Personalbewirtschaftung in der Justiz [Beitrag Nr. 10]

Das Justizministerium hat zahlreiche Planstellen für Richter und Staatsanwälte mit Richtern auf Probe besetzt. Dadurch werden die von der Planstellenzahl abhängigen Beförderungsmöglichkeiten erhöht. 38 Planstellen sollten sukzessive in Stellen für Hilfskräfte umgewandelt werden.

1 Ausgangslage

Der RH hat die Personalbewirtschaftung des JuM bei den Kap. 0501 und 0503 erneut stichprobenweise geprüft. Bereits in der Denkschrift 1990 Nr. 26 kritisierte der RH, dass in beträchtlichem Umfang Planstellen für Richter und Staatsanwälte mit Richtern auf Probe besetzt und dadurch zusätzliche Beförderungsmöglichkeiten geschaffen worden waren.

2 Richter auf Probe

2.1 Stellen für beamtete und richterliche Hilfskräfte

Für Staatsanwälte und Richter werden vor ihrer Anstellung „auf Lebenszeit“ grundsätzlich sog. „Stellen für beamtete und richterliche Hilfskräfte“ in Anwendung von § 17 LHO ausgebracht. In der Denkschrift 1990 hatte der RH die Umwandlung von mindestens 150 Planstellen in derartige Stellen angemahnt, da im Jahr 1989 für rd. 170 Richter auf Probe nur sechs Stellen für Hilfskräfte ausgebracht waren. Die Anzahl dieser Stellen wurde daraufhin im Jahr 1994 auf 82 erhöht. In der Folgezeit gingen sie jedoch wieder kontinuierlich auf 24 Stellen im StHpl. 2001 zurück (Schaubild 1). Im Juni 2000 waren jedoch 231 Richter auf Probe auf 213,5 Stellen vorhanden.

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Die Richter auf Probe werden somit weit überwiegend nicht auf Stellen für Hilfskräfte, sondern als Ersatzkräfte auf Planstellen von abgeordneten, sich im Erziehungsurlaub befindlichen oder beurlaubten Richtern und in großem Umfang auf freien Planstellen geführt (Übersicht 1).

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Während nach einer Umfrage des FM in der gesamten Landesverwaltung etwa ein Drittel aller durch Erziehungsurlaub freien Stellen zur Sicherstellung der Anstellung entsprechend den VV zu § 49 LHO unbesetzt bleiben, werden vom JuM grundsätzlich alle entsprechenden Planstellen mit Ersatzkräften besetzt. Teilweise stellt das JuM sogar zweite Ersatzkräfte ein. Durch diese offensive Einstellungspolitik von Ersatzkräften ergaben sich Probleme bei der Anstellung von Richtern auf Probe nach der üblichen 3jährigen Probezeit. Obwohl in den letzten Jahren Stellen für Hilfskräfte in Planstellen umgewandelt und im Rahmen von Stelleneinsparungen statt Planstellen Stellen für Hilfskräfte abgebaut wurden, dauerte im Erhebungszeitpunkt bei 81 der 231 Richter auf Probe die Probezeit bereits länger als drei Jahre.

Die Stellenzahl für Hilfskräfte sollte sich nach Auffassung des RH grundsätzlich daran orientieren, wie viele Richter auf Probe voraussichtlich nach der üblichen Probezeit angestellt werden können. Wenn man dabei die zu erwartenden Altersabgänge einerseits und die vorgesehenen Stelleneinsparungen andererseits berücksichtigt, sind dies in den nächsten Jahren statt der derzeit 24 voraussichtlich 162 Stellen. Der RH hält deshalb in den nächsten Jahren eine Umwandlung von 138 R 1-Planstellen in Hilfskräftestellen für sachgerecht. Als Sofortmaßnahme hat er gebeten, im nächsten StHpl. bei den Planstellen entsprechende ku-Vermerke auszubringen.

Das JuM hält bei der derzeitigen Personalsituation in der Justiz die Umwandlung von 138 R 1-Planstellen in Stellen für richterliche Hilfskräfte in den nächsten Jahren nicht für vertretbar. Es befürchtet, dass dann ein erheblicher Teil der Hilfskräftestellen nicht besetzt werden könnte, weil eine sichere Anstellung der Richter auf Probe nicht mehr zu gewährleisten sei. Im Ergebnis bedeute dies ein weiteres, für die ordentliche Gerichtsbarkeit nicht verkraftbares Stelleneinsparprogramm.

Die vom JuM befürchteten Auswirkungen können jedoch vermieden werden, wenn im nächsten StHpl. 138 Umwandlungsvermerke ausgebracht und diese nur sukzessive entsprechend der jeweils nicht für Anstellungen zwingend benötigten Planstellen vollzogen werden.

2.2 Beförderungsmöglichkeiten durch die Ausbringung von Planstellen

Die Dotierung von Beförderungsstellen in der Besoldungsordnung R richtet sich regelmäßig nach der Zahl der im jeweiligen Bereich vorhandenen Planstellen. Die Ausbringung von Planstellen für Richter auf Probe erhöht daher die Beförderungsmöglichkeiten. Bei einer Umwandlung von 138 Planstellen in Stellen für Hilfskräfte ist eine beträchtliche Zahl von Beförderungsstellen in Stellen einer niedrigeren Bes.Gr. umzuwandeln. Diese Konsequenz tritt bereits bei Ausbringung entsprechender Umwandlungsvermerke ein.

Die tatsächliche Zahl der umzuwandelnden Beförderungsstellen kann erst bei der konkreten Umsetzung ermittelt werden. Es ist von einer Bandbreite zwischen 30 und 60 Umwandlungen auszugehen. Diese betreffen primär Planstellen von Präsidenten bzw. Direktoren von Land- und Amtsgerichten und deren Stellvertretern sowie von Führungskräften bei den Staatsanwaltschaften.

Der RH hat das JuM gebeten, im nächsten StHpl. zusammen mit der Ausbringung der 138 ku-Vermerke in Stellen für Hilfskräfte auch die reduzierte Zahl der Beförderungsstellen zu ermitteln und die entsprechenden ku-Vermerke auszubringen.

3 Haushaltsvermerk bei den Richtern am Oberlandesgericht

Bei Bes.Gr. R 2 (Richter am OLG) ist in Kap. 0503 ein Haushaltsvermerk ausgebracht, wonach 15 Stellen mit Richtern besetzt werden dürfen, die zugleich das Amt eines Professors an einer wissenschaftlichen Hochschule bekleiden. Nach einer internen Absprache zwischen FM und JuM dürfen zehn der 15 Stellen ausschließlich für Professoren in Anspruch genommen werden. Zum Zeitpunkt der Erhebung wurden auf diesen Stellen jedoch sechs andere Richter geführt, obwohl für diese nur fünf Stellen vorgesehen waren. Nach Auskunft des JuM wird diese überhöhte Besetzung schon seit den 80er Jahren praktiziert.

Nach Auffassung des RH sollte die bisherige Absprache im nächsten StHpl. in einem Haushaltsvermerk eindeutig konkretisiert werden, dass zehn Stellen ausschließlich mit Richtern besetzt werden dürfen, die zugleich das Amt eines Professors an einer wissenschaftlichen Hochschule bekleiden.

Das JuM hat angekündigt, den Planvermerk bei den „Professorenrichtern“ im Rahmen der Aufstellung des StHpl. 2002/2003 entsprechend anzupassen. Die Inanspruchnahme des Planvermerks mit anderen Richtern wurde inzwischen von sechs auf fünf reduziert. Die bisherige Überschreitung um eine Stelle ginge „auf überlieferte, inzwischen leider jedoch nicht mehr konkret verifizierbare Informationen zurück“, wonach eine Bewilligung vorliegen solle, die besage, dass über den Umfang des Planvermerks hinaus eine weitere Stelle mit einem Richter besetzt werden dürfe.

4 Abordnungen und Trennungsgeld

4.1 Richter und Staatsanwälte

Zum Erhebungszeitpunkt waren 32 Richter oder Staatsanwälte an das JuM abgeordnet. In zwei Fällen dauerte die Abordnung länger als acht Jahre. Ein weiterer Richter erhielt während der Abordnung über sieben Jahre Trennungsgeld. Grundsätzlich ist die Abordnung nur zur Ausübung einer vorübergehenden Tätigkeit oder Erprobung bei einer anderen Dienststelle möglich. Auch die durch Haushaltsvermerk zugelassene Beschäftigung von Richtern, Staatsanwälten und Notariatsdirektoren auf Stellen der Bes.Gr. A 15 und A 16 ist auf fünf Jahre befristet.

Die Zahl der langfristigen Abordnungen an das JuM wurden seit dem Beitrag in der Denkschrift 1989 reduziert. Es wurden jedoch erneut Einzelfälle mit zu langer Abordnungsdauer und langjähriger Trennungsgeldgewährung festgestellt. Abordnungen über einen Zeitraum von acht Jahren sind nicht vertretbar. Die im Haushaltsvermerk genannte Frist von fünf Jahren ist nach Auffassung des RH als maximaler Zeitraum anzusehen.

Das JuM will künftig dafür Sorge tragen, dass Abordnungen von Richtern oder Staatsanwälten in Bes.Gr. R 2 an das Ministerium grundsätzlich nicht über einen Zeitraum von fünf Jahren andauern. Die Trennungsgeldzahlungen seien im Anschluss an frühere Prüfungsbemerkungen des RH reduziert worden.

4.2 Beamte des gehobenen Dienstes

Im gehobenen Dienst waren zwei Verwaltungsbeamte aus dem badischen Landesteil seit über drei Jahren an das JuM abgeordnet. Beide Bedienstete nehmen Daueraufgaben war. Den Beamten wurde für den gesamten Abordnungszeitraum Trennungsgeld gewährt.

In anderen Ressorts werden Beamte regelmäßig nach einer Erprobungsabordnung von einem halben bis maximal einem Jahr versetzt; parallel wird die Gewährung von Trennungsgeld eingestellt. Das JuM will künftig dementsprechend verfahren. Es weist jedoch darauf hin, dass Personal im gehobenen und mittleren Dienst - soweit es von Stuttgart weiter entfernt wohne - insbesondere seit Streichung der Ministerialzulage dann wohl kaum noch für einen Dienst im Ministerium gewonnen werden könne. Dies beträfe auch Bedienstete aus dem badischen Landesteil, deren Kenntnisse der Verhältnisse vor Ort für das Ministerium jedoch sehr wichtig seien. Diese Situation ergibt sich indes für alle obersten Landesbehörden.

5 Stellungnahme des Justizministeriums

Nach Auffassung des JuM hätte der aus der Umwandlung von 138 Planstellen resultierende Wegfall von Beförderungsstellen eine verheerende Wirkung auf die bisher vorhandene Bereitschaft der Richter und Staatsanwälte auf breiter Front Überlasten zu tragen. Es wäre in höchstem Maße kontraproduktiv, wenn die Besoldung einer Vielzahl von Führungspositionen und damit die Perspektive für zur Übernahme von Führungsaufgaben anstehende Richter und Staatsanwälte reduziert würde. Dies wäre auch unter dem Gesichtspunkt effektiver Führungs- und Organisationsstrukturen bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften keinesfalls sinnvoll und könnte - jedenfalls in den meisten Fällen - nicht verantwortet werden.

6 Schlussbemerkung

Nach Ansicht des RH muss sich die Zahl der Planstellen an den tatsächlich vorhandenen planmäßigen Richtern orientieren; sie kann nicht in großem Umfang auf Hilfskräfte ausgedehnt werden. Für diese sind grundsätzlich Hilfskräftestellen auszuweisen. Die Besoldung von Führungspositionen hängt von der dementsprechenden Planstellenzahl ab und darf nicht durch deren Aufblähung erhöht werden.