Strategische Prüfung Fördercontrolling - Perspektiven des Förderwesens in Baden-Württemberg -
05.09.2013
1.1 Empfehlungen zum Fördermittelvolumen
Im Jahr 2011 betrugen die Fördermitteltransferausgaben des Landes ausweislich der Web-FIS-Anwendung Fördercontrolling 4,3 Mrd. Euro. Diese verteilen sich wie folgt auf die einzelnen Leistungsgründe:
- Freiwilligkeitsleistungen: 0,45 Mrd. Euro,
- Leistungen aufgrund Landesgesetz: 0,5 Mrd. Euro,
- komplementäre Mittel um zusätzliche Mittel der Europäischen Union (EU) oder des Bundes zu erhalten: 1,1 Mrd. Euro,
- Sonstige Leistungen (z. B. aufgrund Bundesgesetz, EU-Verordnung, sonstige rechtliche Verpflichtung): 2,2 Mrd. Euro.
Weitere Eckdaten zum Förderwesen wurden durch eine Ressortabfrage erhoben. Im Fördercontrolling werden nicht nur Förderungen, sondern auch Transferausgaben, wie z. B. Ausgaben aufgrund gesetzlicher Leistungsverpflichtungen oder an die Kommunen durch geleitete Bundesmittel abgebildet.
Die Haushaltsansätze könnten um 6 Mio. Euro reduziert werden, wenn einzelne Förderprogramme, die durch die Finanzkontrolle geprüft wurden, gestrichen oder angepasst würden. Wenn alle Förderprogramme des Landes einer vergleichbaren Bewertung unterzogen würden, ließen sich deutlich höhere Einsparungen erzielen. Da dieser Weg aufwendig ist, könnten pauschale Kürzungen, die anteilig auf die Ressorts verteilt werden, ein Weg sein, um zu schnelleren Einspareffekten zu kommen.
Um die Ziele des Finanzplans 2020 der Landesregierung zu erreichen, muss auch das Fördervolumen reduziert werden. Bisher werden für Förderungen, die auf freiwilligen Leistungen beziehungsweise auf Landesgesetz beruhen, 950 Mio. Euro jährlich ausgegeben. Nur dieser Anteil der insgesamt 4,3 Mrd. Euro Fördermittel kann vom Land autonom gesteuert werden. Wenn das Land pauschale Einsparungen von 10 Prozent bei freiwilligen Leistungen und Leistungen aufgrund von Landesgesetzen vornehmen würde, ergäbe sich auf Basis der Daten aus der Web-FIS-Anwendung eine Einsparung von nur 95 Mio. Euro. Bei Einsparungen von 30 Prozent ergäbe sich ein Einsparvolumen von 285 Mio. Euro. Dieser Betrag entspricht nur knapp 16 Prozent des gesamten strukturellen Defizits im Finanzplan 2020. Um der Forderung nach Einsparungen im Förderbereich Nachdruck zu verleihen, sollte die Einsparauflage anteilig, entsprechend dem bisherigen Fördervolumen, auf die einzelnen Ressorts umgelegt werden. Diese würden dann verstärkt Verantwortung für die eigenen Förderprogramme tragen und müssten abwägen, welche Programme priorisiert werden.
Das Land sollte die Fördermittelausgaben für freiwillige Leistungen und für Leistungen aufgrund von Landesgesetzen zukünftig deckeln. Als Zielmarke ergäbe sich bei einer Einsparquote von 10 Prozent ein Höchstbetrag von 855 Mio. Euro, bei einer Einsparquote von 30 Prozent ein Höchstbetrag von 665 Mio. Euro. Neue Programme könnten dann im Grundsatz nur aufgelegt werden, wenn auf bestehende Förderprogramme verzichtet wird.
Bei neuen Förderprogrammen ist zukünftig verstärkt auf eine kritische Mindestgröße mit 1 Mio. Euro Förderprogrammvolumen zu achten. Bagatellförderungen unter 500 Euro müssen vermieden werden.
1.2 Empfehlung zur Befristung von Förderprogrammen
Der Rechnungshof hält es für geboten, alle Förderprogramme des Landes in der Landeshaushaltsordnung grundsätzlich zu befristen. Langzeitförderungen sind zu vermeiden, mindestens in jedem Einzelfall auf ihre Notwendigkeit zu prüfen.
1.3 Empfehlung zur Abwicklung von Förderprogrammen
Einheitliche, stringente Verfahrensraster und nachvollziehbare Festlegungen für die Abwicklung von Förderprogrammen fehlen. Wer bewilligt, ausbezahlt und die Mittelverwendung prüft, ist nicht transparent und wird eher zufällig entschieden. Für die Konzeption und Abwicklung von Förderprogrammen müssen Mindestanforderungen erarbeitet und ressortübergreifend beschlossen werden.
Die bisherige Praxis zur Übertragung von Aufgaben auf die Landeskreditbank Baden-Württemberg - Förderbank (L-Bank) ist unsystematisch und für alle Beteiligten unbefriedigend. Besonders kritisch ist, wenn nur Teile eines Förderverfahrens auf die L-Bank übertragen werden.
Welche Institution welches Förderprogramm umsetzt (Ministerien, Regierungspräsidien, untere Verwaltungsbehörden, L-Bank, Sonstige), sollte nachvollziehbar und rational entschieden werden. Mit der L-Bank hat das Land eine Institution, die in ihrer Eigenschaft als Förderbank über Know-how im Bereich der Abwicklung von Förderprogrammen und im Bereich Fördercontrolling verfügt. Dieses zentrale Know-how sollten die Ministerien systematischer und stärker nutzen, wenn dadurch Förderprogramme wirtschaftlicher umgesetzt werden können.
1.4 Empfehlungen zum Fördercontrolling
Die Definition der in der Web-FIS-Anwendung Fördercontrolling zu berücksichtigenden Förderprogramme sollte modifiziert werden.
Die bisher dem Landtag vorgelegten Berichte zum Förderwesen sind wenig aussagekräftig und werden dem Anspruch, einen Überblick über die Förderprogramme des Landes zu geben, nicht gerecht. Für alle Förderprogramme wurden im Jahr 2011 rund 63,9 Mio. Euro direkte Verwaltungskosten und rund 13,7 Mio. Euro indirekte Verwaltungskosten verbucht. Diese Werte sind unvollständig, da nicht alle Kostenblöcke im Fördercontrolling berücksichtigt werden. Derzeit werden im Fördercontrolling nur die Verwaltungskosten innerhalb der Landesverwaltung berücksichtigt. Auf dem Weg zu einer Vollkostenrechnung müssen zukünftig die Verwaltungskosten aller an der Abwicklung beteiligten Dienststellen und Institutionen (zum Beispiel L-Bank, Landkreise, Städte und Gemeinden) berücksichtigt werden.
Das Fördercontrolling muss transparenter gestaltet werden. Hierzu ist die Zusammenfassung von Förderprogrammen zu sogenannten Clustern aufzulösen.
Eine verlässliche und aktuelle Datenbasis kann nur erreicht werden, wenn die Daten der Web-FIS-Anwendung Fördercontrolling regelmäßig geprüft und von den Entscheidungsträgern genutzt werden.
Ziele und Kennzahlen zur Steuerung von Förderprogrammen werden nur selten formuliert. Erfahrungen aus den örtlichen Erhebungen sowie die Auswertung von vorhandenen Informationen zeigen, dass die Verwaltungspraxis diesen Ansatz weitgehend ignoriert. Wenn bei einem Förderprogramm keine nachvollziehbaren Ziele benannt werden können, muss auf die Förderung verzichtet werden. Eine Förderung macht keinen Sinn, wenn man nicht weiß, was verändert werden soll. Allgemein gehaltene politische Oberziele müssen daher in einem kennzahlengestützten Zielsystem konkretisiert werden.
Der Finanzkontrolle ist bewusst, dass die Wirkung und weitere Einflussfaktoren der Förderprogramme teilweise schwer zu ermitteln und zu bewerten sind. Der Aufwand für die Kennzahlenbildung wirkt sich auch auf die Verwaltungskosten aus. Der Zeitaufwand für die Kennzahlenbildung muss sich in Grenzen halten und wirtschaftlich vertretbar sein. Gelingt es nicht, geeignete Kennzahlen zu definieren und zu bewerten, kann dies ein Indikator dafür sein, dass die Förderung entbehrlich ist.
Bei der Auflage oder Änderung von Förderprogrammen sollten verstärkt die Kosten für die potenziellen Fördermittelempfänger und die Verwaltung ermittelt werden.
Bei Vorgaben der EU sollte auf zusätzliche Anforderungen des Landes verzichtet werden. Bei kofinanzierten Programmen ist generell mit höheren Verwaltungskosten zu rechnen, weil Koordinierungen notwendig sind. Insbesondere dann, wenn die EU-Förderung niedriger ist, als der durch die EU-Regelungen verursachte zusätzliche Aufwand, sind die Verwaltungskosten zu hoch. Der Bund sollte den Ausstieg aus solchen Förderungen bei der EU festlegen und anstreben, die Zahlungen an die EU entsprechend zu reduzieren. Die Beträge sollte er den Ländern zur Verfügung stellen. Als ultima ratio sollten in der Folge die EU-Mittel nicht abgerufen werden.