Privatisierung von Aufgaben im Bereich der Umweltmessungen, Auswirkungen und Konsequenzen [Beitrag Nr. 13]

Die Privatisierung von Aufgaben im Bereich der Umweltmessungen muss als Beispiel eines missglückten Outsourcings gewertet werden. Der Rechnungshof hat Kriterien entwickelt, die künftig vor vergleichbaren Entscheidungen geprüft werden sollten.

1 Vorbemerkung

Der RH hat analysiert, wie es zur Gründung der UMEG Gesellschaft für Umweltmessungen und Umwelterhebungen mbH (UMEG) kam, wie sie sich entwickelt hat und welche finanziellen Auswirkungen dieses Outsourcing insgesamt für das Land hatte. Er formuliert auf dieser Basis Kriterien, die vor künftigen vergleichbaren Entscheidungen geprüft werden sollten.

Die Aufgaben der früheren UMEG nimmt seit Anfang 2001 eine neu errichtete Anstalt des öffentlichen Rechts wahr, weil sich die Aufgabenerledigung durch die UMEG für das Land insgesamt als unwirtschaftlich erwiesen hat.

2 Gründung der Gesellschaft

Im Jahr 1990 wurde die UMEG gegründet. Unternehmensgegenstand war die Messung, Erhebung, Speicherung, Verarbeitung, Auswertung und Sicherung von Umweltdaten aller Art, ferner die Ausarbeitung und Prüfung von Qualitätsstandards und Messverfahren in diesem Bereich.

Die Gründung der UMEG ging zurück auf die Untersuchung eines Unternehmensberaters im Auftrag des Landes. Ziel dieser Untersuchung war, zur Schaffung der organisatorischen Voraussetzungen für eine optimale Unterstützung der Landesregierung in Umweltfragen den Auftrag und die Rolle der - rechtlich unselbständigen - Landesanstalt für Umweltschutz (LfU) zu überprüfen bzw. neu zu definieren. Eine Empfehlung des Unternehmensberaters lautete, die LfU solle sich von Routine-Aufgaben trennen, die in gleicher Weise andere Stellen - primär private Einrichtungen - ausführen könnten. Hierzu zählte auch die Erhebung und Lieferung von Umweltqualitätsdaten. Da nach Auffassung des damaligen Umweltministeriums (UM) insbesondere der Betrieb und die Wartung des landesweiten Luftmessnetzes ohne Übergangsprobleme und -risiken von vorhandenen privaten Unternehmen allein nicht geleistet werden konnte, sah und verfolgte das UM von Anfang an das Ziel, ein Unternehmen in der Rechtsform der GmbH mit mehrheitlicher Landesbeteiligung zu gründen, das die auszugliedernden Aufgaben übernehmen sollte.

Der Ministerrat beauftragte das UM entsprechend dessen Kabinettsvorlage im April 1988, zusammen mit privaten Partnern die Voraussetzungen für die Gründung der UMEG zu schaffen. Die Wirtschaftlichkeit dieser Lösung sollte noch dargestellt werden. Auf dieser Basis folgte im April 1989 eine weitere Kabinettsvorlage des UM. Darin war unter anderem ein Wirtschaftlichkeitsvergleich enthalten, der zu dem Ergebnis kam, die UMEG - Lösung sei für das Land per Saldo um jährlich rd. 700 000 DM günstiger als die weitere Wahrnehmung der Aufgaben durch die LfU. Dieser Wirtschaftlichkeitsvergleich war erkennbar von dem Bemühen getragen, die gewollte Lösung zu begründen, und litt vor allem unter folgenden Mängeln:

  • Die vom Land an die UMEG zu zahlende Umsatzsteuer wurde mit der Begründung nicht als Kostenfaktor angesetzt, dass sie - nach Abzug der Vorsteuer - der öffentlichen Hand zugute käme. Dass unter Berücksichtigung der gesetzlichen Verteilungsmechanismen nach damals vorliegenden Berechnungen des FM das Land tatsächlich davon nur knapp 5 % behalten würde, war zwar bekannt; Folgerungen hieraus wurden aber nicht gezogen.
  • Bei der LfU - Lösung im Falle des Vollausbaus des Messnetzes entstehende Personalmehrkosten in Höhe von rd. 3 Mio. DM sollten bei der UMEG - Lösung durch Leistungen Dritter in Höhe von nur 1 Mio. DM ausgeglichen werden können (und das, obwohl bekannt war, dass das Personalkostenniveau dieser Dritten deutlich über dem des Landes für vergleichbare Angestellte lag).
  • Zwangsläufig im Falle der UMEG - Lösung zusätzlich entstehende Kosten von erheblichem Gewicht wurden ignoriert (Körperschaft- und Gewerbesteuer, Jahresabschluss- und Prüfungskosten).

Diese gravierenden Mängel belegen, dass der Wirtschaftlichkeitsvergleich nicht einmal handwerklichen Mindestanforderungen genügte. Besonders fällt dabei das Ignorieren der Umsatzsteuerbelastung ins Gewicht. Im Vorfeld der Kabinettsentscheidung hatten der RH und auch das FM deutlich hierauf und auf die Unwirtschaftlichkeit der UMEG - Lösung insgesamt hingewiesen. Die Argumentation des UM hiergegen war in hohem Maße von Faktoren bestimmt, die zum Thema Wirtschaftlichkeit jedenfalls keine griffigen und klar quantifizierbaren Aussagen enthielten. Als Vorteile der Gesellschaftsgründung wurden genannt:

  • Die Entlastung der LfU von Routineaufgaben.
  • Die Höherqualifizierung der LfU zu einer Beratungseinrichtung für die Umweltpolitik der Landesregierung.
  • Das Auftreten der Gesellschaft mit ihrer hochentwickelten Messtechnik als potenter Anbieter von Messleistungen auch außerhalb der Landesgrenzen.
  • Der Einsatz des von der LfU entwickelten technischen Fach- und Anwendungswissens in einem sich entwickelnden Markt unter privatwirtschaftlichen Voraussetzungen.
  • Bessere Marktchancen durch Einbeziehung aller privatwirtschaftlichen Partner.
  • Rationalisierungspotentiale und Synergieeffekte durch die Bündelung der bei der LfU und den privaten Mitgesellschaftern vorhandenen technischen und betriebswirtschaftlichen Fachkompetenzen, insbesondere durch
  • die enge Kooperation mit der LfU,
  • die enge Kooperation mit den privaten Partnern,
  • die Nutzung der privatwirtschaftlichen Strukturen ohne einen weiteren Ausbau öffentlicher Einrichtungen,
  • den bei der Privatwirtschaft auf Grund der Marktorientierung gegebenen Zwang zur Innovation und Rationalisierung, verbunden mit dem Zwang zur Verbesserung des Transfers von wissenschaftlichen Erkenntnissen in die Messpraxis,
  • Verschlankung der LfU statt weiterer Aufblähung.

All diese Punkte waren nicht geeignet, die Mängel des Wirtschaftlichkeitsvergleichs zu heilen oder die zwangsläufig entstehenden Mehrkosten zu kompensieren.

Klar war bei der Entscheidung zur Gründung der UMEG im Übrigen, dass das Land Hauptauftraggeber sein würde und die Leistungen, die das Land bei der UMEG bestellen würde, nicht öffentlich ausgeschrieben werden sollten. Damit stand fest, dass die neue Gesellschaft ein faktisches Monopol gegenüber dem Land haben, also insoweit nicht im Wettbewerb stehen würde.

Der Ministerrat beauftragte im Mai 1989 das FM, im Benehmen mit dem UM die für die Gesellschaftsgründung erforderlichen Verträge unter Beteiligung privater Partner abzuschließen.

Die UMEG wurde mit einem Stammkapital von 2,5 Mio. DM gegründet. Anteilseigner waren das Land mit 52 % sowie drei private Gesellschafter. Das Land war im Aufsichtsrat angemessen vertreten. Aufsichtsratsvorsitzender war zeitweise der Amtschef des UM bzw. des späteren UVM, das zugleich wichtigster Vertragspartner und Auftraggeber der UMEG war.

Obwohl im Vorfeld der Gesellschaftsgründung angedacht, enthält der Vertrag keine Wettbewerbsklauseln. Dies ist vor dem Hintergrund, dass die privaten Gesellschafter vergleichbare Geschäftsfelder belegten, kaum nachvollziehbar. Die ebenfalls im Vorfeld der Gesellschaftsgründung vom FM angestrebte Regelung, wonach die Stellung des Landes als Mehrheitsgesellschafter auf fünf Jahre beschränkt werden sollte, wurde nicht umgesetzt. Alle Gesellschafter konnten die UMEG erstmals zum 31.12.1999 kündigen.

3 Geschäftsbeziehungen zwischen Land und UMEG; Entwicklung der Gesellschaft

3.1 Die UMEG übernahm zu Beginn ihrer Tätigkeit größtenteils das bis dahin bei der LfU im Bereich der Luftmessungen tätige Personal. Damit sollte das Übergangsrisiko, das im Rahmen der Privatisierung von bisher staatlichen Messaufgaben gesehen wurde, vermieden werden. Auch die privaten Gesellschafter sahen ohne das sachkundige Personal der LfU keine Möglichkeit, den Betrieb des Luftmessnetzes im Lande kurzfristig zu gewährleisten.

Dem von der LfU zu übernehmenden Personal wurden frühzeitig materielle Anreize in Aussicht gestellt, um möglichst viele Mitarbeiter zum Übertritt zur neuen Gesellschaft zu motivieren. Die LfU-Mitarbeiter, die zur UMEG wechselten, wurden in der Regel - teilweise langfristig - beurlaubt, erhielten Besitzstandswahrung und in vielen Fällen materielle Verbesserungen.

Für das UM war die Aufgaben- und Ressourcenübertragung auch deshalb vorteilhaft, weil dadurch der Stellenhaushalt der LfU und damit des UM entlastet wurde und weil die Chance gesehen wurde, für die zunehmenden Aufgaben in dem Bereich der Umweltmessungen außerhalb des Landeshaushalts Personal einsetzen zu können.

Infolge des Auf- und Ausbaus des Luftmessnetzes und der Ausweitung der Geschäftstätigkeit für das Land wurde weiteres Personal zu diesen verbesserten Konditionen eingestellt, obwohl in der Kabinettsvorlage noch dargestellt worden war, dass die Gesellschaft über das bei der LfU vorhandene Personal hinaus kein weiteres Personal einstellen werde. Der Aufsichtsrat begleitete diese Entwicklung zwar durchaus kritisch, verhinderte sie jedoch nicht.

Der Personalbestand entwickelte sich wie in Übersicht 1 dargestellt.

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3.2 Zwischen dem Land und der UMEG wurde ein Geschäftsbesorgungsvertrag (GBV) abgeschlossen. Danach war die UMEG zum Betrieb des landesweiten stationären Luftmessnetzes, zur Durchführung mobiler Luftmessungen, zum Betrieb des zugehörigen chemischen Labors und zur Führung des Emissionskatasters verpflichtet. Das Land hatte hierfür eine jeweils jährlich auf der Basis bestimmter Kriterien festzusetzende Vergütung, die nach der Verordnung über die Preise bei öffentlichen Aufträgen ermittelt wurde, zu zahlen.

Weiter war vorgesehen, dass die UMEG gegenüber dem Land Beratungs- und Sonderleistungen gegen Zahlung von Einzelvergütungen auf der Basis von im GBV vereinbarten Verrechnungssätzen erbringt.

Das Land übertrug der UMEG im GBV größtenteils solche Aufgaben, zu denen es gesetzlich (z. B. Bundes-Immissionsschutzgesetz), durch Verordnungen (z. B. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes) oder durch Kabinettsbeschlüsse verpflichtet war. Auf eine Kabinettsvorlage im Jahr 1990 hin forderte der Ministerrat das UM auf, die Möglichkeiten zur Übertragung weiterer Aufgaben auf die UMEG kurzfristig auszuschöpfen. In der Folgezeit wurde der im Anhang zum GBV enthaltene Katalog der Einzelaufgaben ständig erweitert. Im Jahr 1995 wurden die Aufgaben wesentlich - um die Einrichtung und den Betrieb des Niederschlagmessnetzes - ausgeweitet.

Das gewollte und von Beginn an bestehende faktische Monopol der UMEG gegenüber dem Land führte zu einer Abhängigkeit der Gesellschaft vom Land und umgekehrt. Das Land konnte die benötigten Leistungen nicht ausschreiben, weil

  • ein geeigneter Anbietermarkt fehlte (und wegen der Monopolstellung auch kaum entstehen konnte),
  • das Land „seiner“ Gesellschaft (mit überwiegend abgesichertem Personal) Arbeit und Einkommen sichern musste,
  • die Gesellschaft - wie sich erweisen sollte - nicht in der Lage war, ihr Überleben auch nur ansatzweise durch Akquisition von Aufträgen Dritter zu sichern; sie hatte zur Akquisition auf Grund ihrer gesicherten Position gegenüber dem Land auch nur begrenzt Anlass.

Folgerichtig war die Vergütungsregelung zwischen Land und UMEG im Kern als Aufwendungsersatz ausgestaltet. Sie orientierte sich nicht an den einzelnen Leistungen, sondern an den Kosten aller im GBV definierten Leistungen der UMEG insgesamt (zuzüglich kalkulatorischer Zinsen und Gewinn, wobei allein der Gewinnzuschlag den Aufwendungsersatz mit jährlich rd. 0,8 bis 1 Mio. DM beeinflusste).

Der Mehrheitsgesellschafter Land finanzierte die UMEG also zum größten Teil als Auftraggeber der Geschäftsbesorgung, ohne dass er die Möglichkeit gehabt hätte, die Kosten durch Ausschreibungen unter Ausnutzung des Wettbewerbs zu minimieren. In einem solchen Falle sind für den Auftraggeber Instrumente wichtig, die eine wirksame Kostenkontrolle gewährleisten. Die UMEG hatte zwar frühzeitig eine Kostenstellenrechnung eingerichtet, aber die für eine wirksame Kostenkontrolle weit wichtigere Kostenträgerrechnung bis zum Schluss nicht eingeführt, obwohl der Abschlussprüfer dies angemahnt hatte. Weder das Land als Auftraggeber noch die Landesvertreter im Aufsichtsrat wirkten mit hinreichender Effizienz auf eine verbesserte Kostentransparenz hin.

Eine so alimentierte Gesellschaft mit Gewinngarantie, die keinen unmittelbaren marktwirtschaftlichen Zwängen unterliegt, hat wenig Anlass, wirtschaftlich zu handeln, zumal sich im Ergebnis allein durch Kostensteigerung ein höherer Gewinn erzielen lässt. Bemerkenswert ist im Übrigen, dass die UMEG zudem von Schadenersatzansprüchen aus dem GBV befreit war. Damit war zumindest aus diesen Leistungen kein unternehmerisches Risiko von der UMEG zu tragen.

Die Umsätze und Jahresüberschüsse entwickelten sich wie in Übersicht 2 dargestellt (Beträge in TDM).

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Die UMEG war sehr stark vom GBV und den Sonderaufträgen des Landes abhängig. Drittaufträge machten nur durchschnittlich 8 % des Umsatzvolumens aus und blieben so weit unter den Erwartungen. Eine Ursache dafür war, dass die von der UMEG angebotenen Leistungen in anderen Bundesländern überwiegend von dortigen Landeseinrichtungen erbracht wurden; anfängliche Erfolge bei der Akquisition solcher Aufträge konnten nicht stabilisiert oder gar ausgebaut werden.

Die hohen Jahresüberschüsse ermöglichten nicht nur hohe Gewinnausschüttungen (im Jahr 1992 8 %, ab dem Jahr 1993 12 % der Stammeinlagen), vielmehr erhöhten die nicht ausgeschütteten Gewinne die Unternehmenssubstanz und damit den Wert der Geschäftsanteile. Die jährliche Rendite bewegte sich dadurch in den Geschäftsjahren 1991 bis 1998 in der Größenordnung von 30 bis nahezu 50 %. Die UMEG entwickelte sich aus der Sicht der Gesellschafter somit sehr erfreulich. Diese erfreuliche Entwicklung ging im Ergebnis allerdings weitgehend zu Lasten des Hauptauftraggebers (und Mitgesellschafters) Land.

Der GBV wurde ursprünglich für die Dauer von fünf Jahren abgeschlossen; im Vertrag war aber bereits eine Absichtserklärung enthalten, die Zusammenarbeit mindestens auf eine Zeitdauer von 10 Jahren zu erstrecken. Den privaten Gesellschaftern war - nach Rücksprache der beteiligten Ministerien - in einem Zusatzprotokoll zugesichert worden, dass die Verlängerung der Verpflichtungsermächtigung im StHpl. auf 10 Jahre bei der nächsten Haushaltsaufstellung beantragt würde. Demzufolge wurde der GBV bereits im Jahr 1991 auf eine Laufzeit von 10 Jahren (bis 31.12.1999) verlängert. Die Laufzeit des GBV und die frühestmögliche Kündigung der UMEG lt. Gesellschaftsvertrag waren damit identisch. Durch diese frühe Festlegung wurde die Chance vergeben, das Konzept nach einer angemessenen - kürzeren - Frist auf den Prüfstand zu stellen.

3.3 Das Land überließ der UMEG bereits vorhandene Einrichtungen (Luftmessnetz, mobile Messeinrichtungen, die Messnetzzentrale einschließlich der zugehörigen EDV-Anlagen [Hard- und Software] und das Labor einschließlich der Ausrüstung) von Beginn an unentgeltlich zur Nutzung.

Diese unentgeltliche Überlassung war nicht nur wegen der Erforderlichkeit des „dringenden Landesinteresses“ im Falle der unentgeltlichen Überlassung (§ 63 Abs. 4 LHO) problematisch; das Land trug so überdies verhältnismäßig mehr zur UMEG bei als die privaten Partner, denen nichts Vergleichbares abverlangt wurde.

4 Erhöhter Aufwand des Landes

Die für die Leistungen aus dem GBV an die UMEG zu zahlenden Beträge waren im StHpl. veranschlagt. Naturgemäß ergaben sich Abweichungen zwischen den pauschalen Planansätzen und den der UMEG tatsächlich zustehenden Beträgen. Die Haushaltsansätze wurden regelmäßig unterschritten, was in dem Bericht des UVM zur Tätigkeit der UMEG an die Landesregierung im Jahr 1998 als Erfolg dargestellt wurde; dass bei dieser Sachlage die Haushaltsansätze von Anfang an überhöht waren, liegt nahe.

Aus einem anderen Haushaltsansatz wurden Beratungs- und Sonderleistungen bezahlt, die das Land außerhalb des GBV bei der UMEG in Auftrag gab.

Alle Leistungen der UMEG für das Land unterlagen der Umsatzsteuer. Hieraus ergaben sich erhebliche Mehrbelastungen für das Land, die allein auf das Outsourcing der Aufgaben zurückzuführen waren.

In den Jahren bis 1999 waren insgesamt rd. 34 Mio. DM Umsatzsteuer zu zahlen. Hätte das Land die Leistungen selbst erbracht, hätte keine Umsatzsteuerpflicht bestanden. Gleichzeitig wäre allerdings der bei der UMEG mögliche Vorsteuerabzug entfallen. Nach einer überschlägigen Berechnung konnte die UMEG in den Jahren bis 1999 Vorsteuerbeträge von rd. 20 Mio. DM geltend machen, sodass die umsatzsteuerbedingte Netto-Zusatzbelastung des Landes infolge der Privatisierung bis dahin rd. 14 Mio. DM betrug. Der hiervon nach Abwicklung der gesetzlichen Verteilungs- und Ausgleichsmechanismen wiederum dem Land zugeflossene Betrag liegt auf der Basis des hierzu vom FM genannten Prozentsatzes unter 1 Mio. DM, sodass auch unter Berücksichtigung des Steuer - Rückflusses zum Land ein Minus von über 13 Mio. DM verbleibt.

Weitere privatisierungsbedingte Kosten entstanden - wie oben dargestellt - durch die Übernahme des Personals zu verbesserten Konditionen, durch die Geschäftsführung der UMEG sowie für Versicherungen. Hinzu kamen rechtsformbedingte Kosten (Prüfung der Jahresabschlüsse, Bezüge für das Überwachungsorgan). Wegen der per GBV vereinbarten Vergütungsregelung trug auch diese Mehrkosten in Millionenhöhe zum größten Teil das Land.

5 Beendigung der Gesellschaft

Bei einer Prüfung der Vertragsverhältnisse zwischen der LfU und der UMEG im Jahr 1997 kritisierte der RH insbesondere die Mehrkosten, die sich durch die UMEG - Lösung ergeben hatten, sowie die Interessengegensätze der Gesellschafter und die Monopolstellung gegenüber dem Land. Das FM nahm die Feststellungen des RH zum Anlass, die gewählte Konstruktion zu hinterfragen. Im Ergebnis die Feststellungen dieses Prüfungsverfahrens, aber auch die schon 1989 klar und deutlich geäußerten Bedenken des RH bestätigend, wurden Möglichkeiten der preisgünstigeren Erledigung der Aufgaben gesucht. Zeitgleich wurden die Aufgaben der UMEG reduziert.

Die zunächst für das Land scheinbar nahe liegende Lösung, die Gesellschafterposition bei der UMEG aufzugeben, hätte das Problem nicht gelöst. In diesem Fall hätten sich die privaten Gesellschafter den Gesellschaftsanteil des Landes sichern können, mit der Folge, dass das prosperierende Unternehmen - dann ohne Landesbeteiligung - weiter bestanden hätte. Dem Land wäre es aber faktisch nicht möglich gewesen, den GBV zu kündigen.

Nach intensiven Gesprächen zwischen UVM und FM kam man mit den privaten Gesellschaftern überein, deren Anteile zum Ende des Jahres 1999 käuflich zu erwerben und die Aufgaben der UMEG wieder einer Institution des Landes zu übertragen. Auf der Grundlage einer Kabinettsvorlage des FM beschloss der Ministerrat im April 1999, den GBV fristgerecht zu kündigen.

Die Verhandlungen über den Erwerb der Anteile gestalteten sich schwierig, weil die Privaten objektiv keinen erkennbaren Anlass haben konnten, ihre Gesellschafterposition in einem ertragsstarken und zukunftssicheren Unternehmen aufzugeben. Letztlich musste für die Anteile der Privaten ein Preis gezahlt werden, der deutlich über dem von einem Gutachter ermittelten lag. Dies musste bei der gegebenen Sach- und Rechtslage auch nach Auffassung des RH in Kauf genommen werden, um die für das Land dauerhaft unwirtschaftliche Lage überhaupt beenden zu können.

Andere - privaten Gesellschaftern möglicherweise offene - Wege der Beendigung einer Gesellschaft - etwa ein Aushungern der UMEG durch weitere Reduzierung des Auftrags- und Geschäftsvolumens durch das Land - verboten sich aus rechtlichen und aus tatsächlichen Gründen.

Die Aufgaben der bisherigen UMEG soll künftig eine neu gegründete Anstalt des öffentlichen Rechts erledigen. Damit soll vor allem die Umsatzsteuerpflicht als der Faktor, der am meisten zur Unwirtschaftlichkeit der UMEG - Lösung beigetragen hat, beseitigt werden. Die durch das missglückte Outsourcing erzeugten Probleme sind nach Auffassung des FM nur so zu lösen. Insbesondere tarif- und beamtenrechtliche Überleitungsprobleme für das zuletzt 128 Mitarbeiter starke Personal würden eine Wiedereingliederung unmittelbar in die Behördenorganisation des Landes, etwa eine Reintegration in die LfU, verbieten. Das Personalkostenniveau liegt lt. UVM zwischenzeitlich 15 % über dem des Landes für vergleichbare Beschäftigte im öffentlichen Dienst.

6 Folgerungen und Konsequenzen

Die Privatisierung von Aufgaben im Bereich der Umweltmessungen muss als Beispiel eines missglückten Outsourcings gewertet werden. Dem Land sind dadurch über Jahre hinweg zusätzliche Kosten in Millionenhöhe entstanden. Weitere erhebliche Kosten, die bei Verzicht auf die Privatisierung nicht entstanden wären, mussten aufgewendet werden, um die UMEG beenden zu können. Das Land wird auch künftig mit Kosten belastet sein, die ihre Ursache in dieser Privatisierung haben, insbesondere durch das im Vergleich zum Land höhere Personalkostenniveau in der neu errichteten Anstalt.

Um Vergleichbares für die Zukunft auszuschließen, empfiehlt der RH, im Vorfeld der Aufgabenübertragung auf privatrechtlich organisierte Unternehmen künftig Folgendes zu beachten:

1. Bei Entscheidungen, seither von der Verwaltung ausgeführte Daueraufgaben auf privatrechtlich organisierte Unternehmen zu übertragen, ist klar - mit realistischen Zahlen und Fakten hinterlegt - darzustellen, was gewollt ist. Wenn dadurch Leistungsverbesserungen und/oder Kostenreduzierungen erwartet werden, ist kritisch zu prüfen, was diesbezüglich in der Vergangenheit getan bzw. unterlassen wurde und ob diese Ziele nicht in der bestehenden Behördenorganisation gleichermaßen oder besser zu erreichen sind. Künftig zu erwartende Risiken sind angemessen zu berücksichtigen. Im Einzelnen ist darzustellen, in welcher Höhe Einsparungen in welchem Zeitraum konkret erzielt werden sollen.

Die Übertragung von Aufgaben auf ein privatrechtlich organisiertes Unternehmen bedarf jedenfalls dann einer besonders tragfähigen Begründung, wenn sich das Land an dem Unternehmen selbst beteiligt und

  • das Unternehmen finanziell in vollem oder überwiegendem Umfang vom Land abhängig wird, weil zum Beispiel das Unternehmen keine realen Chancen hat, in nennenswertem Umfang Aufträge zu akquirieren, die nicht vom Land finanziert werden und das Land somit auf Dauer deren wichtigster Kunde ist,
  • das Land in vollem oder überwiegenden Umfang auf Leistungen des Unternehmens angewiesen ist,
  • das Unternehmen faktisch Aufgaben einer Behörde hat und ganz oder überwiegend das Ziel angestrebt wird, im Bereich des Ausgabeverhaltens die Beschränkungen des Haushaltsrechts, des Reisekostenrechts und des Tarifrechts aufzuheben.

2. Die nach Übertragung von Aufgaben auf privatrechtlich organisierte Unternehmen regelmäßig anfallende Umsatzsteuer und letztlich vom Land zu tragenden Mehrkosten (z. B. für Geschäftsführung, Buchhaltung und Abschlussprüfung, höhere Gehaltsstrukturen, Körperschaft- und Gewerbesteuer, Aufsichtsgremien) sind vor der Entscheidung möglichst präzise zu analysieren und zu quantifizieren. Dabei darf namentlich die Umsatzsteuer als Kostenfaktor für das Land nicht mit der Feststellung ignoriert werden, dass sie insgesamt der öffentlichen Hand zufließe. Gegebenenfalls ist möglichst präzise darzustellen, durch welche Einsparungen oder Mehrerträge diese Kosten kompensiert werden sollen.

3. Übernimmt ein Unternehmen in einer Rechtsform des privaten Rechts in solchen Fällen Personal des Landes, so ist sicherzustellen, dass das Personal nach angemessener Zeit - in der Regel nach einer Probezeit - keinen Rückkehranspruch in den Landesdienst hat. Im Falle der Beurlaubung wird hierzu auf die Denkschrift 2000 Nr. 5 „Beurlaubung von Beamten ohne Dienstbezüge“ hingewiesen.

4. Ist die Wirtschaftlichkeit der Beteiligung voraussichtlich von der zukünftigen Entwicklung bestimmter Faktoren (z. B. Marktöffnung) abhängig, ist in angemessenem zeitlichen Abstand eine Erfolgskontrolle durchzuführen. Dabei sind sowohl die Verhältnisse bei dem Unternehmen als auch die Auswirkungen der Aufgabenübertragung auf den Landeshaushalt zu betrachten (sog. Gesamtschau). Ein positive Jahresergebnisse erwirtschaftendes Unternehmen bedeutet nicht ohne weiteres ein erfolgreiches Gesamtkonzept.

5. Werden mit dem Unternehmen Geschäftsbesorgungs-, Dienstleistungs- oder ähnliche Verträge abgeschlossen, so ist der Maßstab für die Vergütung der Leistungen so zu gestalten, dass sich die Körperschaft wirtschaftlich verhalten muss. Eine Regelung, die eine uneingeschränkte Erstattung sämtlicher Kosten vorsieht, läuft diesem Grundsatz zuwider. Unerlässlich ist die Einrichtung einer funktionierenden Kostenkontrolle beim Unternehmen. Das Land als Auftrageber und die Landesvertreter im Aufsichtsrat des Unternehmens müssen der Kostenentwicklung besondere Aufmerksamkeit widmen.

6. Im Falle der Gewährung weiterer Leistungen durch das Land an die Körperschaft (z. B. Überlassung von Wirtschaftgütern) sind adäquate Vergütungsregelungen zu vereinbaren. Besondere Rücksichtnahmen - insbesondere die unentgeltliche oder verbilligte Gewährung von Leistungen - sind zu vermeiden. Die diesbezüglichen haushaltsrechtlichen Vorschriften sind stringent zu beachten.

7. Die Institutionalisierung von Interessenskonflikten zwischen dem Land und der Körperschaft durch Verquickung der Verantwortlichkeiten (Beispiel: Ein Beamter ist für den Abschluss von Verträgen mit der Körperschaft zuständig und zugleich deren Aufsichtsratsvorsitzender) sind zu vermeiden.

8. Im Falle der Beteiligung privater Gesellschafter ergeben sich zusätzliche Anforderungen:

  • Die Interessen der Privaten müssen klar analysiert und gegen die Interessen des Landes abgewogen werden. Dabei sind nicht nur die von den Privaten erklärten Interessen einzubeziehen, sondern auch die aus den Gesamtumständen folgende objektive Interessenlage. Ein Vorteil des Landes aus seiner Beteiligung muss klar erkennbar sein und darf sich nicht nur auf Hoffnungen und Mutmaßungen gründen.
  • Die Regeln der Zusammenarbeit - insbesondere wenn die Privaten gleiche oder ähnliche Geschäftsfelder abdecken wie das Unternehmen - sind vertraglich klar und eindeutig zu vereinbaren; ggf. sind Wettbewerbsklauseln aufzunehmen. Es genügt nicht, auf den guten Willen aller Beteiligten zu vertrauen.
  • Der Fall der Beendigung des Unternehmens und die Kündigung einzelner Gesellschafter sind als reale Option von Beginn an zu bedenken und unter Berücksichtigung ihrer finanziellen Auswirkungen zu prüfen.

9. Diese Kriterien sind sinngemäß anzuwenden, wenn privatrechtlich organisierte Unternehmen, an denen das Land beteiligt ist, Aufgaben auslagern und zum Beispiel Tochtergesellschaften gründen wollen.

7 Stellungnahme der Ministerien

FM und UVM haben keine Einwendungen erhoben.