Nutzungskosten im Hochbau [Beitrag Nr. 6]

Bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von Hochbauten dürfen nicht nur die einmaligen Gestehungskosten berücksichtigt werden. Grundlage sollten vielmehr sowohl die daraus resultierenden Kapitalkosten als auch die systematisierte Erfassung aller übrigen während der Nutzungsdauer anfallenden Kosten sein. Werden die Erkenntnisse konsequent umgesetzt, sind weitere Einsparungen beim Bau und Betrieb von Gebäuden möglich.

1 Vorbemerkung

Nutzungskosten im Hochbau - früher als Baunutzungskosten bezeichnet - umfassen die Folgekosten aus der Nutzung von Gebäuden. Ihre Berücksichtigung ist sowohl für eine wirtschaftliche Planung als auch für ein wirtschaftliches Gebäudemanagement unverzichtbar.

Zu den bisherigen Instrumentarien der Kostenplanung muss die gezielte Optimierung der Gebäude durch Entwicklung, Bewertung und Auswahl von Varianten in allen Phasen der Planung sowie der Nutzung (Lebensdauer) hinzukommen. Nutzungskosten lassen nicht nur Rückschlüsse auf die Gesamtwirtschaftlichkeit der Planung zu; sie sind mit ihren Vergleichsmöglichkeiten auch entscheidend für die Optimierung des Gebäudebetriebs (Benchmarking). Die Wirtschaftlichkeit einer Planung darf daher nicht allein nach der Höhe der zu erwartenden Baukosten beurteilt werden.

Die Verwaltung hat mit der Einrichtung des zentralen Immobilien- und Gebäudemanagements in den Staatlichen Vermögens- und Hochbauämtern (VBÄ) die Voraussetzungen für eine Kostentransparenz und ganzheitliche Betrachtung der Kosten seiner Gebäude und Liegenschaften geschaffen. Aufgabe der nächsten Jahre wird es sein, die Erfassung und Anwendung der Nutzungskosten im Rahmen des Gebäudemanagements in die Praxis umzusetzen und geeignete Instrumente weiter zu entwickeln, um die nutzenden Verwaltungen verstärkt in die finanziellen Folgen ihrer Flächenanforderungen einzubinden.

Der RH hat die Nutzungsdaten neu erstellter Polizeidirektionen und Finanzämter erhoben und einer vergleichenden Betrachtung unterzogen. Die hier vorgestellte Untersuchung von fünf Polizeidirektionen soll beispielhaft sowohl die Möglichkeit von Rückschlüssen auf die Wirtschaftlichkeit der Planung als auch Unterschiede in den Betriebskosten der Gebäude aufzeigen.

2 Grundlagen, Begriffe

Als Elemente des Gebäude- und Immobilienmanagements sind Nutzungskostenermittlungen Grundlage für die Kostenkontrolle während der Planungs-, Vergabe- und Ausführungsentscheidungen und ermöglichen eine Kostenkennwertbildung, z. B. für Benchmarking-Prozesse. Die Gliederung der Nutzungskosten erfolgt nach DIN 18960 Nutzungskosten im Hochbau (s. Übersicht 1). Diese Norm löste eine ältere DIN-Norm ab, die noch Abschreibungen berücksichtigte. Bei einer anzustrebenden Vollkosten-Rechnung ist jedoch der Werteverzehr (am Gebäude) in Form der Abschreibung als Kostenfaktor zu bewerten. Der RH schlägt daher vor, die Abschreibung aus der alten Fassung bei der Nutzungskostenermittlung zu übernehmen.

3 Nutzungskosten Polizeidirektionen; Vergleich der Daten und Kosten

Für folgende neu erstellte Polizeidirektionen (in Klammer Fertigstellungsjahr) wurden die Nutzungskosten erhoben:

  • PD Heidelberg(1993)
  • PD Tuttlingen(1993)
  • PD Biberach(1994)
  • PD Waiblingen(1995)
  • PD Künzelsau(1996)

Hierzu wurden bei den VBÄ die Baukosten, Gebäudedaten und geschaffenen Arbeitsplätze sowie die Betriebskosten (Energieverbräuche, Reinigung, Wartung) für die Jahre 1996 bis 1999 erhoben und hieraus durchschnittliche Kosten/Jahr, bezogen auf einen einheitlichen Kostenstand, berechnet. Für Instandsetzungskosten wurde für alle Objekte als langfristiger jährlicher Mittelwert 0,5 % der GBK eingesetzt.

Bei der Datenerhebung zeigte sich, dass die fehlende Übereinstimmung der Datenbestände der früher getrennt operierenden Hochbau- und Liegenschaftsverwaltungen noch erhebliche Probleme für die praktische Umsetzung des Gebäudemanagements vor Ort aufwirft. Im Sinne einer Optimierung des Gebäudemanagements sollte die Verwaltung alle Anstrengungen unternehmen, zu einem raschen Abgleich bzw. zu einer kurzfristigen Aktualisierung der bestehenden Gebäudedaten zu kommen. Ein weiteres Problem ergibt sich, wenn unterschiedliche Nutzungen, z. B. Tiefgaragen, im Gebäude untergebracht sind. Da die Baukosten oft nicht ausreichend differenziert erfasst sind und zumeist die notwendigen Messeinrichtungen zur Erfassung der Betriebskosten fehlen, müssen die Kostenanteile geschätzt werden.

Übersicht 1 zeigt, dass der weit überwiegende Anteil der Nutzungskosten (i. M. rd. 80 %) den Kapital- und Abschreibungskosten zuzurechnen ist. Damit wird zugleich die entscheidende Bedeutung einer wirtschaftlichen Planung und günstiger Baukosten für einen späteren kostengünstigen Gebäudebetrieb deutlich. Innerhalb der Betriebskosten stellen die Kosten der Ver- und Entsorgung (Energieverbräuche), Reinigung, Inspektion und Wartung sowie die Instandsetzungskosten weitere, nicht zu unterschätzende Kostenfaktoren dar.

Verwaltungs- und Personalkosten können gegenwärtig noch nicht den einzelnen Objekten zugerechnet werden, weil in den VBÄ - mit Ausnahme von Pilotversuchen - noch keine Kosten-Leistungs-Rechnung geführt wird. Diese Kosten wurden daher, ebenso wie Steuern und Abgaben, nicht erfasst.

2001-B006-Üb1.jpg

Aus den erhobenen Daten wurden Kennwerte (Nutzungskosten/m² Nutzfläche und Jahr; Nutzungskosten/Arbeitsplatz und Jahr) gebildet und untereinander verglichen (Kostenvergleichsrechnung). Sie reichen bei den Kosten/m² Nutzfläche von 442 DM bis 647 DM (Übersicht 2), bei den Kosten/Bediensteten (Arbeitsplatz) von 11 469 DM bis 22 001 DM (Übersicht 3).

Die z. T. erheblichen Abweichungen bei den Nutzungskosten (Übersicht 2) sind auf mehrere Faktoren zurückzuführen, wie z. B. auf

  • Unterschiede in den baulichen und technischen Standards,
  • Unterschiede bei den Energiekosten durch planungsbedingte zusätzliche technische Anlagen (z. B. Raumlufttechnische Anlagen),
  • nicht ausgeschöpfte Optimierungsmöglichkeiten bei den Energie- und Reinigungskosten,
  • unterschiedliche Belegungsdichte der Büroflächen.

2001-B006-Üb2.jpg

Insbesondere beim Vergleich der auf die Zahl der Bediensteten bezogenen Kennwerte (Übersicht 3) ist die starke Spreizung der Werte auf eine unterschiedliche Zusammensetzung der arbeitsplatzbezogenen Flächen (Büroflächen) und der nicht auf einzelne Arbeitsplätze bezogenen sonstigen Flächen, wie Seminarräume, Schießkino, Kantine u. dgl. zurückzuführen.

2001-B006-Üb3.jpg

4 Bewertung/Vorschläge

4.1 Kostengruppe 100 Kapitalkosten und Abschreibung

Zwischen 77 und 84 % der Nutzungskosten entfallen in den aufgelisteten Objekten auf die Kapitalkosten und Abschreibungen. Dies zeigt deutlich, dass der überwiegende Anteil der späteren Kosten bereits in der Phase der Programmentwicklung (Nutzeranforderungen) und deren planerischer Umsetzung fixiert werden. Die bei Neuplanungen nach den Richtlinien für Baukostenplanung (RBK) zu berechnenden Programmkosten bestimmen zwar eine Kostenobergrenze, die auch bei der weiteren Planung nicht überschritten werden darf; zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit sollten jedoch zusätzlich im frühest möglichen Projektstadium Kennwerte für Kosten/m² Nutzfläche bzw. Kosten/Arbeitsplatz herangezogen werden, die aus bekannten Nutzungskosten gleicher Gebäudeart gebildet wurden.

Dies bedeutet keineswegs „Billig-Bauen“ um jeden Preis. Vielmehr müssen auch Bauelemente und Materialien einer Nutzungskostenrechnung (Kostenvergleichsrechnung) unterzogen werden. Unter Einbeziehung der Energiekosten und Instandhaltungskosten kann sich ein bei der Errichtung zunächst teureres Bauelement insgesamt betrachtet nämlich durchaus als das Wirtschaftlichere erweisen.

4.2 Kostengruppe 200 Verwaltungskosten

Verwaltungs- und Personalkosten wurden ebenso wie Steuern und Abgaben nicht in die Untersuchung einbezogen. Die Verwaltung sollte unverzüglich die Voraussetzungen schaffen, diese Kosten objektbezogen zu erfassen.

4.3 Kostengruppe 300 Betriebskosten

4.3.1 Ver- und Entsorgung (Kosten für Wärme, Strom, Wasser, Abwasser)

Die Verwaltung hat sich in den vergangenen Jahren verstärkt um Einsparungen bei den Energieverbräuchen bemüht und hierbei beträchtliche Erfolge erzielt. Wenn auch in den dargestellten Fällen dieser Bereich nur 5 bis 10 % der gesamten Nutzungskosten (rd. 22 DM/m² - rd. 47 DM/m², s. Übersicht 2, Zeile 310) ausmacht, lassen die festgestellten Unterschiede dennoch ein Einsparpotenzial erkennen. Die Höhe der tatsächlichen Verbräuche lassen auch Rückschlüsse zu, ob bei der Planung wirtschaftliche Gesichtspunkte bezüglich des Energiebedarfs berücksichtigt wurden.

4.3.2 Reinigungskosten

Die jährlichen Kosten für die Reinigung der Fußböden und Fenster bewegen sich für die fünf Objekte zwischen rd. 21 und rd. 40 DM/m² NFa/Jahr. Die Daten lassen im Vergleich untereinander Rückschlüsse auf die Reinigungsfreundlichkeit insbesondere der Fußböden und Fenster/Fassaden zu.

Im Übrigen hat der RH 1996 die Organisation der Gebäudereinigung untersucht und Vorschläge für wirtschaftliche Lösungen vorgelegt (Landtagsdrucksache 11/7189).

4.4 Instandhaltung/Instandsetzung

Das Land veranschlagt derzeit in Kap. 1208 Tit. 519 01 rd. 261 Mio. DM/Jahr für die Unterhaltung der Grundstücke und baulichen Anlagen. Dies entspricht einem Satz von rd. 12 % aus den Friedensneubauwerten (1914) der vom Land zu unterhaltenden Gebäude; bezogen auf den Zeitwert sind dies rd. 0,6 % der Gesamtbaukosten (GBK).

Da für die ersten Betriebsjahre nur in geringem Umfang Instandsetzungsmaßnahmen anfallen, wurden für die fünf dargestellten Objekte als langjähriger Erfahrungswert pauschal 0,5 % der GBK eingesetzt.

Die DIN 18960 nimmt die Systematik der DIN 276 auf und teilt unter der Kostengruppe 400 die Instandsetzungskosten auf in

  • 410 Instandsetzung der Baukonstruktionen
  • 420 Instandsetzung der technischen Anlagen
  • 430 Instandsetzung der Außenanlagen
  • 440 Instandsetzung der Ausstattung.

Die weitere Unterteilung erfolgt entsprechend DIN 276 nach Bauelementen, z. B. 412 Außenwände, 415 Dächer, 421 Abwasser-, Wasser- und Gasanlagen, 422 Wärmeversorgungsanlagen usw.

Wenn die Kosten für die Instandsetzung im Rahmen der Bauunterhaltung entsprechend dieser Kostengruppen differenziert dokumentiert werden, lassen sich Kennwerte bilden, die Rückschlüsse auf die Wirtschaftlichkeit der jeweiligen Bauausführung zulassen. Auf diese Weise können die Auswirkungen von Planungsentscheidungen deutlich gemacht werden, z. B. unterschiedliche Kostenauswirkungen eines Flachdaches gegenüber einem Steildach oder einer Sichtbetonfassade gegenüber einer Ziegel- oder Putzfassade usw.

5 Einbeziehung der nutzenden Verwaltungen

Ein wesentliches Kernproblem bei der Nutzung von Gebäuden bzw. Räumen besteht darin, dass kaum Anreize zu wirtschaftlichem Verhalten bei der Anforderung von Flächen und der späteren Nutzung bestehen. Die durch seine Raumbelegung entstehenden Kosten sind dem Nutzer nicht oder nur selten bekannt. Hierzu tragen teilweise unzureichende Datengrundlagen und fehlende Flächen- und Kosteninformationen bei.

Die Staatliche Vermögens- und Hochbauverwaltung hat mit der im Jahr 2000 vom FM eingeführten „Nutzerinformation“ und mit finanziellen Anreizen einen ersten wichtigen Schritt zur stärkeren Einbindung der Nutzer in die Verantwortung für die Energiekosten gemacht. Der Vergleich der Daten macht den Nutzern Einsparpotenziale deutlich und trägt zu einem sparsameren Umgang mit den Ressourcen bei.

Die im Rahmen der neuen Steuerungsinstrumente zu erwartende Budgetierung wird auch die finanzielle Verantwortung der nutzenden Verwaltungen für die Kosten ihrer Unterbringung stärken. Sollten die Verantwortlichkeiten im Sinne eines Mieter/Vermieter-Modells (Nutzende Verwaltung/Vermögens- und Hochbauverwaltung) geregelt werden, kann die Einbeziehung des durch die Gebäude- bzw. Raumnutzung entstehenden Ressourcenverbrauchs in das Budget der „Mieter“ erfolgen, ohne dass sich die Nutzer mehr als erforderlich mit den (fachlichen) Besonderheiten der gebäudewirtschaftlichen Leistungen vertraut machen und ggf. sogar entsprechendes Fachpersonal beschäftigen müssen. Für den RH sprechen gute Gründe für eine solche Lösung, unabhängig davon, ob die beteiligten Verwaltungen künftig in Form von Behörden oder als (öffentliche) Betriebe organisiert sein werden. Die Betriebskosten wären auf die „Mieter“ umzulegen, ein wirtschaftliches und sparsames Nutzerverhalten beim Betrieb der Gebäude hätte somit für die Nutzer unmittelbare finanzielle Auswirkungen.

6 Stellungnahme der Verwaltung

Das FM teilt die Auffassung des RH, dass die Nutzungskosten von Gebäuden ein wesentliches Kriterium für wirtschaftliches Planen, Bauen und Betreiben von Immobilien darstellen. Für eine effektive Erfassung und Auswertung sei es erforderlich, dass die Staatliche Vermögens- und Hochbauverwaltung ungeachtet der künftigen Organisationsform fachlich und finanziell für das Planen, Bauen und Betreiben zentral zuständig bleibt.

Das FM wies darauf hin, dass vergleichbare Untersuchungen wie die des RH vom Gebäudemanagement der Vermögens- und Hochbauämter schrittweise durchgeführt werden. Nach der Untersuchung der Bewirtschaftungs- und Betriebskosten von Finanzämtern stehe die Untersuchung von Gerichtsgebäuden vor ihrem Abschluss. Über die reine Gegenüberstellung der Leistungen, Verbräuche, Kosten und Kennwerte hinaus würden für jedes Gebäude anhand von gebäudebezogenen Soll-Werten Optimierungsvorschläge unterbreitet.

Zu Überlegungen zur Einrichtung eines Mieter-Vermieter-Modells prüfe die Landesregierung derzeit, inwieweit die dezentrale Budgetverantwortung auf das Gebäudemanagement auszudehnen sei. Ein Modell mit realem Geldfluss würde allerdings als nicht vorteilhaft angesehen, da bei rd. 1 900 Nutzern ein nicht übersehbarer interner Bürokratismus aufgebaut würde.

7 Schlussbemerkung

Der RH sieht vergleichende Betrachtungen der ganzheitlichen Nutzungskosten gleichartiger Gebäudegruppen als wichtigen Bestandteil des integrierten Flächen- und Gebäudemanagements der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung an. Sie ermöglichen - neben Entscheidungshilfen für die wirtschaftlichste Form der Umsetzung des Flächenbedarfs der Nutzer - Rückschlüsse auf die Optimierung der Planung und der baulichen und technischen Standards. Dem Gebäudemanagement ermöglichen sie einen permanenten Prozess zur Optimierung des Gebäudebetriebs. Den nutzenden Verwaltungen können bereits in der Phase der Programmplanung - also zum frühest möglichen Zeitpunkt - anhand von Vergleichswerten die Konsequenzen ihrer Anforderungen aufgezeigt werden. Sie lassen sich damit stärker als bisher in die Verantwortung für ihre Anforderungen einbinden und können deren finanzielle Folgen für den späteren Gebäudebetrieb - auch im Hinblick auf eine künftige dezentrale Budgetverantwortung - besser einschätzen.