Förderung von großen Infrastrukturvorhaben im öffentlichen Personennahverkehr
04.06.2014
Der Bund stellt nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) für Großvorhaben im öffentlichen Personennahverkehr, deren zuwendungsfähige Ausgaben mehr als 50 Mio. Euro betragen, ein Förderprogramm auf, das GVFG-Bundesprogramm. An den zuwendungsfähigen Ausgaben beteiligt sich der Bund mit bis zu 60 Prozent, das Land mit 20 Prozent und der Vorhabenträger mit mindestens 20 Prozent. Der Bund führt das GVFG-Bundesprogramm nach dem Föderalismusreform-Begleitgesetz bis einschließlich 2019 durch und stellt hierfür 332,6 Mio. Euro je Jahr bereit. Feststehende jährliche Länderquoten gibt es nicht. Im aktuellen GVFG-Bundesprogramm sind 16 Vorhaben aus Baden-Württemberg als endgültig aufgenommen geführt.
Von den 2013 bis 2019 auf die alten Länder entfallenden 1,8 Mrd. Euro würde Baden-Württemberg nach der Momentaufnahme des GVFG-Bundesprogramms vom August 2013 für die vordringlich in das Programm aufgenommenen Vorhaben 1,03 Mrd. Euro benötigen. Dies entspricht mehr als der Hälfte der für die alten Länder bis 2019 verfügbaren Bundesfinanzhilfen. Dessen ungeachtet beabsichtigt das Land, drei weitere Vorhaben für das GVFG-Bundesprogramm anzumelden. Damit wären 1,33 Mrd. Euro an Bundesfinanzhilfen erforderlich. Baden-Württemberg müsste bei einem Fördersatz von 60 Prozent der zuwendungsfähigen Ausgaben ab 2014 je Jahr Bundesfinanzhilfen von 200 Mio. Euro erhalten. Angesichts des überzeichneten GVFG-Bundes¬programms ist dies unwahrscheinlich. Es ist nach Auffassung des Rechnungshofs nicht seriös, auf der Basis einer Finanzierung weiter zu planen, die sehr wahrscheinlich nicht realisierbar ist.
Das Land muss seit 2010 dem Bund gegenüber die Gesamtfinanzierung der Vorhaben sicherstellen. Wegen der Unsicherheit über die Höhe der künftigen Bundesfinanzhilfen und nicht auszuschließender Ausfälle müsste das Land das Ausfallrisiko haushaltsrechtlich absichern. Dies wurde nur bei Vorhaben umgesetzt, die von der Deutschen Bahn AG durchgeführt werden. Hier sieht das Land sich in der Aufgabenträgerschaft für den Schienenpersonennahverkehr.
Bei kommunalen Vorhaben war das Land finanziell außerstande, die sich abzeichnenden Ausfallrisiken zu tragen. Eine Restfinanzierungsverpflichtung wurde deshalb in den Bewilligungsbescheiden an die kommunalen Vorhabenträger weitergegeben. Sie tragen auch die finanzielle Verantwortung dafür, dass ein Vorhaben als Gesamtes realisiert wird, selbst wenn dies erst nach 2019 erfolgt.
Die Weitergabe des „Ausfallrisikos“ muss eindeutig und rechtssicher erfolgen. Die schlichte Weitergabe der Restfinanzierungsverpflichtung an die kommunalen Vorhabenträger kann einen ausgeglichenen Kosten- und Finanzierungsplan nicht ersetzen, der die Gesamtfinanzierung sicherstellt. Soweit vom Förderantrag mit dem verbindlichen Kosten- und Finanzierungsplan abgewichen wird, muss dies im Bewilligungsbescheid begründet und nach dem Landesverwaltungsverfahrensgesetz hinreichend bestimmt dargestellt werden. Für die Vorhabenträger ergibt sich ansonsten ein nicht quantifizierbares und in vielen Fällen nicht tragbares finanzielles Risiko.
Wegen der kritischen Situation bei den Bundesfinanzhilfen ist die Förderabwicklung zeitnah darzustellen. Die zurzeit jährlichen Intervalle der Aktualisierung müssen mit Blick auf das Ende der Bundesförderung kürzer werden.
Ein funktionierendes Fördercontrolling erfordert eine Priorisierung. Diese ist umgehend erforderlich, damit die knappen Bundesfinanzhilfen anhand definierter Kriterien nachvollziehbar und transparent auf die einzelnen Großvorhaben aufgeteilt werden können.
Für die Vorhabenträger ist dann abschätzbar, welche Finanzierungslücken bei ihrem Vorhaben auftreten und von ihnen auszugleichen sind. In der Folge können die Vorhabenträger die Kosten- und Finanzierungspläne den geänderten finanziellen Rahmenbedingungen entsprechend anpassen.
Baden-Württemberg hat viele Großvorhaben im GVFG-Bundesprogramm, die hohe Bundesfinanzhilfen erfordern. Nicht alle Mittelanforderungen werden erfüllt werden können. Vielmehr werden große finanzielle Lasten beim Land - derzeit zumindest für DB-Vorhaben - und bei den Vorhabenträgern in die Zukunft verschoben. Um weitere Verpflichtungen zu vermeiden, empfiehlt der Rechnungshof, neue Vorhaben für das GVFG-Bundesprogramm erst anzumelden, wenn eine Nachfolgeregelung vorliegt.