd. 0,5 Mio. DM. Bei diesen sind die Einnahmen auf etwa die Hälfte zurückgegangen. Nach den LHR ergibt sich folgende Entwicklung (s. Übersicht 6).

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Die Einnahmen decken weniger als 10 % der Ausgaben der CVUÄ. Zur Bewertung der Haushaltsergebnisse der zusammengeführten Ämter in den Jahren 1998 und 1999 wird die Entwicklung der addierten Haushaltsergebnisse der STUÄ und CLUA seit 1990 in Übersicht 7 dargestellt:

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Insgesamt haben sich die Einnahmen beider Ämter seit 1990 um rd. 1 Mio. DM (20 %) reduziert. Die Ursache dieses relativ starken Rückgangs hängt nach Darstellung des Ministeriums mit dem Wegfall von kostenpflichtigen Untersuchungen, dem wesentlichen Rückgang kostenpflichtiger Zollproben sowie einer Verschiebung von privaten Untersuchungen im tierärztlichen Bereich hin zu gebührenfreien amtlichen Untersuchungen zusammen.

Im gleichen Zeitraum ist bei beiden Ämtern eine Ausgabensteigerung von rd. 25 % festzustellen.

7.2 Derzeitige Praxis der Gebührenerhebung

Die Verfahren der Gebührenerhebungen im tierärztlichen Bereich und im Bereich der chemischen Lebensmitteluntersuchung unterscheiden sich grundlegend.

7.2.1 Gebühren im tierärztlichen Untersuchungsbereich

Im tierärztlichen Bereich werden etwa die Hälfte der zahlreichen Untersuchungen im Interesse Dritter durchgeführt. Hierbei handelt es sich um pathologische bzw. histologische Untersuchungen von Tieren aller Art (Feststellung der Todesursache) und parasitologische Einzeluntersuchungen (z. B. Kotproben). Die als „Gebührenbescheid (Rechnung)“ oder „Gebührenrechnung“ bezeichneten Kostenaufstellungen gehen Privatpersonen oder Tierärzten unmittelbar zu. Die andere Hälfte der Untersuchungen erfolgt auf Grund von gebührenfreien amtlichen Untersuchungen im Rahmen von Bekämpfungsprogrammen wie z. B. Tollwut, Schweinepest und - kostenpflichtig - auf Veranlassung der verschiedenen Tiergesundheitsdienste der Tierseuchenkasse. Die Gebühren für diese Untersuchungen werden nach monatlichen Abschlagszahlungen quartalsweise mit der Tierseuchenkasse abgerechnet.

7.2.2 Gebühren im chemischen Untersuchungsbereich

Im chemischen Bereich sind Untersuchungen im Interesse Einzelner selten. Gebührenbescheide werden hauptsächlich für Exportbescheinigungen und das Ausstellen von Begleitdokumenten erlassen. Darüber hinaus erzielen die Chemischen Untersuchungsämter kaum Einnahmen. Auf Grund der ihnen obliegenden Dienstaufgaben führen sie im öffentlichen Interesse liegende Untersuchungen durch, für die keine Gebühren erhoben werden können. Das MLR hat den Wert dieser Untersuchungsleistungen im Haushaltsplan 1999 auf rd. 7 Mio. DM jährlich geschätzt. Das Gebührenverzeichnis für chemische Probenuntersuchungen umfasst über 200 Einzelposten; es handelt sich überwiegend um Rahmensätze.

Endet die Untersuchung von Plan- und Verdachtsproben mit einem positiven Ergebnis, wird eine sog. Gebührenmitteilung gefertigt, die dem WKD übersandt wird. Die Gebührenmitteilung enthält die gemäß Gebührenverzeichnis festgelegten Gebührensätze für die vom CVUA vorgenommenen Untersuchungen. Der WKD ermittelt den Gesamtbetrag der Gebühren und leitet den Vordruck zusammen mit evtl. weiteren Ermittlungsergebnissen an die untere Lebensmittelüberwachungsbehörde weiter.

Die untere Lebensmittelüberwachungsbehörde stellt einen Bußgeldbescheid aus, der auch die Untersuchungsgebühren umfasst. Bußgeld und Gebühren vereinnahmt die Kreiskasse; eine Erstattung der dem Land entstandenen Kosten findet nicht statt. Diese Verfahrensweise beruht auf § 11 Abs. 3 des Gesetzes über den kommunalen Finanzausgleich (FAG).

Bei strafbaren Handlungen setzt das zuständige Gericht die Kosten fest. Dabei werden die Untersuchungskosten berücksichtigt und von der LOK zusammen mit den Gerichtskosten erhoben. Vereinzelt werden den Ämtern Entschädigungen nach dem Gesetz über die Entschädigung der Zeugen und Sachverständigen (ZSEG) erstattet.

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7.3 Vorschläge zur Verfahrensoptimierung

7.3.1 Gebühren im tierärztlichen Bereich

Im Hj. 1998 betrugen die Einnahmen eines beispielhaft ausgewählten Amtes rd. 344 500 DM. Dieser Betrag setzt sich aus 2 469 Einzelvorgängen zusammen. Wie in Übersicht 8 dargestellt, liegt die Gebühr bei knapp 1 800 Rechnungen unter 50 DM, was einem Anteil von 75 % entspricht. 35 % der Rechnungen liegen sogar unter 20 DM. Diese Gebühren decken kaum die Kosten für die Erstellung des Gebührenbescheids und die Zahlungsabwicklung, geschweige denn die Kosten der Untersuchung.

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Jede Gebührenrechnung bedeutet einen nicht unerheblichen Verwaltungsaufwand für Erstellen, Versenden, Buchen und Überwachen. Gebühren unter 50 DM können den gesamten Untersuchungs- und Verwaltungsaufwand somit kaum abdecken. Allein der Aufwand für das Erstellen der Gebührenrechnung und das Verbuchen des Geldbetrags liegt nach Einschätzung des RH bereits bei weit über 20 DM und übersteigt damit die durchschnittliche Gebühr von 35 % aller Rechnungen.

Die Ämter haben den hohen Anteil der Untersuchungen für Dritte mit einer besseren Auslastung der technischen und personellen Kapazität sowie mit einem besseren Überblick über die allgemeine Tiergesundheit begründet. Auch wenn damit ein gewisses öffentliches Interesse begründet wird, sollten nach Auffassung des RH diese Dienstleistungen kostendeckend durchgeführt werden. Eine grundsätzliche Neukalkulation der Gebühren nach dem Kostendeckungsprinzip wird für zwingend erachtet. Daher sollte die bisherige Mindestgebühr von 25 DM, die in der Vergangenheit vielfach nicht beachtet wurde, nochmals deutlich angehoben werden.

7.3.2 Gebühren im Bereich der chemischen Lebensmitteluntersuchung

Nach Auffassung des RH sollte in diesem Bereich eine Gebührenvereinfachung angestrebt werden. Beispielsweise könnten folgende Kostengruppen gebildet werden:

  • sensorische Prüfungen mit einfacher Probenaufarbeitung,
  • analytische Untersuchungen mit spezieller Probenaufarbeitung,
  • aufwendigen analytische Untersuchungen mit entsprechender Probenaufarbeitung,
  • Spezielle Untersuchungs- und Bestimmungsverfahren.

Für die beiden letztgenannten Untersuchungsverfahren ist eine weitere Untergliederung zweckmäßig, während für die ersten Kostengruppen eine pauschale Gebührenfestsetzung denkbar wäre.

Auch die Gebühren im chemischen Untersuchungsbereich bedürfen nach Ansicht des RH einer Neukalkulation auf der Basis des nach dem Landesgebührengesetz erforderlichen Kostendeckungsprinzips.

Zur Vereinfachung des Verfahrensablaufs wird vorgeschlagen, dass die CVUÄ die Untersuchungsergebnisse und die Aufstellungen über die Kosten der Untersuchungen direkt der unteren Lebensmittelüberwachungsbehörde mitteilen und dem WKD davon nachrichtlich Kenntnis geben.

8 Stellungnahme der Verwaltung

Das Ministerium lehnt die vom RH vorgeschlagene zentrale Beschaffungsstelle ab. Sie böte zwar die Möglichkeit, das Know-how hinsichtlich des Verfahrens zu verbessern, könne aber auf keinen Fall das häufig erforderliche Fachwissen für spezielle Anwendungen in den einzelnen Untersuchungseinrichtungen ersetzen. Das Zusammenführen der Beschaffungen von fünf CVUÄ erfordere einen Aufwand und eine personelle Besetzung, die mögliche Rationalisierungseffekte aufheben würden.

Die sehr begrenzte Anbieterzahl bei Geräten und das in vielen Fällen sehr kleine Angebot qualitativ vergleichbarer Produkte bei Verbrauchsmaterialien und Chemikalien lassen es nach Ansicht des Ministeriums gerechtfertigt erscheinen, auch künftig von beschränkten/öffentlichen oder gar EU-weiten Ausschreibungen abzusehen. Der vom RH vorgeschlagene produktneutrale Erwerb von Geräten sei wegen der unbedingt notwendigen Kompatibilität mit den vorhandenen Systemen nicht möglich. Dies gelte vor allem für die analytische Software.

Eine weitere Optimierung des Beschaffungswesens in Form eines professionellen Beschaffungsmanagements hält das Ministerium allerdings für sinnvoll. Es hält die Bildung einer Arbeitsgruppe bei den CVUÄ für denkbar, die - in enger Abstimmung mit dem beschaffenden Amt - Beschaffungen wirtschaftlich, rechtssicher und termingerecht abzuwickeln in der Lage ist.

Bei den Gebühren sei vorgesehen, die Gebührenordnungen der seitherigen STUÄ und CVUA zusammenzufassen und die Gebühren nach dem Kostendeckungsprinzip neu zu kalkulieren. Die Gebühren im tierärztlichen Bereich seien bereits zum 01.02.1999 neu berechnet und dabei z. T. drastisch erhöht worden. Die vom RH vorgeschlagene Mindestgebühr von 50 DM in diesem Bereich wäre allerdings unverhältnismäßig, weil bei Heimtieren der Tierwert in vielen Fällen weit unter 50 DM läge.

9 Schlussbemerkung

Nach Auffassung des RH rechtfertigt es weder die begrenzte Zahl von Anbietern von Untersuchungs- und Analysegeräten noch die jeweils erforderliche spezielle Konfiguration von Geräten, vom gesetzlich geforderten Beschaffungsverfahren abzuweichen, wie dies in der Vergangenheit nahezu ausnahmslos der Fall war. Dieses seit langem praktizierte System sollte im Interesse eines transparenten Verfahrens und der gebotenen Wirtschaftlichkeit endlich durchbrochen werden. Der vom Ministerium angeführte Ausschreibungsverzicht wegen der unbedingt erforderlichen Kompatibilität von neuen Geräten mit vorhandenen Systemen fixiert längerfristig auf einen Hersteller; es verhindert den Wechsel zu innovativen Produkten anderer Lieferanten.

Eine zentrale Beschaffungsstelle mit entsprechend qualifiziertem Personal vermag effizienter, wirtschaftlicher und rechtssicherer zu arbeiten als die dezentralen Beschaffungsstellen; der RH bleibt deshalb bei seinem Vorschlag.

Hinsichtlich der Neugestaltung der Gebühren hält der RH an seinen Vorschlägen fest. Auch die 1999 neu erlassene Gebührenordnung für tierärztliche Untersuchungen bleibt teilweise hinter kostendeckenden Ansätzen zurück.